Parmaschinken ist nicht einfach nur Schinken. Mit so viel Liebe und Mühe wie die Schweinekeulen hier behandelt werden, bis sie endlich das Siegel eines Prosciutto di Parma tragen dürfen, das ist schon eine Kunst.

Parma Schinken Prosciutto di Parma Kathedrale

Es regnet in Strömen, als wir in dem kleinen Ort Langhirano ankommen. Jedes Jahr im September findet hier ein Schinkenfest statt, el Festival del Prosciutto di Parma. Zum größten Teil ist dieses Fest ein Tag der offenen Tür der Schinkenhersteller Langhiranos. Es gibt natürlich auch ein paar Stände auf dem zentralen “Dorfplatz” des kleinen Städtchens, aber da es sowieso regnet, sparen wir uns das heute und fahren gleich zu einem der Schinkenfabirkanten.

Langhirano liegt südlich von Parma und streckt sich am Ufer des kleinen Flusses, der wie die Stadt ebenfalls Parma heißt, entlang. Dieser kleine Ort ist die eigentliche, ursprüngliche Heimat des berühmten Schinkens. Nur Schweine, die hier in der Gegend aufgewachsen sind, und die ausschliesslich mit Gerste, Hafer und Molke gefüttert wurden, dürfen überhaupt erst zur Schinkenproduktion verwendet werden.

Giovanni Bianchi empfängt uns höchstpersönlich bei Pio Tosini, einem eher kleineren Familienbetrieb in Langhirano. Bereits in der vierten Generation stellt Giovannis Familie hier den berühmten Prosciutto die Parma her. Der Chef führt uns höchstpersönlich durch die Anlage und erklärt uns genau, was hier gemacht wird. Der kleine Betrieb legt besonderen Wert auf eine hohe Qualität seiner Schinken. “Unser Produkt besteht nur aus zwei Zutaten: Schinken und Meersalz”. Giovanni betont immer wieder, dass sein Prosciutto ohne irgendwelche Zusätze auskommt. „Hier wird nur mit Naturprodukten gearbeitet. Mehr brauchen wir nicht.“

Gleich am Eingang findet der erste wichtige Schritt statt, nämlich die Qualitätskontrolle der angelieferten Schweinebeine. Das geschlachtete Schwein muss insgesamt schon seine 150 kg wiegen und mindestens neun Monate alt gewesen sein. Konsistenz, Gewicht, Fettgehalt und Muskelmasse werden ganz genau gemessen. Was nicht den hohen Standards Pio Tosinis entspricht, wird zurück ans Schlachthaus geschickt. “Allerdings ist das in den letzten zwanzig Jahren nur äußerst selten vorgekommen.” meint Giovanni. “Wir arbeiten seit Jahrzehnten mit denselben Lieferanten zusammen und die wissen mittlerweile genau, was wir wollen.”

Parmaschinken Prosciutto Herstellung

Im nächsten Schritt wird der Schinken gesalzen. Im Gegensatz zu den spanischen Schinken Serrano oder Bellota, die beide richtiggehend mit Salz überschüttet werden, massieren die Italiener hier mit viel Fingerspitzengefühl das Salz von Hand ein. Das erfordert schon einiges an Erfahrung. Daher übernimmt auch der Capo Salatore, der Salzmeister, diesen wichtigen Job.

Nach fünf Tagen kriegt der Prosciutto seine zweite Salzung, danach hat er dann drei Wochen Ruhe. In riesigen Kühlräumen hat das Salz Zeit, langsam in das Fleisch einzuziehen. Nach  genau fünf Tagen und drei Wochen wird dann das restliche Salz ganz vorsichtig abgewaschen. Jetzt muss der Schinken zwölf Monate trocknen. Zunächst drei Monate in der Kühlkammer, dann neun Monate an der frischen Luft der Emilia Romagna.

In diesem ganz bestimmten Gebiet um Parma herum gibt es ein besonderes Klima. Der Wind kommt sowohl von den Apenninen als auch von der Adria herüber geweht. Diese frische Brise aus den Bergen ist für die Lufttrocknung des Schinkens offenbar besonders gut. Und selbstverständlich werden Giovannis Schinken luftgetrocknet.

Parmaschinken Trocknen Parma

Die Trockentürme können wir heute allerdings leider nicht sehen, weil die jetzt gerade im September leer stehen. Giovanni erklärt, dass die Firma jedes Jahr einen Produktionsstopp hat: Wenn nämlich bei den Schweinen im Frühjahr die Hormone sprießen, verändert sich der Geschmack des Fleischs. Es schmeckt dann scheinbar nicht mehr gut. Statt aber die Tiere mit Impfstoffen oder anderen Hormonen zu behandeln, setzt Giovnni in dieser Zeit die Produkion einfach aus und verarbeitet dieses Fleisch einfach gar nicht. Daher sind in den Trockenräumen jetzt keine Schinken, ein Loch in der Produktion sozusagen. Aber das mit Giovanni in kauf. Die sehr gesund und vernünftig klingende Entscheidung, ist nämlich für den Betrieb sehr kostspielig. “Reich werden kann man mit einer so aufwendigen, natürlichen Schinkenproduktion heutzutage sicher nicht” lacht er. Aber er ist sehr stolz auf die hohe Qualität seines Prosciuttos. Und das ist auch gut so.

Parmaschinken Prosciutto di Parma Pio Tosini
Parmaschinken prosciutto Siegel DOP

Dann dürfen wir die Lagerräume im Keller sehen. Hier riecht es schon sehr deftig nach Schwein. Giovanni öffnet eine schwere Tür – und wir stehen in einer wahren Schinken-Kathedrale, einer riesigen Halle, von oben bis unten voller Schinken! Auf hölzernen Gestellen werden hier die Schinken einzeln von Hand zum Trocknen aufgehängt. Auch während der Trocknugnsphase muss natürlich ständig die Qualität überprüft werden. Giovanni zieht etwas hervor, das wie ein alter Knochen aussieht. Es ist ein Stück Pferdeferse, ein hohler Knochenstab, mit dem er in einer ganz schnellen, präzisen Bewegung mehrmals in den Schinken sticht. Das Werkzeug wirkt zwar vielleicht antik, sei aber besonders gut zum Testen der Schinken geeignet, weil es den starken Geruch des Schinkens nicht annimmt.  Aha! Am Geruch erkennt der Fachmann also wie gut die Trocknung des Schinkens voranschreitet. Nach etlichen Monaten kommt dann ein Prüfer, der dem Schinken endgültig das verdiente Siegel eines echten Parmaschinkens verabreichtet.

Parmaschinken Qualität Prosciutto di Parma Test

Riechen am Schinken test Parmaschinken Prosciutto Parma

Nach unserem Rundgang dürfen wir den Prosciutto natürlich auch kosten. Ich esse nur sehr selten Fleisch aber hier muss ich jetzt ein Stück probieren. Im Vergleich zum deftig-würzigen spanischen Schinken schmeckt der hellere Prosciutto di Parma so wie er aussieht, ganz fein und mild.

Prosciutto di Parma Pio tosino Parmaschinken

Nützliche Infos:

Pio Tosini Industria Prosciutti
Giovanni Bianchi
Via Fanti d’Italia, 23
43013 Langhirano (PR)

Interessanter Artikel: www.zeit.de
Parmaschinken Knopf Prosciutto

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Schinken

Hinweis: Der Artikel entstand im Rahmen eines Blogtrips durch diese wundervolle Region, zu der wir von APT Emilia Romagna eingeladen wurden. Die hier erzählten Erlebnisse und Eindrücke sind selbstverständlich ausschließlich meine eigenen.