Wider Erwarten scheint die Sonne doch ein wenig durch die Wolken, als ich am Morgen vorsichtig aus dem Fenster schaue. Und das obwohl für heute Regen angesagt war. Da habe ich echt noch mal Glück, denn ich bin in Aveiro und will unbedingt eine Bootsfahrt auf den Kanälen machen!

Gleich nach dem Frühstück geht es los. Die bunten Boote reihen sich noch brav aneinander und warten auf die Besucher. Es sind fröhlich angemalte Moliceiros, das sind die Boote, mit denen die Leute früher Seetang und Algen gefischt haben. Sie sind extra flach gebaut und relativ breit. Vorn am Bug sind sie weit nach oben gebogen und sehen aus wie Gondeln, nur viel fröhlicher. Da heute allerdings niemand mehr den Seetang zum Füttern der Tiere braucht, fahren diese wunderschönen Boote nun Besucher wie mich durch die Stadt.

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Neben den Moliceiros mit denen wie gesagt Seetang transportiert wurde, gab es auch noch andere, ähnliche Boote, die ausschließlich mit Salz beladen wurden. Diese mercantéis oder saleiros hatten nicht so einen schönen Bogen und waren tiefer, schließlich sollte das Salz ja nicht gleich wieder vom Boot gespült werden.

Während wir am Ufer des Ria de Aveiro warten, betrachte ich die Moliceiros. Vorn am Bug sind meist religiöse oder ländliche Motive aus dem Alltag der Bauern und Handwerker aufgemalt. Am Hinterteil der Boote sieht das jedoch ganz anders aus. Bei genauerem Hinsehen stelle ich schnell fest, dass die Motive am Heck gar nicht mehr so brav sind. Spielerisch anzüglich tummeln sich da üppig weibliche Kurven im Gras, im Fluss oder im Getreidefeld. Unwillkürlich muss ich lachen. So so! Die alten Seetankfischer hatten es faustdick hinter den Ohren!

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Ana und José, die mich durch Aveiro begleiten, haben mittlerweile ein Boot für uns gefunden. Eine kleine Gruppe Brasilianer und ein japanisches Pärchen haben schon Platz genommen und rutschen auf den Bänken etwas zur Seite, damit wir alle reinpassen.

Unser Bootsführer heißt André und ist eigentlich Student. Die Fahrten mit den Moliceros macht er nur an den Wochenenden. Während der Fahrt erzählt er, wie das mit dem Seetangtransport denn so funktionierte. Rechts und links des Kanals, durch den wir gerade schippern, hätten sich früher richtige Pyramiden aus Salz erhoben. Ein paar der alten Salzlager, richtig schöne alte Holzhäuser, gibt es sogar noch. Die meisten sind aber leider mittlerweile verschwunden.

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André erklärt auch, wo auf dem Boot die Leute gekocht und geschlafen haben, denn manchmal waren sie mehrere Tage unterwegs. Ich höre zu, genieße die Sonnenstrahlen und die Aussicht auf die alten Häuser am Ufer. „Wer braucht da schon Venedig?”, meint Ana lachend. Stimmt!

aveiro-molicieros-bootsfahrt-freibeuter-reisen-foto-by-madomis-tours(Foto © by José, MadonisTours)

Nach unserer Bootstour bummeln wir noch ein Weilchen durch Aveiro. Viele der Häuser sind mit den typischen Kacheln, den azulejos verkleidet. Vergeblich mühe ich mich mit der richtigen Aussprache ab. Besser als “asuhläschosch” kriege ich es einfach nicht hin. Gar nicht so leicht. Ich muss wirklich unbedingt Portugiesisch lernen!

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Wir fahren an dem wunderschönen Bahnhof von Aveiro vorbei, während sich der Himmel doch wieder zuzieht. Es geht kreuz und quer durch den kleinen Ort. José hat noch eine Überraschung für mich. Er führt uns zu einem kleinen Café, in dem es die garantiert besten ovos moles gibt. Ovos sind Eier, so viel habe ich verstanden. In dem winzigen Laden bestellt José Café und ovos moles. Es sind kleine Süßigkeiten aus einer Eimasse, die in Esspapier gehüllt wird. Die Dinger sind wirklich sehr süß, aber ganz lecker.

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José verrät mir auch gleich, wie diese ovos moles gemacht werden. Angeblich haben vor vielen Jahrhunderten die Nonnen eines Klosters mit der Produktion angefangen. Der Legende nach war eine der Schwestern gutem Essen nicht abgeneigt. Immer wieder wurde sie von der Mutter Oberin beim Naschen erwischt, und warf ihr lasterhafte Völlerei vor. Als diese Nonne eines Tages gerade dabei war, Eier mit Zucker zu schlagen, näherte sich die Oberin. Schnell musste die Eiermasse verschwinden. Aber wohin? So versteckte die Nonne in ihrer Not die süße Masse in den Oblaten.

Das Kloster gibt es wohl längst nicht mehr, aber zum Glück hatten vor rund zweihundert Jahren die Hausfrauen Aveiros längst das Rezept der Nonnen übernommen und so wurde diese Eiercreme in Esspapier schnell eine regionale Spezialität. Heute gibt es nur noch einen einzigen kleinen Betrieb, der die ovos molos nach dem alten Rezept von Hand herstellt, und der liegt ganz in der Nähe und beliefert dieses Café.

An der Wand sind sogar Fotos von der Herstellung der Süßigkeit. José erklärt mir, wie die Eiermasse karamellisiert und dann in Förmchen gepresst wird. Lange halten diese Dinger sich nicht, nur ein paar Tage. Ich muss also schnell noch eins essen, denn, so José, in der ganzen Stadt gibt es keine besseren!

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Nützliche Tipps für Aveiro

  • Moliceiros Bootsfahrten:
    Die Boote kann man gar nicht verfehlen. Verschiedene Anbieter liegen direkt am Hauptkanal im Zentrum von Aveiro und fahren alle paar Minuten. Für echte Bootsfans lohnt ein Abstecher ins Museu Maritimo nach Ílhavu.

 Wir sind mit einem Moliceiro von Via a Ria gefahren: www.vivaaria.com

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  • Übernachtung:
    Übernachtet habe ich im Hotel Moliciero, direkt am Kanal. Das Hotel ist hübsch eingerichtet, mit vielen liebevollen Details, wie zum Beispiel die Speisekarten in der Form der traditionellen Boote.

Hotel Moliciero
Rua João Mendonça/
Barbosa de Magalhães 15-17
3800-154 Aveiro
Website: www.hotelmoliceiro.pt

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  • Ovos Moles:
    Der kleine Betrieb, der diese Süßigkeit noch von Hand herstellt, heißt Maria da Apresentação
    Website:  mariaapresentacaocruzherd.pt

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Dieser Artikel entstand im Zusammenhang einer Bloggerreise, zu der ich von Centro Portugal eingeladen wurde. Vielen Dank an Ana und José, die mich begleitet haben! Saudade!