Braun, Rot und Orange leuchtet es im Sonnenschein. Herbstliche Farben, wie in die Landschaft gepinselt. Dazwischen stehen brav und still die Gebäude des ehemaligen Klosters. Denn Mönche waren es, die vor vielen Hundert Jahren als Erste damit anfingen, hier Wein anzubauen. Jetzt im November sind die letzten Trauben längst geerntet. Die Weinstöcke dürfen sich ausruhen, bis sie im nächsten Frühjahr wieder neue Früchte wachsen lassen werden.

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Sandra Guevara arbeitet schon lange hier und führt uns durch das Weingut Otazu, eines der bekanntesten Weingüter Navarras. Den Anfang machten also einst die Mönche, die diese Ländereien der Grafschaft von Otazu im zwölften Jahrhundert bewirtschafteten. Doch im neunzehnten Jahrhundert brach eine schwere wirtschaftliche Krise über ganz Europa herein, ausgelöst von der winzigen Phylloxera. Auch hier bereitete die gemeine Reblaus dem Weinanbau ein abruptes Ende. Nicht nur die Ernte eines Jahres, sondern ganze Weinberge fielen diesem Schädling zum Opfer.

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Auch auf Otazu musste man den Weinanbau aufgeben. Zu kostspielig war es, neue Pflanzen aus Amerika zu besorgen und nur wenige Weinbauern hatten das Geld, lange Zeit ohne Ernteeinkünfte überleben zu können. In der Folgezeit wechselte Otazu daher mehrere Male den Besitzer. Wo einst Weinreben wuchsen, sprossen nun Getreidehalme aus dem Boden. Die Felder wurden zum Anbau von Getreide genutzt. Erst vor rund zwanzig Jahren kaufte die Familie der heutigen Besitzer das Gut Otazu und begann damit, hier wieder Weinberge anzulegen. Von Anfang an war das Projekt ein voller Erfolg. Die hier produzierten Weine erreichten sofort die höchsten Qualitätsstufen spanischer Weine.

Während Sandra uns die Geschichte des Weinguts erzählt, sind wir an den Weinreben entlang spaziert und stehen nun vor einer alten Kirche. Das muss einst die Klosterkirche gewesen sein. Sandra zückt einen schönen alten Schlüssel und öffnet die Pforte. Knarrend öffnet sich die Tür und wir betreten andächtig die kleine Kapelle. Ein hölzerner Altar aus dem sechzehnten Jahrhundert und eine Madonnenstatue, die an die Moreneta de Montserrat erinnert, zieren die Kirche. Mir gefällt besonders der Altar, der aus einer alten Weinpresse gemacht zu sein scheint.

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Auf dem gesamten Gelände kommen wir immer wieder an Kunstwerken vorbei, die mitten in der Landschaft aus den herbstlichen Weinbergen herausragen. Als wir vor vier mit Wasser gefüllten Würfeln angelangt sind, erklärt Sandra uns diese Installation. Die Würfel waren nämlich ursprünglich mit gefärbtem Wasser gefüllt und sollten die verschiedenen Weine repräsentieren, die hier produziert werden. Ohne Farbe, also transparent, finde ich das Wasser jedoch viel schöner, weil es sich so farblos völlig in die Landschaft einpasst. Wenn das Wasser durchsichtig ist, lässt es die Farben der umgebenden Natur durch sich hindurchscheinen.

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Die Kunstsammlung der Besitzer ist wirklich überall präsent. Nicht nur draußen, auch in den Hallen können wir die verschiedensten Werke moderner Künstler bewundern. Einige dieser Skulpturen haben es sogar auf die Etikette der Weine geschafft. Wie zum Beispiel die Ariadne aus der Sage des Minotaurus. Die beeindruckende Skulptur mit dem Ariadnefaden, der Theseus der Legende nach aus dem Labyrinth herausgeführt hat, ziert die Etiketten des Otazu Sortiments, das wir nun verkosten dürfen.

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Durch die nahen Berge der Sierra de Sarbil und der Sierra del Perdón entsteht hier in Otazu ein Mikroklima. Im Winter und Frühjahr gibt es reichlich Niederschläge, teilweise sogar Schnee. Im Sommer hingegen viele Sonnenstunden und viel Wärme. Auch die extremen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht haben Einfluss auf den Geschmack der Trauben. Die können hier unter optimalen Bedingungen heranreifen und komplexe Aromen ausbilden.

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Weinreben im Herbst Otazu navarra

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In ganz Spanien gibt es nur vierzehn Weingüter, die das höchste Qualitätssiegel spanischer Weine tragen dürfen. Otazu ist eines davon. Seit 2009 werden hier vinos de pago produziert. Im Weinkeller lagern die Holzfässer mit dem edlen Tropfen. Bewacht natürlich wieder von Kunstwerken, wie der Menina. Aber allein schon die Halle selbst ist ein Kunstwerk der Architektur. Eine unterirdische Kathedrale, ein Weintempel, den wir hier betreten. Leise ertönt von irgendwoher sogar die passende Musik. Umwerfend.

otazu navarra

otazu kathedrale des Weines

Geradezu ehrerbietig schreiten wir an den langen Reihen der Holzfässer entlang, bis wir im Archiv  angelangt sind, dem Friedhof, wie sie diesen Platz hier nennen. Denn hier ruhen die edlen Jahrgangsweine hinter verriegelten Toren, in den stillen Nischen, beschützt von schemenhaften Wächtern.

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Infos zur Bodega Otazu

Bodega Otazu
Señorío de Otazu
31174 Otazu, Navarra
Website: www.otazu.com

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Otazu gehört zu den wenigen Weingütern, deren Produkte den Titel Vino de Pago tragen. Vinos de Pago findet man allerdings nicht in allen Weinanbauregionen Spaniens. Manche Regionen arbeiten ausschließlich mit ihrer geschützten Herkunftskennzeichnung D.O. (Denominación de Origen), für die sie hohe Anforderungen festgelegt haben. Im Gegensatz zu den D.O. Kennzeichnungen wird beim Vino de Pago aber immer nur ein bestimmtes Weingut klassifiziert, bei dem sämtliche verarbeiteten Trauben ausschließlich von diesem Weingut stammen müssen. Vinos de Pago findest Du vor allem in Navarra und Castilla La Mancha aber auch in Valencia, Cariñena und Utiel-Requina.

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Lesetipps: Mehr über unseren Besuch auf dem Weingut kannst Du bei Anni lesen: Weingut trifft moderne Kunst. Einen interessanten Artikel zum Thema Vinos de Pago findest Du hier (auf Spanisch): Los mejores pagos de los vinos de pago

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von Turismo Navarra eingeladen wurde. Die hier dargestellte Meinung ist davon unbeeinflusst und beruht ausschließlich auf meinen ganz persönlichen Ansichten.