In Barcelona gibt es ein Hanfmuseum. Ja, richtig gehört: Das Haschisch-, Marihuana- und Hanf-Museum in Amsterdam hat nämlich vor zwei Jahren einen Ableger in Barcelona eröffnet. Natürlich muss ich mir das auch mal ansehen und verabrede mich wieder mit Céline, mit der ich so oft wie möglich neue Museen in der Stadt entdecken gehe.

Wir staunen nicht schlecht, als wir in der kleinen Gasse des Barrio Gótico ankommen. Das Haschmuseum ist in einem wunderschönen, modernistischen Gebäude untergebracht, dem Palau Mornau. Aber zunächst sind wir neugierig auf die Ausstellung und gespannt, was es hier zu sehen gibt. Wie in einem alten Innenhof, geht es zunächst über eine breite Treppe ins obere Geschoss, wo sich die eigentliche Ausstellung über Hanfpflanzen befindet.

Treppenhaus Cannabis und Hanfmuseum Barcelona

Botanik
Das Museum ist thematisch unterteilt: Der erste Raum beschäftigt sich mit dem botanischen Ansatz der Pflanze. Ich lese und lerne: Schon vor Jahrtausenden ist Hanf von Menschen der unterschiedlichsten Zivilisationen domestiziert und genutzt worden. Dabei ist Cannabis aber nicht gleich Cannabis. Die verschiedenen Hanfsorten haben ganz unterschiedliche Eigenschaften und Wirkungen.

Manche Hanfsorten haben mehr, andere weniger psychoaktiv wirkende Eigenschaften. Es gibt auch Hanfsorten, die gar keine rauschbewirkenden Substanzen bilden. Das hängt nämlich vom jeweiligen Grad des THC ab, den die Pflanze entwickelt – oder eben nicht. THC (Tetrahydrocannabinol) ist eines der Cannabinoide, die im Harz der Cannabisblüten entstehen und die berühmte halluzinogene Wirkung auslöst. Andere Cannabinoide wirken zum Beispiel entzündungshemmend oder anti-epileptisch. So hat die in Indien wachsende Variante Cannabis indica eine stärker beruhigende Wirkung, als die in Europa beheimatete Hanfvariante Cannabis Sativa.

Marihuana nennt man die getrockneten, nicht befruchteten Blüten der weiblichen Pflanzen. Wenn eine weibliche Pflanze nicht bestäubt wird, wachsen ihre Blüten einfach weiter und sondern dann eine dünne Schicht klebrigen Harz ab, der unter anderem diese psychoaktiven Wirkstoffe beinhaltet.

Haschisch nennt man das mit anderen Pflanzenteilen getrocknete und gepresste Harz. Haschischöl ist eigentlich gar kein Öl sondern ein Extrakt, das ebenfalls aus dem Harz der Hanfpflanze gewonnen wird – und nicht zu verwechseln mit Hanföl, das keine berauschende Wirkung hat und aus dem Samen Pflanze gewonnen wird. Hanföl berauscht nicht, schmeckt nussig und ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, und das ist mega gesund. Da hab ich doch schon wieder was gelernt.

Hanfmuseum Barcelona Ausstellung Cannabis

Wusstest Du zum Beispiel, dass eine Cannabispflanze ihr Geschlecht wechseln kann? Manche der weiblichen Pflanzen werden zu Hermaphroditen und produzieren Pollen zur Bestäubung der anderen weiblichen Pflanzen!

Alte Meister
Der zweite Saal beschäftigt sich mit den alten Meistern: An den Wänden hängen Gemälde holländischer und anderer Meister, die den jahrhundertelangen Konsum von Cannabis dokumentieren. Bevor ich mir die Pfeifensammlung in der Vitrine ansehen, bestaune ich diesen wunderschönen Raum. Die Renovierung des Palau Mornau hat zwar Jahre gedauert – die Arbeiten sind in einer kleinen Ausstellung im unteren Stockwerk dokumentiert – aber es hat sich gelohnt! Decken, Wände, Fußböden, Fenster, das ganze Museum verströmt den Charme des modernistischen Barcelona der Jahrhundertwende.

Hanfmuseum Cannabis Raucher Alte Meister

Hanfmuseum pfeife

Aber zurück zu den Gemälden. Wenn ich den Kneipenszenen der holländischen und flämischen Meister Glauben schenken darf, war das Rauchen der Cannabispflanze in speziellen Pfeifen wohl besonders beliebt. In der Vitrine kann ich mir auch gleich die entsprechende Sammlung begutachten. Die ältesten Pfeifen hatten einen verhältnismäßig kleinen Behälter für den Tabak. Später wurden die Pfeifenköpfe dann größer. Da Tabak sehr teuer war, mischte man ihn oft mit Cannabis. Das war erstens billiger und zweitens angenehm entspannend.

