Gedichte an den Wänden, Gedichten op de muur, das hat mich in Leiden am meisten fasziniert. Vor fast einem Jahr war ich schon mal hier. Da habe ich Windmühlen gesucht und bin dabei ganz zufällig zum ersten Mal auf diese fantastischen Gedichte an den Wänden gestoßen. Leiden ist ja sowieso eine sehr niedliche und behagliche kleine Studentenstadt, die man einfach lieb haben muss. Aber mit dieser Mauerpoesie hat sie mich vollends erobert.

Gedichte an der Wand Shakespeare Leiden

Es sind mittlerweile weit über hundert Gedichte, die wild auf das ganze Stadtgebiet verteilt an den Häuserwänden, hinter Bäumen und Büschen hervorlugen. Die meisten Texte sind auf Niederländisch, auf Englisch, auf Deutsch, auf Französisch oder auf Spanisch geschrieben. Aber es gibt auch ein paar Gedichte, bei denen ich minutenlang da stehe und versuche herauszufinden, um welche Sprache es sich da wohl handeln mag. Hebräisch und Kyrillisch geht ja noch. Japanische Schriftzeichen kann ich auch mehr oder weniger erkennen. Aber bei einigen dieser poetischen Wandverzierungen komme ich echt ins Schleudern. Ist das Polnisch? Oder eine afrikanische Sprache? Oder doch eher etwas Polynesisches? Ich bin ganz aufgeregt und wandere wie ein Hans Guck-in die-Luft durch die Gassen, um nur ja kein Gedicht zu verpassen. Ich bin auf der Jagd.

Gedichte an der Wand Leiden verlaine

Hätte ich mir doch bloß vorher im Internet die Karte mit sämtlichen Straßen und Hausnummern ausgedruckt, an denen die Dichter verewigt sind. Aber auch so finde ich richtig viele, nur fehlen eben noch so viel mehr. Irgendwo hatte ich gelesen, dass es in diesem Projekt (fast?) jede Sprache der Welt vertreten sein soll, also auch Katalanisch ;-). Trotz meiner konzentrierten Suche habe ich das allerdings nicht gefunden.

Bei Appeltaart und Slag ruhe ich mich ein wenig aus und betrachte die vorbeiziehenden Boote auf den Kanälen und die einkaufenden Menschen. Heute ist Markttag, da sind in dem kleinen Zentrum von Leiden richtig viele Leute unterwegs. Es gibt Käse, Obst, Gemüse, Eier, eben alles, was es bei uns auf dem Markt auch gibt – und Stroopwafels! Dann wandere ich weiter, mit dem leckeren Apfelkuchen im Magen schon wesentlich entspannter. Da ist wieder ein Gedicht! In hübschen Lettern ist “de Profundis” von Federico García Lorca  auf die Fassade gepinselt. Rund herum mit roten Punkten versehen. Ich bleibe stehen und lese. Und gucke. Und denke an Andalusien.

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García Lorca war nicht nur eine faszinierende Persönlichkeit. Aus den Tiefen meiner Erinnerungen an die Uni und das Studium dringen Bruchstücke an die Oberfläche. Es regt sich etwas. Lorca war einer der bekanntesten Dichter der „Generación del 27“ und leider auch eines der Opfer des Spanischen Bürgerkriegs. 1936 wurde er aufgrund seiner republikanischen Haltung und Homosexualität ermordet. Geblieben ist sein Werk, tragisch, dramatisch, so traditionell andalusisch und doch eine neue, eben ganz eigene Poesie.  „Los cien enamorados duermen para siempre …

Total schön und dazu noch dekorativ ist auch ein Text ganz anderer Art. Er beginnt mit Maskoke Okisce. Ist das der Titel? Der Autor? Hier tue ich mich echt schwer. Das ist eine der Sprachen, die ich einfach nicht erkenne. Natürlich gucke ich später zu Hause nach und finde heraus, dass das Creek (= Maskoki) ist, eine der Muskogee Sprachen aus dem Süden der USA (die Gegend um Alabama/ Georgia, im Golf von Mexiko), verfasst übrigens von einem gewissen Louis Oliver.

Die Idee der Muurgedichten ist bestimmt nicht nur dazu gedacht, die Menschen mit Lyrik zu erfreuen. Für mich ist es ein wunderbarer Beweis dafür, dass Poesie nicht nur auf Französisch oder Englisch, sondern eben auch in Sprachen uns “fremder” Kulturkreise geschrieben wurde und wird. Eine so einfache und doch so geniale Gelegenheit für jeden, der durch die Straßen geht, einen kleinen Einblick in die Mentalität und Kultur anderer Völker zu werfen. Eine literarische Art zu Reisen.

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Mein Übersetzungsversuch des Creek-Gedichts ergibt ungefähr so etwas: “Die kleinen Leute sagen: Tornados werden verursacht von bösen Geistern, die den Schwanz der Schildkröte abreißen und nach unten schwingen, Runde um Runde, schnell zur Erde hin. Todesangst.“

Eigentlich sind überall kleine Tafeln mit Übersetzungen an den Wänden angebracht. Leider sind viele davon aber schon verschwunden. Ob die von Souvenirjägern oder lustigen Studenten abgeschraubt wurden? Keine Ahnung. Für Sprachenfreaks ist es jedenfalls eine sehr poetische Schnitzeljagd.

In Leiden gibt es natürlich noch viel mehr zu sehen ( z.B. bei Claudi „Das graublaue Leiden„), aber das zeige ich Euch in den nächsten Tagen. Hier findet Ihr auf jeden Fall den Stadtplan zur Mauerpoesie: www.muurgedichten.nl

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Hinweis: Dieser Artikel ist im Rahmen der Tulpenreise #TRH15 entstanden. Vielen Dank an KLM für den Flug, an Olympia Charters für die Übernachtung und natürlich an Marieke, die mit uns eine wunderbare Stadtführung durch Leiden gemacht hat.