Es war einmal vor langer, langer Zeit, da lebte ein König in einem kleinen Reich, weit oben in den Bergen. Oft saß er am Fenster seines Schlosses in Olite und sah in den schönen Garten hinab. Carlos der Edelmütige liebte die Geschichten um König Artus und die Ritter der Tafelrunde, besonders Lanzelot, nach dem er sogar einen seiner Söhne benannte. Er bewunderte die Kunst und die Architektur und ließ viele prachtvolle Paläste bauen.

Olite Palacio REal Navarra Spanien

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Carlos II, el malo:

Carlos Vater, König Carlos II der Böse, war ein grausamer Herrscher. Den Beinamen hatte er sich offensichtlich wirklich verdient, denn der alte König schien beleibe kein angenehmer Zeitgenosse gewesen zu sein. Selbst für das an raue Sitten gewöhnte Mittelalter galt er als übler Charakter. Ständig in Querelen verwickelt, brutal, skrupellos und sprunghaft sei er gewesen, sagen die Legenden.

Die meiste Zeit verbrachte Carlos el malo im nördlichen Teil Navarras. Die Menschen dort, ihr Stil und ihre Umgangsformen waren von dem benachbarten Reich der Franken beeinflusst. Das gefiel dem Herrscher, der mit dem französischen Königshof eng verwandt war. König Louis X war sein Großvater mütterlicherseits.

Lange Zeit konnte die Adeligen und Gutsbesitzer im südlichen Teil Navarras ziemlich frei schalten und walten, denn Carlos II war eher am Geschehen bei Hofe in Paris interessiert. Nachdem der Herrscher von Navarra jedoch bei einer Schlacht im Laufe des Hundertjährigen Krieges vernichtend geschlagen worden war, musste er seine Gebiete in der Normandie (Évreux) abtreten. Auch seine Ansprüche auf den französischen Thron musste er nun endgültig fallen lassen. Wutschnaubend zog sich Carlos el malo nach Pamplona zurück.

Carlos III, el noble:

Sein Sohn Carlos der Edelmütige folgte ihm auf den Thron. Nachdem der Herr Papa die Reihen der Adeligen südlich der Pyrenäen von Aufmüpfigen und rebellischen Widersachern gereinigt hatte, herrschte unter Carlos III Ruhe und Frieden. Während seiner Regenschaft erlebte Navarra einen gewissen Wohlstand und blühte für kurze Zeit richtig auf. Auch wenn die französischen Territorien in der Normandie verloren waren, erstreckte Navarra sich noch immer auf beide Seiten der Pyrenäen. Als der gute Carlos um 1400 die Festung von Olite erweitern liess, machte er aus der kleinen Burg einen prächtigen Sommerpalast nach französischem Stil. Seine Verehrung der romantischen Literatur und der Artussage spiegelt sich auch im Namen eines der Türme wieder: Guardia Joyosa war der Name einer Burg in der Geschichte über Ritter Lanzelot und seine Suche nach dem Heiligen Gral.

olite palacio real guardia joyosa prinzessinnen turm navarra spanien vorn rechts: Torre Joyosa Guarda

Palacio Real de Olite

Wie in einem Märchenschloss ragen die Türme und Mauern der Burg inmitten der kleinen Stadt in den Himmel. Schnell eilen wir durch die Gassen, um die historische Burg noch bei Tageslicht zu erleben. Wie schon gestern und vorgestern ist auch dieser Tag in Navarra wieder viel zu schnell vorbeigegangen. Doch wir sind noch rechtzeitig da. Fran, unser immer gut gelaunter Guide, hat es tatsächlich geschafft, uns bei absolut traumhaftem Licht kurz vor Sonnenuntergang auf die Burg zu bringen. Bewundernde Laute, Ahs und Ohs, ertönen von allen Seiten angesichts der umwerfenden Schönheit dieser märchenhaften Türme.