Unglaublich vielseitig

Hanfseile Hanfmuseum Barcelona

Eine bestimmte Sorte aus der Familie der Hanfpflanzen ist besonders reich an Fasern. Aus ihr stellte man schon vor vielen Jahrhunderten Seile, Kleidung, Schuhe und andere nützliche Dinge für den Haushalt her. Die Chinesen waren die ersten, die Papier aus Hanffasern fertigten. Dieses Hanfpapier war, bzw. ist wesentlich resistenter als das aus Holz gearbeitete Papier. Noch dazu ist der Herstellungsprozess für Hanfpapier wesentlich weniger aufwendig, weniger umweltschädlich und auch noch billiger. Zwischen den ausgestellten Papieren entdecke ich einen Dollarschein. Irgendjemand hat I GREW HEMP darauf geschrieben.

Papier aus Hanf Dollarnote Hanfmuseum Barcelona

Hanf Kleidung Hanfmuseum

Aus dem Samen kann man Öle, Seifen oder Kosmetika herstellen – Hanföl soll übrigens eine supergute Feuchtigkeitscreme für die Haut sein, hat mir neulich gerade eine Freundin erzählt.

Hanf ist nicht nur eine der ältesten Nutzpflanzen in der Geschichte der Menschheit, sondern hat darüber hinaus gleich mehrere, große Vorteile. Hanfprodukte sind in der Regel äußerst billig, weil die Pflanze sehr wenig Pflege braucht und sehr resistent ist. Ein unkaputtbares Kraut praktisch. Noch dazu ist es ein nachwachsender Rohstoff. Und man kann wirklich alle Teile der Hanfpflanze irgendwie verwerten. Sogar die Reste, die nicht zu Öl, Wolle, Seilen, Textilien etc. verarbeiten werden, kann man noch als Kleintierstreu verwenden. 😉

Hanfprodukte

Schuhe aus Hanf Museum Barcelona

Im Museum gibt es auch ein paar neuere Einsatzfelder dieser Tausendsassa Pflanze zu sehen: Hanf als Rohstoff für Möbel, Autoteile oder Mauersteine zum Hausbau!

Moebel aus Hanffasern Cannabis Museum Barcelona

Rausch der Religionen

Im nächsten Saal geht es um die Geschichte der Cannabis Pflanze als Rauschmittel. Viele Kulturen auf der ganzen Welt kannten die Hanfpflanze. Von China, über Indien, Afrika, Israel bis zu den Kelten und Germanen, wusste man über das Kraut und seine berauschende Wirkung Bescheid. Die Rastafari verehren Hanf als den „Baum des Lebens“, aber auch andere Religionen setzten Cannabis ein, um auf die eine oder andere Art Trance- oder Erleuchtungszustände zu erreichen.

Im Europa des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts war Cannabis keinesfalls verpönt. In Frankreich gab es sogar einen Haschclub, dem berühmte Schriftsteller wie Alexandre Dumas angehörten. Sie rauchten zusammen ihre Pfeifchen und ließen sich von dem Kraut stimulieren. Im Hause des großen William Shakespeares soll man ebenfalls Haschpfeifen gefunden haben. Ob er die aber selbst geraucht oder sie nur gesammelt oder vielleicht für Freunde aufgehoben hat, ist nicht belegt.

Popeye
Besonders überrascht bin ich, plötzlich Popeye hier im Hanfmuseum zu treffen. Ferenz, der Céline und mich durch das Museum führt, erklärt uns, was der Seemann hier macht.

Popeye Marihuana Museum Barcelona

In den 20 und 30 Jahren war “Spinat” in den USA eine umgangssprachliche Bezeichnung für Marihuana. Pfeifchenrauchen war zu dieser Zeit sehr beliebt und nicht verboten. Besonders in den Hafenspelunken der Seeleute war es gang und gebe Cannabis zu konsumieren. Man sagte dem Kraut auch nach, es verleihe besondere Kraft.

Elzie Segar, der Erfinder des berühmten Popeye, hatte seine ersten Comics eigentlich gar nicht für Kinder, sondern viel mehr für Erwachsene gedacht. Popeye war eine Mischung aus Matrose und Preisboxer. In den ursprünglichen Heftchen soll Segar diverse Hinweise zum Cannabiskonsum seiner Figuren eingestreut haben. In einigen der frühen Ausgaben raucht Popeye den Spinat nämlich in seiner Pfeife.

Jetzt würde ich zu gern mal so ein altes Comic-Heft lesen!

Das Verbot
Anfang des letzten Jahrhunderts wurde Cannabis nicht nur in Hafenkneipen und elitären Zirkeln geraucht, sondern vor allem als Arznei verkauft.

