Mitten in der Nacht stehe ich allein auf einem Flughafen in Afrika. Ich bin in Dakar gelandet. Eigentlich wollte Alexis, ein Freund, der hier lebt, mich abholen. Merkwürdigerweise bin ich überhaupt nicht panisch, als er nicht gleich am Ausgang auf mich wartet. Alles ist irgendwie easy und scheint so zu sein, wie es sein soll. Also warte ich einfach an einer der Absperrungen, und halte nach seinem Scooter Ausschau. Als er mit etwas Verspätung eintrifft, quatscht mich gerade ein Typ mit nur einem Arm voll. Ich verstehe nur Bahnhof, aber ich vermute mal, dass er Geld will. Taxifahrer ist er jedenfalls nicht, die sagen nämlich nur ein Wort „taxi?“ Doch da kommt Alexis  schon angerannt, zu Fuß und total aus der Puste, weil ich viel früher als erwartet durch die ganzen Immigrationspapier-Warteschlangen durch bin.

Die uniformierten Herren am Flughafen waren voll nett. Wir haben sogar über mein nicht sonderlich gelungenes Foto für das Visum gescherzt  – morgens um 2 ist nicht wirklich meine fotogenste Tageszeit.

Doch nun ist Alexis da und ich bin müde aber überglücklich. Alexis arbeitet hier in Dakar für ALIMA, eine NGO, die sich um die medizinische Versorgung der Ärmsten in verschiedenen Krisenzonen in ganz Afrika  kümmert, besonders um Mangelernährung bei Kindern. Ich finde das bewundernswert. Auf dem Weg zu ihm nachhause quatschen wir natürlich gleich drauflos. Immerhin haben wir uns schon ein paar Jahre nicht mehr gesehen. Wie geht s der Familie? Was macht der, wo steckt die?… Irgendwann gegen zwei Uhr morgens gehen wir dann todmüde ins Bett.

Senegal Dakar Centre

Am nächsten Morgen werde ich erstmal allen Leuten hier im Viertel vorgestellt. Ich kann mir natürlich keinen einzigen Namen merken und lächle einfach freundlich mit einem Dauergrinsen im Gesicht. Während Alexis ins Büro muss, habe ich Zeit die Stadt zu erkunden. Mein erster Ausflug Downtown führt mich an die Place de l’Independance. Einen Stadtplan habe ich leider nicht, also gucke ich mich erstmal um und versuche dabei nicht so orientierungslos zu wirken, wie ich mich gerade fühle.

Um irgendwas zu tun und nicht doof stehen zu bleiben, drehe ich entschlossenen Schrittes eine Runde um den Platz. Am unteren Ende, Richtung Hafen, scheint so etwas wie eine Touristeninformation zu sein. Als ich dort ankomme ist der Kiosk, oder was das mal war, allerdings völlig Schrott und natürlich kein Mensch da. OK, hier gibt es also keine Infos. Als nächstes versuche ich mein Glück an einem Zeitungsstand. Stadtplan? Der Typ guckt mich verständnislos an, als ob das eine saublöde Idee wäre, mit der ich da ankomme.  Hmm. Hier geht es also auch nicht weiter.

Ich laufe also einfach ein paar Straßen hoch und runter, links und rechts und gucke mir alles an. Schnell habe ich eine Art Priester an der Backe, der mir von seinem Marabou erzählt und sagt, er brauche Geld, um Reis für die Kinder zu kaufen. Er rechnet mir genau vor, wie viel Reis er braucht und wie teuer das ist. Mit dem Umrechnen von CFA Francs und Euros hab ich es noch nicht so drauf und ich verstehe – mal wieder- nur die Hälfte von all dem, was er mir erzählt. Das liegt aber nicht nur an dem ungewohnten Akzent, den er spricht, sondern hauptsächlich daran, dass er tierisch stottert. Mehr als hmm- Laute kann ich zu seinen Geschichten also nicht beisteuern.

Das Gespräch ist recht einseitig. Ich solle ihm bitte bloss nicht erzählen, dass ich kein Geld hätte, meint er. Er hat nämlich gesehen, wie ich einen der vielen Telefonkartenverkäufer nach einer SIM Card mit Internet-Verbindung gefragt habe.  Meine senegalesische Telefonkarte funktioniert nämlich nicht. Da muss ich noch irgendwas freischalten – aber was? Wenn sie denn irgenwann funktionieren würde, könnte ich ja mit Hilfe der ein oder anderen App meinen Weg durch die Stadt finden.

Schließlich gebe ich dem Priester eine 2 Euro Münze, die ich noch in der Tasche habe, und mache mich auf den Weg zum Institut Français. Er begleitet mich, immer noch freundlich auf mich einquatschend, bis vor die Tür.  Drinnen stehe ich erstmal wieder vor einem Tisch mit uniformierten Männern.  Stadtplan? Infos ? Fehlanzeige.  Langsam gewöhne ich mich an den Gedanken, mich ausschließlich nach dem Stand der Sonne und markanten Gebäuden zu orientieren.

Dakar Senegal Chambre de Commerce

Als ich aus dem Institut Français wieder herauskomme ist mein Priester weg. Ich schlendere also gemütlich allein weiter und entdecke ein sehr europäisch aussehendes Café. In der Hoffnung dort WIFI Empfang zu haben, geh ich rein. Das vollklimatisierte  und sehr edel wirkende Café hat auch sehr edle Preise. Ein einfacher Kaffee kostet so viel wie meine Fahrt mit dem Taxi von Yoff ins Stadtzentrum. Aber es gibt Internet. Am Nachbartisch sitzen zwei Spanier. Schnell kommen wir ins Gespräch und es stellt sich raus, dass sie auch aus der Gegend um Barcelona stammen. Katalanen also.

Nachdem ich meine Mails gecheckt habe, geht es weiter. Ich mache mich auf den Weg zu einem der Märkte im Zentrum, laut Reiseführer einer der traditionellen senegalesischen Märkte. Mal sehen. Das alte Stadtzentrum ist relativ klein und man kann alles gut zu Fuß erledigen. Prompt laufe ich schon nach ein paar Metern wieder meinem Priester in die Arme. Der freut sich, dass wir uns so schnell wiedersehen. Das sei ein Zeichen, meint er, und begleitet mich auf den Markt. Sofort habe ich drei weitere hilfbereite Verkäufer im Schlepptau. Ich gucke mir die Taschen, Hemden, bunte T-Shirts, gebatikte Hosen und hölzerne Figuren an, aber kaufen will ich nix. Jedenfalls  nicht mit der Meute in meinem Rücken.

place de la independance dakar senegal

Da ich für eine Freundin Stoffe mitbringen soll, frage ich danach. Fehler. Hier auf dem Markt hätten sie die zwar nicht, aber in einer Fabrik gleich um die Ecke, könnten sie mir die schönsten Stoffe zeigen. Mein freundliches Ablehnen wird einfach ignoriert. Ich bahne mir also einen Weg raus aus dem Markt, auf die Straße. Die vier Typen immer noch im Schlepptau. Als ich versuche zu erklären, dass ich keine Zeit für die Fabrik habe, weil ich nach Fann muss, wollen sie mich zur Bushaltestelle begleiten. Der Bus fährt angeblich nämlich zufällig genau neben der Fabrik mit den Stoffen ab.

Jetzt reicht es mir aber. Freundlich, aber jetzt doch sehr bestimmt, verabschiede ich mich und hüpfe in das nächstbeste Taxi.

dakar senegal

Fortsetzung folgt.