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Ein Anblick wie aus dem Bilderbuch. Dornröschen und Rapunzel würden hier sofort einziehen wollen. Ich wäre auch nicht abgeneigt. Der Burg merkt man die französischen Manieren ihres Erbauers durchaus an. Der Palast von Olite ist mehr Château als Festung. Der edelmütige Carlos hat wirklich an nichts gespart. Keinen Luxus haben die Baumeister hier ausgelassen. Ein ausgeklügeltes System an Heizungsrohren verläuft in den Mauern und sorgte dafür, dass der König auch im Winter nicht fror. Ein riesengroßes, gemauertes Ei wurde mit Schnee und Eis gefüllt und diente als Kühlschrank. Sogar fließendes kaltes und warmes Wasser hatten die Bewohner der Burg. Nur leider lebten sie nicht sehr lange, denn damals wusste man noch nicht, dass die Wasserleitungen aus Kupfer das Trinkwasser vergiften.

Olite palacio real

Im Prinzessinnenturm, der Torre Joyosa Guarda, schaue ich aus einem wunderschön verschnörkelten Fenster auf die Stadt hinunter. Auch wenn der Turm atalaya, also Wachturm genannt wurde, diente der Ausblick eher der Kontemplation als zur Verteidigung. Denn zur Abwehr hätte der Blick über die Mauern der Stadt hinaus führen müssen, statt auf die Häuser und Gärten von Olite. „Die in sich verschlungenen Schlaufen waren übrigens ein von den Kelten abgegucktes Symbol der Unendlichkeit und das königliche Siegel Carlos III“, erklärt Fran und zeigt auf die verschnörkelten Schleifen des Fensters über mir.

Olite lanzelot fenster navarra spanien

Schade, dass die Wandmalereien, Teppiche und Möbel nicht mehr erhalten sind. Zu gern würde ich durch diese prachtvollen Säle wandeln, die Carlos in einer bunten Mischung aus französischer, spanischer und maurischer Kultur eingerichtet haben soll. Egal wohin ich mich wende, ich habe hier dauernd das Gefühl mich gleich zu verlaufen. Es gibt so viele verschiedene Ebenen, Durchgänge, Treppen und Säle, dass ich mir wie in einem verwunschenen Labyrinth vorkomme. Mit den herbstlich bunten Blättern, die romantisch an den Mauern entlang klettern, ist der Palast von Olite wirklich ein total verträumtes Märchenschloss. Symmetrie spielte beim Bau sicher keine große Rolle. Vielmehr als einem Plan folgten die Umbauarbeiten eher den Gegebenheiten der bereits vorhandenen Gebäude und dem Geschmack und Geldbeutel des Königs. Kein Wunder also, dass am Ende so ein zauberhafter Irrgarten dabei herausgekommen ist.

Olite palacio real

Nicht lange nach dem Tod Carlos III setzt jedoch der Niedergang des Reiches von Navarra ein. Seine Tochter Blanca, die ihm auf den Thron folgt, heiratet Juan II de Aragón. Ihr Sohn Carlos de Viana wächst in dem wunderschönen Palast in Olite unter der Aufsicht seines Großvaters auf. Die Beziehung zwischen Carlos de Viana und seinem Vater ist zeitlebens sehr gespannt, denn es kommt ständig zu Streitereien um die Krone von Navarra. Nach dem Tode Carlos IV, des Prinzen von Viana, entbrennt prompt ein Erbfolgestreit in der nachfolgenden Generation. Der Streit endet erst, als Fernando el Católico 1512 Pamplona erobert und Navarra seine Eigenständigkeit für immer verliert. Das letzte Königspaar von Navarra flieht nach Frankreich und kehrt zeit ihres Lebens nicht mehr zurück.

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Nützliche Infos zu Olite

Adresse Palacio Real de Olite: 
Plaza Carlos III El Noble
31390 Olite (Navarra)

Öffnungszeiten: 10-18 Uhr
Eintritt: 3,50 Euro

Olite palacio real

Olite (auf Baskisch Erriberri) wurde schon von den Westengoten im siebten Jahrhundert nach Christus, vermutlich auf den Überresten einer noch älteren Siedlung aus der Römerzeit, gegründet. Im Mittelalter erhielt der kleine Ort irgendwann die Marktrechte. Carlos III baute zwischen 1388 und 1424 die vorhandene Festung aus und machte aus Olite die Residenz der Könige von Navarra. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts fanden umfangreiche Restaurierungsarbeiten statt, die nicht unbedingt den Originalzustand, sondern eher den Geschmack der Jahrhundertwende widerspiegeln. Mit dem Verlust der Eigenständigkeit Navarras und der Eingliederung in das Königreich von Kastilien 1512 endet die kurze Blütezeit der kleinen Stadt.

parador olite navarraIm ältesten Teil der Burg befindet sich heute ein Hotel –  Parador

Hotel La Joyosa Guarda
Calle Rúa de Medios, 23
31390 Olite (Navarra)
Website: www.lajoyosaguarda.com

Geschlafen habe ich in Olite im Hotel La Joyosa Guarda. Wie im Turm des Märchenschlosses habe ich mich gefühlt, denn mein Zimmer hatte gar keine Fenster! Schließlich habe ich dann doch ein winziges Butzenfenster dicht über dem Boden, auf Kniehöhe, entdeckt. Dafür sind aber direkt über dem Bett zwei große Fenster in der Decke. Mit einer Fernbedienung habe ich die Jalousien hoch- oder runtergefahren, sodass ich direkt unter dem nächtlichen Sternenhimmel schlafen konnte!

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Restaurante Merindad de Olite
Calle Rúa Judería, 11
31390 Olite (Navarra)
Website: restaurantemerindaddeolite.com

Traditionelle Küche, sehr lecker, frisch gekocht und eine super nette Bedienung. Unbedingt probieren musst Du die torrijas de leche, ein einfacher, traditioneller Nachtisch aus Brot und Milch. Die torrijas schmecken so ähnlich wie Armer Ritter, nur eben auf Navarra-Art.

torrijas de leche

Ein kurzer Blick in die Geschichte Navarras

  • Carlos II el malo, Karl der Böse, 1332 -1387, König von Navarra, verliert 1364 bei der Schlacht von Cocherel die nördlichen Territorien
  • Carlos III el noble, Karl III der Edelmütige, 1361 -1425, König von Navarra von 1387-1425
  • Seine Tochter Blanca I de Navarra wird 1416 in Olite zur Thronfolgerin ernannt und wird nach seinem Tod Königin von Navarra. Bereits verwitwet heiratet sie mit 35 Jahren in zweiter Ehe den 22 Jahre jungen Juan II von Aragón (1398-1479). Als Sohn des Fernando de Trastamara hatte Juan selbst viele Adelstitel inne, unter anderem König von Aragón und Graf von Barcelona (Neffe Martin des Humanen).
  • Carlos IV (1421 – 1461) “rey titular” von Navarra von 1441–1461. Wächst in Olite unter der Aussicht seines Opas Carlos III auf, der ihm den Titel Principe de Viana verleiht.
  • Da Carlos IV aus seiner Ehe keine legitimen Kinder hat und die illegitimen Söhne nicht zu seinen Nachfolgern ernennt, geht nach seinem Tod der Königstitel an seine Schwester Blanca II.
  • Unter den nachfolgenden Generation und Geschwistern kommt es zu einem langwieriger Erbfolgestreit.
  • Catalina de Foix (1468/70-1517) ist die letzte Königin von Navarra.

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Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von Turismo Navarra eingeladen wurde. Die hier dargestellte Meinung ist davon unbeeinflusst und beruht ausschließlich auf meinen ganz persönlichen Ansichten.