Stockholm besteht aus unglaublich vielen Hügeln. Ich bin nur bergauf oder bergab, treppauf und treppab gerannt. Und dann sind da noch die vielen hundert Inseln. Allein im Zentrum von Stockholm sind es schon mindestens fünf kleine oder größere Inseln, auf denen ich mich bewegt habe. Da kommt als alter Hamburger doch die Frage in mir auf, wieviele Brücken mag Stockholm haben? Mehr oder weniger als Hamburg? Hamburg hat ja richtig viele Brücken, mehr als Venedig und Amsterdam zusammen, aber bei den vielen kleinen Eilanden aus denen die schwedische Hauptstadt besteht, vermute ich dass da auch Einiges zusammenkommt.

Meine kurze Suche im Internet überrascht mich: Hamburg hat 2496 ( je nach Quelle ein paar mehr oder weniger), Stockholm soll nur insgesamt 53 Brücken haben? Wer hat denn das gezählt? Sind da wirklich alle Straßen-, Eisenbahn- und Fußgängerbrücken mitgezählt worden?

Abseits der niedlichen Altstadt Gamla Stan gibt es in Stockholm tierisch viele Baustellen. Alle paar hundert Meter wird irgendwas neu gebaut oder repariert. Vielleicht ist auch gerade jahreszeitlich bedingt. Schließlich haben auch viele Museen im Januar wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen.

brücke Stockholm

Da bin ich nun endlich im Land von Karlsson vom Dach und Pippi Langstrumpf, das ich bisher nur aus meinen heißgeliebten Kinderbüchern kannte. Die Schweden sind durch die Bank weg voll freundlich. Sogar in den touristengebeutelten Läden und Cafés der Altstadt sind alle Leute, mit denen ich zu tun habe total nett. Und alle sprechen richtig gut Englisch, als ob es das normalste der Welt sei. Ich schäme mich da fast schon ein wenig mit meinen drei Worteen Schwedisch 🙁 . Immerhin kriege ich noch ein taksemücke (Tack så mycket) zustande.

Schweden ist eigentlich ideal, um mit dem Slow Travel anzufangen. Stockholm ist so teuer und im Winter gibt es so wenig Licht, dass man praktisch gezwungen ist, die vielen, dunklen Stunden beschaulich zu verbringen. Um draussen herumzurennen ist es viel zu kalt und Fotos kann ich mit meiner Kamera im Dämmerlicht auch kaum machen. Die Museen machen meist schon um fünf Uhr dicht. Die Läden kurz danach. Hier oben im Norden gehen sicher alle spätestens um sieben nach Hause und machen es sich dort gemütlich. So kommt mir das jedenfalls vor. Zuhause in Barcelona wäre so etwas gar nicht denkbar. Hier leben die Leute draussen und verbringen so viel Zeit wie möglich auf den Straßen oder in den Bars. In Stockholm in einer Kneipe ein Bier zu trinken ist hingegen ein teurer Spass, den man sich nicht jeden Tag leisten kann: vier bis sechs Euro habe ich im Durchschnitt für ein normales Bier gezahlt! Betrunken wird man davon auf jeden Fall nicht.

Fika Kuchen in Sturekatten Stockholm

Auch nicht unbedingt billig, aber dafür unwiderstehlich lecker sind die schwedischen Kuchen. Einige von den Cafés in Gamla Stan, in denen ich Kaffee getrunken und/oder Kuchen gemampft habe, hatte ich Euch ja schon vorgestellt. Das allerbeste Café in Stockholm ist aber das Sturekatten in Östermalm. In einem kleinen Seiteneingang führt eine Tür in ein Treppenhaus. Ein paar steile Stufen muss man erklimmen, bevor man sich hier an köstlichsten Kuchen erlaben kann. Aber fast noch besser als die Torten ist das Café selbst. Wie in Omas guter Stube stehen da gemütliche rote Samtsofas und gepolsterte Stühle. Blümchen und gehäkelte Tischdeckchen gibt es natürlich auch. Super gemütlich! Den Tipp hatte mir übrigens Mila (Milas Welt) verraten – und ich kann das bestimmt süßeste Café der Welt nur allerwärmsten weiterempfehlen!

