Versteckt hinter einem grünen Hügel, auf dem sich die Ruine einer wehrhaften Burg erhebt, liegt der kleine Ort Begur. Hier treffe ich Clara und Sandra, von denen ich heute erfahre, welche Rolle die Frauen im Laufe der Jahrhunderte in dem kleinen Dorf spielten.

Begur burg

Sandra führt mich durch das Dorf und erzählt, wie alles anfing. Dank der Burg, die bereits seit dem vierzehnten Jahrhundert trutzig alle Angreifer fernhält, brauchten die Bewohner keine Stadtmauer zu errichten. Im Falle drohender Gefahr zogen sie sich in die Wehrtürme zurück, die über den kleinen Ort verteilt waren. Diese massiven Rundbauten haben sich teilweise bis heute gehalten. Sie sind längst Teil der Wohnhäuser geworden und verfügen über bequeme Wendeltreppen und Fenster.

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Santa Reparada und die Korallen:

Viele Jahrhunderte lang lebte das kleine Dorf Begur vom Oliven- und Weinanbau, denn viel mehr wächst auf den kargen Böden nicht. Das Meer vor der Haustür, spielte dafür der Fischfang stets eine große Rolle. Direkt vor der Küste Begurs fanden die Fischer sogar eine ganz besondere Einnahmequelle: Korallen. Rotes Gold wurden diese wunderschönen Blumen des Meeres genannt, weil sie so wertvoll waren. Auch wenn sie wie Pflanzen aussehen, Korallen sind eigentlich Tiere! Für die Gläubigen waren sie Schutzbringer, für die reichen Damen hübscher Schmuck und für die Händler eine zweite Währung. Ja, wirklich, in Afrika konnte die Sklavenhändler mit den Korallen neue Menschen kaufen. Dort nahm man Korallen als Zahlungsmittel an, denn viele afrikanische Stämme schrieben den roten Korallen heilende Kräfte zu.

Korallen Begur kapelle

Kein Wunder also, dass sich in Begur viele Fischer dem „Abbau“ dieser wunderschönen Blumentiere widmeten. Sogar in der kleinen Kirche stoße ich noch auf Korallen. Eine Seitenkapelle ist nämlich der Santa Reparada gewidmet, der Schutzheiligen der Korallenfischer.

santa reparada carrer begur

treppe begur

Der Legende nach gerieten ein paar Fischer vor der Küste in ein böses Unwetter. In ihrer Not versprachen sie, Santa Reparada eine Kapelle zu errichten, wenn sie sie heil und gesund wieder an Land brächte. Die Schutzpatronin erhörte die Bitten und das Unwetter ließ nach. Bald schon wurden die Fischer in Sa Riera an Land getrieben. Sie fanden jedoch in der kleinen Bucht mit dem steilen Hang keinen Platz, um eine Kapelle zu bauen. Der Weg den Hügel hinauf war ihnen zu anstrengend und so fuhren sie wieder aufs Meer. Prompt gerieten sie wieder in einen Sturm. Wieder beteten sie und wieder spülte das Meer sie in Sa Riera an Land. Nun endlich errichteten sie Santa Reparada die versprochene Kapelle.

kirche korallen begur

In der Dorfkirche ist der Schutzpatronin Begurs ebenfalls eine Kapelle gewidmet. Angeblich haben sich die Fischer sogar um die Statue der Heiligen Frau gestritten. Doch die steht bis heute in der kleinen Kapelle.

pedris llarg begur bank

Draußen vor dem Gotteshaus befindet sich eine besonders lange und sehr alte Sitzbank aus Stein. Sie reicht komplett an der Kirchenseite entlang. Von vielen Besuchern im Laufe der Jahrhunderte mittlerweile etwas abgenutzt, war die Pedris llarg früher einer der wichtigsten sozialen Treffpunkte in Begur. Von hier aus hatte man das Geschehen auf dem Dorfplatz im Blick. Eine Bushaltestelle gab es hier früher auch und angeblich soll die Bank sogar als Arbeitsbörse funktioniert haben.

Die Frauen der Indianos:

begur indianos

Die wenigen Indianos, die es in Begur gab, haben ein paar wunderschöne Gebäude hinterlassen. Auffallend sind vor allen Dingen die luxuriösen Gärten dieser Paläste. Bis dahin nutzte man den Platz im Dorf zum Hausbau, oder maximal zum Anlegen eines Nutzgartens. Aber so viel Platz nur für Blumen, ausschließlich zur Dekoration? Das war eine verschwenderische Neuerung. Doch die wenigen Männer, die es geschafft hatten, in Übersee ihr Glück zu machen und wieder nach Europa zurückgekehrt waren, vermissten nach so vielen Jahren in der Karibik oft die amerikanische Lebensart, die weiten, offenen Plätze mit Palmen und prächtigen bunten Blumen.

