Refugi 307 ist ein Luftschutzbunker unter dem Montjuïc. Während des Spanischen Bürgerkriegs suchten die Menschen hier Schutz, wenn die Bomben auf Barcelona fielen. „Zum ersten Mal kam ein Krieg auch in die Städte“, erklärt Leila vom MUHBA, die uns durch den Bunker führt. “Bisher kannten die Leute nur die klassischen Kriege, in denen die Kämpfe an der Front stattfanden. Solange diese Front und die kämpfenden Soldaten weit weg waren, fühlte man sich zu Hause relativ sicher.“ Im Spanischen Bürgerkrieg änderte sich das jedoch. Nun befand sich das ganze Land im Krieg. Sicher war man nirgends mehr. Nachdem die Kinder anfangs noch beim Sirenengeheul auf die Dächer liefen, um die ankommenden Flugzeuge zu bestaunen, mussten sie schnell lernen, dass man vor den Bombern besser in Deckung geht.

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Auf dem Montjuïc und anderen erhöhten Aussichtspunkten standen Wachleute, die Alarm schlugen, sobald sie am Himmel Flugzeuge erblickten. Dann heulten die Sirenen los. Sobald man die Sirene hörte, hatte man noch eine bis maximal zwei Minuten Zeit, sich auf den Weg in den Bunker zu machen, bis die ersten Bomben fielen.

Nur wenige Häuserkeller im dicht besiedelten Barcelona wurden von den offiziellen Stellen für tauglich befunden, um der Bevölkerung als Schutz vor dem Bombenhagel zu dienen. Das Metronetz bestand zu dieser Zeit nur aus zwei Linien und bot auch keinen ausreichenden Platz für die Bewohner der Stadt. Luftschutzbunker mussten her. Die meisten dieser Schutzräume entstanden in Eigenarbeit der Nachbarschaftsgruppen, Vereine oder Genossenschaften. Bis zu 15 m tief mussten die Löcher mit Hacke und Schaufel gegraben werden, bevor man Tunnel oder Räume unter der Erde anlegen konnte.

Die meisten Bunker dieser Art sind längst zerstört, wurden zu Parkhäusern umgebaut oder sind dem U-Bahn-Netz gewichen. Aber einige wenige gibt es noch, wie das Refugi 307 am Montjuïc, in dem auch regelmäßige Führungen stattfinden.

barcelona refugi 307 luftschutzbunker. grafiti bomber

Erst 1995 hat man die Anlage durch Zufall wiederentdeckt und restauriert. Leila erzählt, dass besonders am Anfang viele ältere Leute aus dem Viertel vorbeikamen, manche kommen noch immer, und davon erzählten, wie es früher hier war. Sie erinnerten sich daran, wie das Leben im Poble Sec während des Bürgerkriegs war und wie sie sich vor den Bomben versteckten.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Bunkern konnte das Refugi 307 zu ebener Erde in den Berg hineingebaut werden. Durch den Montjuïc ersparte man sich das Buddeln in 15 Meter Tiefe. Glück hatte man auch mit dem Wasser. Da der ganze Berg voller Frischwasserquellen steckt, stieß man auch beim Bau des Bunkers auf eine solche Quelle und konnte eine richtige Kanalisation anlegen. Das war längst nicht selbstverständlich in solchen mehr oder weniger selbst gebauten Luftschutzräumen und bedeutete für die Anwohner schon so etwas wie einen kleinen Luxus. Zwei Klos für fast 2000 Leute ist zwar nicht viel, aber immerhin – die meisten Bunker hatten überhaupt keine Toiletten oder gar fließendes Wasser.

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Nach ein paar einführenden Erklärungen geht es dann in die Gänge des Bunkers hinein. Der Eingangsbereich ist im Zickzack angelegt, damit mögliche Bombensplitter sich nicht schnell und auf einem geraden Weg ausbreiten können. So waren die Menschen hinter den Kurven etwas geschützter.

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Bis in die neunziger Jahre stand an dieser Stelle eine Glasfabrik, die den Eingangstunnel des Refugis als Lager genutzt hatte. Nachdem die Fabrik stillgelegt war und abgerissenen wurde, fand man zunächst nur diesen ersten Teil der unterirdischen Gänge. Die Anwohner und Nachbarn des Viertels setzten sich dafür ein, dass dieser Luftschutzbunker unter eine Art Schutz gestellt wurde und erhalten bleibe. Das MUHBA kümmerte sich um die Restaurierung und machte dieses Gebäude als ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte der Öffentlichkeit zugänglich. Noch während der Restaurierungsarbeiten stieß man auf weitere Gänge und Tunnel. Man fand eine Krankenstation und so etwas wie eine Kindergartenecke, die aber wegen baulicher Probleme offenbar nicht vollendet, sondern wieder zugeschüttet worden war.Museum Refugi 307 BarcelonaIm Falle eines Bombenangriffs sorgte ein Notstromaggregat zwei Stunden lang für elektrisches Licht. Da die Angriffe meist nur eine bis maximal zwei Stunden andauerten, reichte das aus. Doch dann kam der 16. März 1938. Eine auf Mallorca stationierte, italienische Fliegerstaffel bombardierte Barcelona drei volle Tage lang. Die Menschen kamen gar nicht wieder aus dem Bunker raus. Sie saßen im Dunkeln und warteten.