Konditorei Café Sturekatten Stockholm

Ich finde Stockholm ja echt wunderschön, aber nur von 11 bis 15 Uhr. Im Sommer soll das ja ganz anders sein. Da wird es bekanntlich fast gar nicht dunkel. Das stelle ich mir sehr spannend vor. Licht! Wahrscheinlich ist Stockholm dann eine ganz andere Stadt.

Vor ein paar Tagen war Stockholm noch weiß und schneebedeckt. Auch das habe ich mal wieder verpasst. Nur ein paar zusammengekerhte Schneehaufen am Straßßenrand erinnern an so etwas wie „weiße Pracht“. Der Schnee flieht scheinbar vor mir, egal wo ich hinkomme. In Tirol letzten Januar habe ich auch keine einzige Flocke gesehen, obwohl das dort eigentlich der schneereichste Monat ist. Schnee und ich – eine Art Hassliebe. Vielleicht habe ich als Kind einfach schon zuviel davon gehabt. Mein Schneebedarf ist damit wohl für den Rest meines Lebens abgedeckt. Petrus weiß das sicher und lenkt die Schneeflocken schnell um, wenn ich komme. Aber wirklich böse drum bin ich nicht.

Was auch ohne Schnee geht, ist Schlittschuhlaufen. Wie gut dass ich in neulich schon geübt habe. Als ich nämlich Grzegorz, einen Freund, der gerade für ein paar Monate in Stockholm arbeitet, treffe, besteht er darauf, mit mir eine Runde aufs Eis zu gehen. Erst habe ich mich ja ein bisschen geziert, wie ein kleines Mädchen. Natürlich hatte ich total Bock, da auf dem Eis meine Runden zu drehen, aber es waren so viele richtig gute Läufer da und richtig viele kleine Kinder unterwegs, dass ich mich einfach nicht getraut habe. Als ich früher am Nachmittag hier vorbeigekommen bin, war definitiv noch nicht so viel los!

eis laufen Schlittschuh Stockholm

Meistens kann ich mich zwar halten, ohne groß hinzufallen, aber so richtig gut bin ich leider nicht. Schön wär es ja. Ach, ich war hin und her gerissen. Ehrlich gesagt hatte ich nicht nur Schiss, mich zu blamieren, sondern auch Angst mir richtig weh zu tun. Wenn du in dem Gewusel auf dem Eis auf den Popo fliegst und deine Finger nicht schnell genug einziehst – nicht dass mir da noch einer drüber fährt. Und überhaupt, was mache ich mit der Kamera und mit meiner Brille?

Schließlich hat Grzgror die Nase voll von meiner Weicheierei. Ich lade dich ein – letzte Chance!- meint er grinsend und geht schon mal Richtung Schlittschuhverleih. Aaaaah! Entscheidung! Meine Größe gibt es natürlich nicht. Also nehme ich eine Nummer kleiner, damit meine Füße nicht zu viel Platz haben und ich am Ende doch noch auf die Nase falle. Schon beim Anziehen merke ich aber: Fehler! Die Schuhe tun sauweh. Irgendwo vorne drückt es wie hulle. Meine eigenen Schlittschuhe zuhause sind an der Stelle definitiv weicher. Die Leihschuhe fühlen sich an, als wären sie aus Beton. OK, ich bin ein Weichei.

schlittschuh Collage

Wir machen uns also auf den Weg. Es geht aufs Eis. Erst noch etwas wackling, dann immer besser. Ich schnappe mir Grzegorz und Hand in Hand drehen wir unsere Runden. Ist echt einfacher, wenn jemand die kleinen Wackler auffängt. Wir werden immer schneller und nehmen bald die Außenbahn. Immer schön im Kreis. Bald habe ich keine Puste mehr. Das kann doch gar nicht sein, von dem bisschen Laufen? Ist aber so. