Erdgeschichte Museu Blau

Gleich im Eingang des Museu Blau blicke ich einem Finnwal direkt in die Augen. Na ja nicht wirklich in die Augen, denn der arme Wal ist leider nur noch ein Skelett. Aber ein sehr beeindruckendes. Das wundervolle Tier ist vor über hundert Jahren eines schönen Sommertages einfach in Llança an den Strand geschwommen – und dort verendet. Ich wußte gar nicht, dass es im Mittelmeer so große Wale gibt! Aber scheinbar schwimmen sie im Juni öfter mal hier entlang. Besonders oft werden angeblich Finnwale gesichtet, aber ab und zu treiben sich hier sogar Grindwale und Pottwale rum! Da werde ich nächsten Sommer gleich mal weiter raus tauchen :-)!

Schon mal auf „Natur“ eingestimmt, begebe ich mich also in die Ausstellung des Museums, Planet Leben. Wie auf diversen Tafeln und Videos erklärt wird, geht es darum, den engen Zusammenhang in der Entwicklung der Erde und ihrer Bewohner aufzuzeigen. Alle Lebewesen, besonders wir Menschen, beeinflussen nämlich die Veränderungen auf unserem schönen blauen Planeten (jedenfalls nach der von James Lovelock aufgestellten Theorie Gaia).

Der blaue Planet „Leben“

Museu blau Barcelona Fossilien

Die Zeitreise durch die Geschichte der Erde beginnt mit einer großen Weltkugel, auf der die Erdteile noch in einem Superkontinent vereint sind. Die Welt ist mindestens so groß wie ich, wenn nicht sogar noch ein Stück höher. Oben auf dem Globus läuft eine Art Uhr, die die Jahre zählt. Langsam trennen sich die Kontinente. Ich muss echt lange überlegen, bis ich erkenne, was hier wohl was werden wird. Erst kurz vor „Null“ kann ich das Mittelmeer und Europa erkennen. Ich wußte gar nicht, dass das Mittelmeer so jung ist! Praktisch noch ein Erdenbaby.

Dann geht es weiter durch die geologischen Zeitalter. Mit Steinen, Fossilien, Skeletten, Filmen und Touchscreens wird die Entwicklung des Lebens erzählt. Sobald wie durch Zauberhand Sauerstoff auf der Erde entsteht, erscheinen auch die ersten Bakterien. Kurz danach, also nur ein paar Millionen Jahre oder so später, schwabbeln die ersten Einzeller durch’s Wasser. Und dann geht es immer schneller. Die Vielfalt der Pflanzen und Tiere nimmt „rasant“ zu.

Es gibt viele Tiere und Pflanzen, die längst ausgestorben sind – komisch gepanzerte Fische oder natürlich auch die Dinosaurier. Aber es gibt auch Lebewesen, die sich in so vielen Jahrtausenden bis heute überhaupt nicht verändert haben, wie der Ginkgo. Das ist ein Baum, den die Wissenschaftler „lebendes Fossil“ nennen.

In der Ausstellung gibt es Mineralien, Pflanzen, Tiere, Pilze, Algen ja sogar Mikroben zu sehen! Vieles darf man auch anfassen. Schulkinder toben mit ihren Heften um mich herum und probieren riesige Computer-Lupen aus, sehen sich Filme an oder lauschen in einer Chill-Ecke den Geräuschen des Waldes.

Knochen Museu Blau Barcelona

Die Vitrinen mit Exponaten, die nicht zum Anfassen gedacht sind, wirken wie eine Wundertüte oder „ein Kessel Buntes“. Sie sind nämlich thematisch sortiert, so dass man zum Beispiel alle Raubtiere zusammen gestellt hat: da gibt es natürlich Löwen, aber auch Raubfische und Raubvögel. Sogar ein ganz kleines, wurmartiges Ding, das nicht mal so lang ist wie mein Finger und sehr dünn. Schwer vorstellbar, dass das ein gefährliches Raubtier sein soll, aber da wo es lebt, ist es für seine Opfer sicher furchterregend.

Kontinente entstehen - Museu blau

Wußtest Du, dass der Ameisenbar auch ein Raubtier ist?

Ameisenbär Naturkundemuseum Barcelona

Bei den Samen lerne ich, dass ein besonders lustig, gelb leuchtendes Ding von einer sehr cleveren Pflanze abstammt. Der Samen ist wohl zu schwer, um mit dem Wind fortgeweht zu werden. Da die Pflanze ja auch nicht laufen kann, hat sie ihre „Nachkommen“ so lecker bunt gefärbt, dass die Vögel sie liebend gern fressen. Und wenn sie die dann verdaut haben… keine dumme Idee, oder?

Besonders spannend ist auch eine Ecke zum Thema „soziales Verhalten“. Da gibt es echt pfiffige Tricks, wie kleine Fische oder Hirsche ihren Samen „unterbringen“, obwohl die Weibchen die großen, starken Männlein bevorzugen. Und dann erscheint da plötzlich noch eine Frage im Raum, die mich nachdenklich macht…

„How many friends can you have?“ Ja, wieviel Freunde hab ich so als Mensch eigentlich? Laut den wissenschaftlichen Erklärungen liegt die ideale Zauberzahl sozialer Gruppen bei 150. Wer gehört eigentlich alles zu meiner sozialen Gruppe? Familie, enge Freunde, Kollegen? Und was ist mit den tausenden, oberflächlichen sozialen Kontakten, die jeder, der in einer Großstadt lebt, automatisch hat? Ist so viel Mensch noch gut für den Menschen? Ich fange an zu philosophieren….

Achtung: Giftig!

Über eine Stunde bummle ich durch die Sammlung des Museums. In einem anderen Teil des Gebäudes gibt es wechselnde Ausstellungen. Jetzt gerade gibt es eine über giftige Tiere und Pflanzen. „Alles ist Gift. Nichts ist Gift. Es kommt allein auf die Dosierung an.“ steht auf der ersten Tafel, an der ich vorbeikomme. Oha, aber stimmt eigentlich. Wenn ich überlege, dass wir Salz zum Beispiel zum Leben brauchen, aber eine ganze Tasse davon auf einmal zu essen würde uns umbringen. So habe ich das noch gar nicht gesehen. Gleich etwas beruhigter, mache ich mich also auf zu den Giftspritzern.

Giftschlange (Dendroaspis viridis) Grüne Mamba
Mamba verde (Dendroaspis viridis) Grüne Mamba

Dendrobates azureus Blauer Pfeilgiftfrosch
Granota de punta de fletxa verinosa blava (Dendrobates azureus) Blauer Pfeilgiftfrosch

Da gibt es winzigkleine, knallbunte Frösche, die mit ihren Alarmfarben jeden potentieller Fresser schon von Weitem abschrecken. Aber auch ein paar giftige Schlangen schnarchen hier in aller Ruhe im Terrarium. Eine finde ich besonders schön. Sie ist relativ kurz, nur ungefähr so lang wie mein Arm, aber dafür ziemlich dick. Giftschlangen sind ja eigentlich eher dünn und quietschbunt, wie die Giftfrösche. Diese ist irgendwie anders. Sie hat kleine Hörner vorne neben den Nasenlöchern (?) und mega starke Zähne, die so hart sind, dass sie damit sogar einen Elefanten beißen und töten kann!

Museum Barcelona (Bitis gabonica rhinoceros) Gabunviper
Vibora / Escurçó de Gabon (Bitis gabonica rhinoceros) Gabunviper

Die berühmte schwarze Witwe ist übrigens total klein! Ich musste richtig suchen, um dieses kleine Ding da überhaupt zu sehen! Aber es kommt ja nicht auf die Größe an. Dieses kleine Tier kann unter gewissen Umständen sogar Menschen umbringen (allerdings nur in einem von tausend Fällen).

Schwarze Witwe Giftige Spinne Museum Barcelona
Schwarze Witwe

Die meisten Giftspritzer sind Reptilien, Amphibien oder Gliederfüsser (also Insekten, Spinnen, Krebse, Skorpione). Unter den Säugetieren gibt es nur vier Giftzwerge – ausgerechnet das süße Schnabeltier hat Giftsporne an den Hinterfüßen! In Asien gibt es dann noch einen niedlichen Zwergaffen, der ein Sekret im Arm produziert, das sich in Verbindung mit seiner Spucke zu einem Gift verwandelt. Er schmiert sich praktisch mit Gift ein, um nicht gefressen zu werden. In den USA gibt es eine Kurzschwanzzwergmaus mit Giftzähnen, und in Europa haben wir eine Wasserspitzmaus. Das war es dann aber auch mit den Säugetieren.

Was aber alle diese Giftviecher gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass sie überhaupt nicht angriffslustig sind. Das Gift ist ihre Waffe zur Verteidigung oder ihr Jagdwerkzeug zur Nahrungsaufnahme. Entsprechend sparsam gehen sie damit um. Fast alle Giftschlangen setzen erst mal auf Drohgebärden, Rasseln oder Fauchen, um potentielle Feinde abzuschrecken. Zubeißen ist wirklich das letzte  Mittel, zu dem sie greifen.

Und dann sind da ja noch die Pflanzen, Pilze und Gesteine:

Fliegenpilz Gift Museu blau Barcelona

Wußtest Du, dass der Fliegenpilz, Fliegenpilz heißt, weil sein Gift die Fliegen umbringt? Auf Spanisch heißt er Matamoscas (Fliegentöter). Während Menschen nach dem Genuss eines solchen Pilzes einen fetten Rausch kriegen, sterben die kleinen Fliegen, wenn sie bloss an dem rot-weißen Ding knabbern! Überraschungsinfo bei meiner Recherche: In Japan und sogar in Hamburg wird der Fliegenpilz manchmal sogar verspeist. Nee, oder?

Sehr lustig fand ich den Giftschrank: Noch vor gar nicht allzulanger Zeit konnte man in jeder Apotheke Koks, Heroin, Opium und andere Rauschgifte frei kaufen! Da hatte man die Auswirkungen dieser Stoffe noch nicht so ganz durchblickt. Im Vatikan gab es sogar Koks-Wein!

gifte drogen Museum naturkunde

Diese komische Wurzel, die wie ein verschrumpeltes Mini-Menschlein aussieht, ist übrigens eine Mandragora, auf deutsch Alraune. Ich dachte, die gäbe es nur bei Harry Potter. Aber diese Pflanze gibt es wirklich und sie ist von oben bis unten (also Blätter, Wurzeln, alles) voll giftig.

Giftig Alraune Wurzel Mandragora Museu blau

Zum Abschied drehe ich noch eine kurze Runde, außen um das Museum herum. Es liegt fast direkt am Meer, aber nicht ganz. Dazwischen ist noch ein großer Parkplatz. Erst jetzt geht mir auf, warum das Museum „blau“ heißt (die Farbe nennt man auf Katalanisch wie auf Deutsch: blau): Es geht um den blauen Planeten, es liegt am Mittelmeer und das Gebäude selbst ist (dunkel-) blau!

Museu blau Barcelona Architektur

Der Entwurf des Museu Blau stammt übrigens aus der Feder von Herzog & de Meuron, die auch das Olympia-Stadion in Peking, die Tate Modern in London und die Hamburger Elbphilharmonie (!) geplant haben.

giftig Schlange (Crotalus polystictus) - Mexikanische Lanzenkopf-Klapperschlange
Cròtal banyut de Schlegel (Crotalus polystictus) – Mexikanische Lanzenkopf-Klapperschlange

giftig (Bombina orientalis) - Chinesische Rotbauchunke
Gripau de ventre de foc (Bombina orientalis) – Chinesische Rotbauchunke

Giftig (Rhaebo guttatus) - Echte Kröte
Gripau daurat (Rhaebo guttatus) – Echte Kröte

giftige Spinne Museu blau
Vogelspinne

Minerale Museum Blau Barcelona

Raubtiere Museum Naturkunde

Fisch Museu blau Barcelona
Raubtiere

Museu blau fossilien Gesteine Barcelona

Krokodil Fossil Mittelmeer - Museum Naturkunde Barcelona
Krokodil – Fossil aus der Kreidezeit

Viren und Bakterien - Mikroben Modell Museum Barcelona

Sogar Bakterien, Mikroben und Viren werden erklärt!

Mikroben Museu Blau Barcelona

Museu blau Barcelona Fossile Zähne

Museu Blau soziales verhalten naturkunde
Spannende Frage, oder?