Leila erzählt uns, was ihr viele ältere Leute berichtet haben: „Das Schlimmste sei weder die Dunkelheit noch der Hunger gewesen. Am Schlimmsten war die Ungewissheit“. Die Leute saßen im Dunkeln und warteten. Sie konnten nichts machen und wussten nicht, wie lange das noch so weiter gehen würde. Wie lange sie hier noch untätig sitzen mussten und wie es draußen wohl aussah. Was passierte im Viertel? Steht mein Haus noch? Haben meine Verwandten überlebt?

barcelona refugi 307 luftschutzbunker. baenke erneuertDie originalen Bänke, auf denen die Menschen saßen, sind nicht mehr erhalten. In der Nachkriegszeit wurde alles benutzt und verkauft, was man fand

Damit die Leute in den Luftschutzkellern nicht durchdrehten, gab es strenge Regeln, an die sich alle zu halten hatten. Gespräche über Politik und Religion waren strikt verboten, um jedwede Art von Streitigkeiten zu vermeiden. Die Spannung auf so engem Raum war einfach sowieso schon hoch. Man hielt sich also gegenseitig dazu an, optimistisch zu bleiben. Die Stimmung sollte nicht noch schlimmer werden.

Auch außerhalb des Bunkers versuchte man so etwas wie trotzige Normalität zu leben. Alltag im Bombenhagel. Bereits angefangene Tanzshows wurden trotz heulender Sirenen bis zu Ende getanzt und beklatscht. Auch den Platz in der Warteschlange bei der Essensausgabe gab man nicht einfach auf. Dazu war der Hunger viel zu groß. So blieben manche Leute einfach in der Schlange stehen oder im Theatersessel sitzen, obwohl die Bomben auf die Stadt fielen. Die Katalanen versuchten einfach, so etwas wie ein normales Leben weiterzuleben.

barcelona refugi 307 luftschutzbunker.durchgaenge verbindung

Während des Bürgerkriegs waren hier zwei getrennte Bunker, die Gänge waren noch nicht miteinander verbunden. Normalerweise arbeitete man immer von mehreren Stellen aus und grub sich dann gleichzeitig unter der Erde vorwärts, bis man aufeinandertraf. So konnten nicht nur mehr Menschen gleichzeitig am Bau des Bunkers arbeiten, und es ging schneller voran, sondern bei Bombenalarm konnten auch mehr Einwohner schneller in die unterirdischen Schutzräume gelangen, wenn mehrere Eingänge vorhanden waren. Und es war natürlich eine Art Absicherung aus dem Bunker wieder herauszukommen, falls ein Eingang mal verschüttet sein sollte.

Jedenfalls waren die beiden Teilstücke unter dem Montjuïc ursprünglich nicht miteinander verbunden. Erst als die Franco-Truppen Barcelona besiegt und eingenommen hatten, vollendeten sie das Tunnelsystem im Refugi 307 und gruben zwei Verbindungsschächte. Diese beiden schmalen Gänge sind nicht ausgemauert, die Wände sind nicht verkalkt worden, wie im älteren Tunnelteil. Es sind einfach nur schlichte Durchgänge im Felsgestein, um von einem Bunker in den anderen zu gelangen. “Warum sie das gemacht haben?” mittlerweile war der Zweite Weltkrieg angebrochen, und die Francotruppen wollten wohl für den Fall vorsorgen, dass die Alliierten eventuell eines Tages die Stadt angreifen könnten. Dazu kam es jedoch nie.

barcelona refugi 307 luftschutzbunker. ofennachträglich eingebauter Ofen

Nach dem Krieg lebten viele Bürgerkriegsflüchtlinge in Barcelona in Baracken. Wohnraum war knapp. In diesem letzten Teil des Bunkers zog eine Familie aus Andalusien ein, die kein anderes Obdach fand. Sie waren arm, aber machten es sich hier so gemütlich wie möglich. Es gab Wasser, sie bauten einen Ofen, damit sie es warm hatten und kochen konnten. Ein paar Keramikteller und frische Blümchen soll es gegeben haben. Eine Nachbarin erinnert sich, dass es hier immer viel Besuch gegeben habe. Die Familie war sehr gastfreundlich, Die Leute im Viertel gingen hier ein und aus, man saß in geselliger Runde zusammen, trotz der Armut. Das ging fast zehn Jahre so, dann fanden sie wohl eine richtige Wohnung und zogen weg.

In der Nachkriegszeit war es mit dem Hunger schlimmer, als während der Kriegsjahre. Es gab nichts zu Essen und so kam jemand auf die Idee, die dunklen und feuchten Tunnel zur Aufzucht von Pilzen zu nutzen. Eine willkommene Abwechslung auf dem kargen Speiseplan damals. So kam es dazu, dass die Tunnel auf eine weitere, dritte Art genutzt wurden. Den pfiffigen Pilzpflanzer kannte man übrigens im ganzen Viertel als Señor Champiñonero, den Herrn Champignon.

 

Nützliche Infos Refugi 307

Adresse:
MUHBA Refugi 307
Carrer Nou de la Rambla, 175
08004 Barcelona / Poble-sec
Website: museuhistoria.bcn.cat

Anfahrt: Mit der Metro, grüne L2 oder lila L3 – Haltestelle Paral.lel

Eintritt: 3,40 Euro
Öffnungszeiten: nur Sonntags. Führungen (ca. 1 Stunde) auf Englisch um 10.30 Uhr auf Spanisch um 11.30, Katalansich um 12.30 Uhr, nach vorheriger Anmeldung (tel. oder mail).

 

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