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Wenn die Männer auszogen, um in den neuen Kolonien ihr Glück zu suche, blieben die Frauen zurück. Oft hatten sie es nicht leicht, mit einer Schar Kinder den Lebensunterhalt zu verdienen. Manchmal mussten sie Geld leihen oder betteln, in der Hoffnung, der Mann schicke bald etwas aus der Ferne. Viele der jungen Männer, die nach Übersee ausgezogen waren, kamen jedoch nie wieder zurück. Zu gefährlich war die Überfahrt, zu hart das Leben in den neuen Kolonien. Nur sehr wenige hatten Glück und waren reich geworden. Doch diese wenigen Männer, die dann mit Geld zurückkehrten, war meist sehr alt. In der Heimat suchten sie sich jedoch eine junge Braut. Oft kam es, dass Männer von über fünfzig Jahren ganz junge Ehefrauen, oft nicht einmal fünfzehn Jahre alt, heirateten. Die Familien dieser Mädchen befürworteten solche Verbindungen. Bedeutete so eine Heirat doch, dass die ganze Familie in der Regel für immer finanziell ausgesorgt hatte.

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Leicht war das für die Mädchen sicher nicht, aber Liebesheiraten gab es damals nicht. Immerhin waren sie so gut versorgt. Schnell konnte es jedoch passieren, dass diese jungen Mädchen mit Anfang zwanzig bereits verwitwet waren. Eifersüchtig wachten sowohl die Familie des verstorbenen Americanos als auch die Familie der Braut über das große Vermögen der jungen Witwen. Damit die Mädchen nicht etwa wieder heirateten, gab es eine Klausel, nach der sie allen Besitz verlören, wenn sie wieder heiraten würden. Wahrlich kein einfaches Leben.

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Die Frauen in der Korkindustrie:

Doch die Mehrheit der Dorfbewohner lebte weit entfernt von solchen Luxusproblemen. Seit dem achtzehnten Jahrhundert hatte sich Kork zu einem der Haupteinnahmequelle in Begur entwickelt. Viele verschiedene Berufe entwickelten sich rund um die Ernte und die Verarbeitung dieses Naturstoffs. Die Herstellung von Korken war zunächst Männerarbeit. Erst mit der Einführung von Maschinen fielen die vielen spezialisierten Handwerkstechniken weg. Nun konnte fast jeder Kork bearbeiten. Es kam nicht mehr auf Erfahrung und die Qualität des Produkts an, sondern viel mehr auf die Quantität.

Bald schon wurden immer mehr Frauen in der Korkindustrie beschäftigt. Sie waren einfache, billige Arbeitskräfte. Oft arbeiteten sie in kleinen Gruppen sogar zu Hause. Erst Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts endete diese Ära der Korkindustrie im Emporda. Nachdem das erste Luxushotel errichtet worden war, wurde bald der Tourismus zu einem der Haupteinkommenszweige der gesamten Region.

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Hotel Aiguaclara:

Im Hotel Aiguaclara treffen wir dann eine der Frauen, die im kulturellen Leben der kleinen Stadt eine wichtige Rolle spielen. Clara und Sandra gehören beide zu einer asociación, einer Gruppe, die Festivals und Aktivitäten in Begur organisieren. Seit Clara vor beinahe zwanzig Jahren hierher gekommen ist, hat sie nicht aufgehört, sich für Begur zu engagieren. Clara ist ein echter Tausendsassa. Nachdem sie das kleine Hotel Stück für Stück renoviert und gemeinsam mit ihrem Mann, mit viel Liebe und zahlreichen Schätzen vom Flohmarkt zu etwas ganz Besonderem gemacht hat, organisiert sie nun diverse Feste und kulturelle Veranstaltungen. Neben der traditionellen Fira d‘indians, feiert Begur jedes Jahr ein Unterwasserfestival, ein Blumenfestival und ein Kinofestival.

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Im Treppenhaus des Hotels entdecke ich dann noch eine ganz besondere Frau: Ein Foto der Flamencotänzerin Carmen Amaya ziert in Lebensgröße eine der Türen. Und ich dachte immer, Flamenco sei ausschließlich eine Sache der Andalusier. Weit gefehlt, lerne ich heute. Aber was diese berühmte Tänzerin, dieser Superstar des letzten Jahrhunderts hier in Begur macht, erzähle ich Dir in einer anderen Geschichte.

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Infos zu Begur :

Hotel Aiguaclara
Carrer Sant Miquel, 2
17255 Begur

hotel aiguaclara begurdas liebevoll eingerichtete Hotel Aiguaclara

Iglesia de Sant Pere
Carrer de la Concepcio Pi Tató, 1
17255 Begur

Castell de Begur
Passeig del Doctor Pericot, s/n
17255 Begur

Mirador und Ermita San Ramon 
Carrer Sant Ramon
17255 Begur

san ramon begurSan Ramon – Kapelle

Fira d’indians:
Die Fira d’Indians findet jedes Jahr im September statt.
Website: www.firaindians.com

Begur en flor:
Das Blumenfest findet im Mai statt.

Begur Film Festival: 
Das Festival Cinema de la Comedia findet im Oktober statt.