Cannabis Medikamente Museum

In den dreißiger Jahren setzte dann in den USA aus eine heftige Anti-Marihuana Propaganda ein. Die Cannabispflanze, also Hanf, wurde ausschließlich auf die Rauschwirkung als Droge reduziert und mit Heroin gleichgesetzt. Cannabiskonsum würde unweigerlich zu Abhängigkeit, Kriminalität, Wahnsinn und Tod führen. Mal ganz abgesehen davon, dass noch niemand am Konsum von Marihuana gestorben ist, jedenfalls soweit ich weiss (aber schon viele tausende Menschen an den Folgen der Tabak- und Alkoholsucht!),  hatte diese Propaganda einen stark rassistischen Unterton. Cannabisraucher wurden plötzlich als Untermenschen, Verbrecher und Perverse beschimpft.

Treibende Kraft dieser Hetzkampagne war William Randolph Hearst, ein einflussreicher Medienmogul in den USA. Hearst war erklärter Anhänger des Nationalsozialismus und Faschismus. Während des Unabhängigkeitskriegs in Kuba hatte er als Journalist bereits festgestellt, wie leicht man die Masse mit Zeitungsberichten und Filmen beeinflussen konnte. Seine Position als Meinungsmacher nutzte er ab 1936 zur Verteuflung des Cannabis.

Interessant ist allerdings, dass das Anbauverbot in den USA während des Zweiten Weltkrieg aufgehoben wurde. Man benötigte diesen wichtigen Rohstoff einfach. Uniformen, Verbandszeug, Flugzeugteile und viele andere Gegenstände konnten billig aus Hanf produziert werden. Die Hanfbauern wurden sogar vom Kriegsdienst freigestellt. Nach dem Krieg wurde das Cannabisverbot dann wieder eingesetzt.

Medizinische Verwendung
Bisher finde ich das alles sehr spannend. Dann kommen wir in den für mich interessantesten Teil des Museums, die “Sala Médica”. Hier geht es um die medizinische Wirkung der Cannabispflanze. Klar ist das Rauchen, egal ob Tabak oder Gras, eine große Gefahr für die Gesundheit der Atemwege ist. Täglich und über lange Zeit Marihuana zu rauchen, kann sicher nicht gesund sein.

Vor hundert Jahren war Cannabis aber noch so etwas wie das Aspirin seiner Zeit. Bei nervösen Beschwerden, Frauenleiden, Epilepsie, Kopfweh oder Schlafstörungen verabreichte man Cannabispräparate. Die genaue Dosierung dieser Pillen oder Tropfen war allerdings manchmal recht schwierig. Als zu Beginn des letzten Jahrhunderts neue, synthetische Medikamente entwickelt wurden, kam Cannabis als Medizin schließlich aus der Mode und wurde später dann auch verboten.

Cannabis als Medizin

Cannabis Medizin

Mittlerweile wird Cannabis in einigen Ländern und in ganz bestimmten Fällen aber wieder als Medikament eingesetzt, besonders bei Krebserkrankungen!

Im Museum wird aber nicht nur die Medizingeschichte der Pflanze erzählt. Es gibt auch einen interessanten, kleinen Film des Wissenschaftlers Lester Grinspoon zu sehen, der versehentlich wichtige, positive Wirkungen der Cannabinoide bei bestimmten Erkrankungen entdeckt hat. Leider haben aber weder Gesundheitsämter, Krankenhäuser oder die Pharmaindustrie großes Interesse an solchen Forschungen.

Ich habe viel gelernt heute. Céline hat ihre Fotos mittlerweile auch im Kasten und unser Rundgang durch die obere Etage ist beendet. Wir sind beide begeistert. Die Ausstellung ist echt sehr, sehr interessant und das Gebäude selbst ist der Hammer. Im Erdgeschoss gibt es noch eine Ausstellung über den Palau Mornau und die aufwendigen Restaurierungsarbeiten. Das sehen wir uns auch noch an.

Palau Mornau

Gebaut wurde der Palau Mornau übrigens von dem Architekten Manuel Raspall. Raspall war ein später Modernist. In seinen Werken sind schon Züge des auf den Modernisme folgenden Noucentisme zu sehen.

 Palau Mornau Barcelona

Hanfmuseum:
Carrer Ample 35
Barcelona
Website: hashmuseum.com/en/barcelona 
Metro: Liceu oder Jaume I
Stand 2022:
Öffnungszeiten: nur noch Do-So, 10:00 – 22:00 Uhr
Eintritt: 9 € für Erwachsene

Hanfmuseum Cannabis Barcelona

Kamin Palau Mornau

Modernisme Barcelona Palau Mornau
Modernismus Fenster Palau Mornau Barcelona

restaurierter Palau Mornau Barcelona

Treppenhaus Barcelona Palau Mornau

Modernisme Barcelona - Tuer Palau Mornau

Hanfmuseum Palau Mornau Barcelona