Die Sprache – Katalanisch:

Sprache ist in Katalonien ein wichtiges Thema. Sprache ist immer auch ein Teil der kulturellen Identität. Ich selbst finde Sprachen sowieso spannend, ganz allgemein und überall auf der Welt. Hier in Katalonien ist aber praktisch jeder ein kleiner Linguist, und alle haben etwas zu diesem Thema zu sagen.

Katalonien ist zweisprachig. Offiziell spricht man hier Castellano, also Spanisch, und Català, Katalanisch. Beides sind amtlich anerkannte Sprachen und jeder Katalane spricht auch Spanisch, aber nicht jeder Spanier, der in Katalonien lebt, spricht auch Katalanisch.

In der Region Katalonien leben heute 7.5 Millionen Menschen*, von denen über 5 Millionen Katalanisch sprechen. Die Anzahl der Sprecher insgesamt liegt jedoch bei über 7 Millionen Menschen.

Wie kommt das?

Aufgrund der Tatsache, dass Katalonien im Mittelalter über weite Teile des Mittelmeers herrschte, gibt es noch heute viele Gegenden, in denen Katalanisch gesprochen wird, zum Beispiel auf den Balearen, in Valencia, jenseits der Pyrenäen in Südfrankreich und selbst in Italien, in Alguer, findet man Katalanisch sprechende Gemeinden. Die Sprache erstreckt sich also weit über das heutige Gebiet Kataloniens hinaus.

Katalonien war früher ein eigenständiges, großes Reich, die Grafen von Barcelona trugen sogar eine Königskrone, die corona catalano-aragonesa. Die Königswürde erhielten die Grafen von Barcelona bei der Vereinigung mit Aragon, weil die Einwohner Kataloniens immer schon sehr eigenwillig waren und mitreden wollten, gab es in Barcelona keinen König auf dem Thron. Ein absolutistischer Monarch, wie in Kastilien, passte den Katalanen so gar nicht. Unter der Herrschaft der Grafen von Barcelona gab es daher ein gewisses Mitspracherecht der wichtigsten Bürger, Händler und Adeligen. Eine Art Vorläufer der heutigen Parlamente, der Consell de Cent (Rat der Hundert) ist sogar älter, als das englische Parlament! Aber mehr dazu ein anderes Mal.

Barcelona Katalanisch Sprache

Zurück zur Sprache. Wie Italienisch, Französisch, Rumänisch, Portugiesisch, Kastilisch (also Spanisch) und Okzitanisch gehört Katalanisch zu den romanischen Sprachen. Wenn Du bereits eine oder mehrere dieser romanischen Sprachen sprichst, wirst Du Dich sicher schnell ins Katalanische einhören. Relativ einfach ist es am Anfang Katalanisch zu lesen, da die gemeinsame Wurzel der aus dem Latein stammenden Wörter in vielen dieser Sprachen sehr ähnlich ist, und man oft das eine oder andere Wort „erkennt“ und die Bedeutung erahnen kann.

Katalanisch und Spanisch sind miteinander ungefähr so verwandt wie Niederländisch und Deutsch. Gelesen kann man sicher Einiges verstehen, aber hört man die gesprochene Sprache, braucht man schon eine Weile, um mitzukriegen, um was es geht, wenn man überhaupt etwas versteht.

Am engsten ist die Verwandtschaft zwischen Katalanisch und Okzitanisch, dem Langue d’oc, das in Süden Frankreichs gesprochen wird. Wenn man Spanisch, Portugiesisch und Italienisch als Schwestersprachen bezeichnen würde, wären Okzitanisch und Katalanisch Zwillinge. Leider haben die Franzosen über Jahrhunderte hinweg ganze Arbeit geleistet beim Auslöschen der Minderheitensprachen auf ihrem Hoheitsgebiet. Langsam aber sicher ist die Zahl der Okzitanischsprecher so sehr gesunken, dass sie fast als ausgestorben zählen kann. In der nächsten Generation wird diese Sprache wohl zu den toten Sprachen zahlen.

Wie konnte sich die katalanische Sprache bis heute erhalten?

Die Katalanen haben es hingegen geschafft, ihre Sprache zu erhalten. Sie kämpfen dafür, wie kaum ein anderes Volk, was ich sehr unterstützenswert finde. Denn nur solange eine Sprache auch benutzt wird, lebt sie. Zweisprachigkeit kann nämlich ein zweischneidiges Schwert sein. Fast immer ist das Zusammenleben zweier Sprachen auf einem Territorium nur eine vorübergehende Phase, bis eine Sprache am Ende die andere ersetzt. Normalerweise wird die alte Sprache von der neuen verdrängt. Das ist leider fast immer so.

Aber wie konnte sich Katalanisch so lange halten, obwohl die zentralen Regierungen in Madrid über Jahrhunderte hinweg versucht haben, alle regionalen Sprachen auf dem Boden des kastilischen Reichs zu tilgen und, wie die Franzosen, eine einzige Sprache, das Kastilische, für den Zusammenhalt der Nation durchzusetzen? Katalanisch wurde oft in seiner Geschichte verboten. Auch unter Franco, noch in den siebziger Jahren, war es offiziell und unter Androhung von Strafen verboten, Català zu sprechen!

Katalanisch Sprache Gegants

Aber zum Glück für das Katalanische war Spanien lang Zeit sehr ländlich geprägt. Durch die relativ niedrige Einwohnerdichte, erstreckte sich die in den wenigen, großen Städten schnell durchgesetzte Dominanz des Kastilischen, nicht auf die ländlichen Gebiete. In den abgelegenen Bergdörfern der Pyrenäen, in den kleinen Fleckchen, wo die Bevölkerung von der Landwirtschaft lebte und sich herzlich wenig um die neuen Moden aus der fernen Hauptstadt kümmerte, setze sich Spanisch/Kastilisch einfach nicht als Alltagssprache durch – trotz des offiziellen Verbots des Katalanischen.

So konnte sich die Sprache als gesprochene Sprache, im privaten Leben über Jahrhunderte halten. Um sich als Schrift- und Literatursprache durchzusetzen, hatte das Katalanische es da schon schwerer. Lange Zeit galt sie, eben wegen ihres Überlebens auf dem Land, als hinterwäldlerische Sprache, als Sprache der Bauern und der Ungebildeten. Wer zur „Elite“ gehören wollte, auch in Barcelona, der sprach das, was man am Hof und in den besser gestellten Kreisen sprach, nämlich Spanisch. Aber auch diese Hürde wurde überwunden. Mit den Jocs Florals, einem Dichterwettbewerb in katalanischer Sprache, der Renaixança Kataloniens um 1900, und später in den achtziger Jahren, nach dem Tod Francos, dann mit Gesetzen zur Normalisierung der Sprache.

Einführung der „Normalització Lingüística“

Nach dem Ende der Diktatur und dem Einzug der Demokratie in Spanien nutzen die Katalanen ihre Chance und schufen Gesetze zum Schutz und Erhalt ihrer Sprache. Wenn ich bedenke, dass viele ältere Katalanen, wie mein Schwiegervater zum Beispiel, Analphabeten in ihrer eigenen Muttersprache waren, dann ist das ein echt großer Schritt. Katalanisch wurde Ende der achtziger Jahre Unterrichtssprache in den Schulen, es fand Einzug auf Straßenschildern, Speisekarten, Zeitungen und in den Nachrichten. Heute hat jeder Katalane das Recht, auf Katalanisch zu leben und seine Sprache zu benutzen. Eng verbunden mit der Sprache sind auch Traditionen und alte Bräuche, die nach so langen Jahren des Verbots wieder auflebten und heute entsprechend gepflegt werden.

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Wie alt ist Katalanisch eigentlich?

Katalanisch ist eine sehr alte Sprache. Sie ist älter als das Land Spanien und geht, wie alle romanischen Sprachen, bis auf die Zeit zurück, in der die Römer sich hier niederließen. Das Vulgärlatein stellt sozusagen den Boden dar, auf dem, gemischt mit den Sprachen der iberischen Ureinwohner, diese ganze eigene Sprache entstand. Aber auch eine so alte Sprache hat Dialekte und Variationen.

In den Küstengebieten, in denen die Römer am dichtesten siedelten, entwickelte sich ein anderer Dialekt, als dort, wo der Einfluss der Römer weniger dicht war und später noch der Einfluss des Mozarabischen, einer Variation des Arabischen, die weiter unten im Süden der Iberischen Halbinsel gesprochen wurde, hinzukam.

Die Verbreitung der katalanischen Sprache:

Mallorca war im Mittelalter eigentlich fest in arabischer Hand – bis die Katalanen kamen. In vielen blutigen Schlachten rissen sie jedoch schließlich diese kleinen Inseln vor ihrer Haustür eine nach der anderen an sich und vertrieben die maurischen Herrscher von den Balearen. Zu groß war die Bedrohung der Dörfer an der katalanischen Küste, der Costa Brava, Überfälle durch Araber und im Mittelmeer ihr Unwesen treibende Piraten standen auf der Tagesordnung. Die Eroberung der Balearen brachte also Sicherheit und gleichzeitig auch die Aussicht von hier aus den Seehandel weiter und besser vorantreiben zu können.

Mit den katalanischen Erobern kam so auch die Sprache auf die Inseln. Nach Mallorca folgten, Menorca, Formentera und Ibiza, Sardinien, etc. Die Katalanen eroberten weite Teile des Mittelmeers.

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Auch das im Süden Frankreichs liegende Roussillon gehörte lange Zeit zu Katalonien. Nach dem französisch – spanischen Krieg fiel mit der Unterschrift des Pyrenäenfriedens 1659 das Roussillon an Frankreich. Ein harter Schlag für die Katalanen. Außer Katalanisch war dies auch das Gebiet des Okzitanischen, dem ehemaligen Provençal der Troubadoure. Noch heute gibt es dort einige Katalanischsprecher, aber es werden immer weniger.

In den achtziger Jahren kam es in Valencia zu einer rechtsorientierten Bewegung, die versuchte, Valencianisch als eigenständige Sprache, unabhängig vom Katalanischen, zu propagieren. Linguistisch gesehen ist das völliger Blödsinn. Kein Sprachwissenschaftler würde diese beiden regionalen Dialekte (die in Valencia und die in Barcelona gesprochene Varietät) als unabhängige Sprachen betrachten. Viel zu gering sind die kleinen Unterschiede in Wortwahl oder Aussprache. Als Vergleich: Der Unterschied zwischen der in Valencia und der in Barcelona gesprochenen Varietät des Katalanischen ist ungefähr so groß wie zwischen dem Deutsch, das man in Berlin oder in Wien spricht. Sicher es gibt Unterschiede, aber die Sprecher können sich noch mühelos verstehen. Da sind die Unterschiede zwischen einigen regionalen Sprachen wie Kölsch oder Bayrisch wesentlich größer. Diese valencianische Idee einer eigenen Sprache hatte politische, keine linguistischen Hintergründe. Das Thema hat mich damals an der Uni echt fasziniert, aber das hier auszuführen, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Vielleicht ein anderes Mal …

Soll man alte Sprachen und Traditionen erhalten? 

Manche Menschen sind der Meinung, dass alles Alte irgendwann überholt ist und aussterben muss, andere krallen sich wiederum an alten Traditionen fest und sind blind für neue Entwicklungen. Ich finde es schön und wichtig, die kulturellen Wurzeln nicht zu vergessen und sich für die Erhaltung von Sprachen und Traditionen einzusetzen. Viel zu viel Kultur geht heute im Einheitsbrei der meist aus Amerika herüberschwappenden Dominanzkultur unter. Warum nicht alte Legenden und Geschichten bewahren? Sicher, man darf nicht in der Entwicklung stehen bleiben, alles ändert sich irgendwann. Aber man muss ja auch nicht einfach alles über Bord werfen, nur weil es nicht mehr der letzten Mode entspricht.

So wichtig der Erhalt von Sprachen für mich ist, noch wichtiger finde ich das Kommunizieren der Menschen miteinander. Sobald Leute aus verschiedenen Ländern aufeinandertreffen, muss man eine gemeinsame sprachliche Basis finden, und das ist nicht immer die eigene Muttersprache. Bei allem Einsatz für Sprache und Tradition sollte man aufpassen, keine neuen Mauern zu bauen. Es geht um das Miteinander, um das offen sein für andere Kulturen. Zugegeben, es ist nicht immer einfach, aber ich glaube, es lohnt sich.

Born Katalanisch Sprache Barcelona

Noch ein paar Dinge, die Du über Katalonien wissen solltest:

    • Als einzige Region Spaniens hat Katalonien den Stierkampf per Gesetz verboten. Eine der beiden ehemaligen Stierkampfarenen in Barcelona ist heute ein Einkaufszentrum.

Barcelona Las Arenas Stierkampf

    • Das einzige Land in dem Katalanisch offizielle Amtssprache ist, ist übrigens Andorra. In Spanien ist Katalanisch eine offizielle regionale Amtssprache in Katalonien, auf den Balearen und noch einigen anderen Gebieten.

Sardana Barcelona Festas de Gracia

      • In Katalonien tanzt man traditionell die Sardana, nicht Flamenco. (Obwohl natürlich eine der bekanntesten Flamencotänzerinnen, Carmen Amaya, aus Barcelona stammte!)  🙂
      • Die Uhrzeit liest man hier in Vierteln: 8.30 Uhr, also halb neun, sind zum Beispiel „dos quarts de nou“ (zweiviertel neun)

Cardedeu Rathaus Uhr

      • Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz zum Schlange stehen: Sobald man hier einen Laden betritt, fragt man, wer der Letzte ist „Qui es l’últim?“, um sich das Gesicht zu merken und zu wissen, wann man selbst dran ist. Kommt noch jemand in den Laden, wird der dasselbe fragen und man ist dran mit „jo“ (ich) zu antworten.
      • Katalanischer Nationalfeiertag ist der 11. September. Die Katalanen feiern an diesem Tag jedoch keinen Sieg, sondern den Fall Barcelonas, das 1714 in der Folge des Spanischen Erbfolgekriegs belagert, besiegt und fast dem Erdboden gleichgemacht wurde. Mit dieser Niederlage der Stadt Barcelona war es auch mit der katalanischen Unabhängigkeit endgültig vorbei.

(* Zahlen stammen aus: www.idescat.cat  |  www.plataforma-llengua.cat La población residente en Cataluña a 1 de enero de 2015 era de 7.508.106 habitantes )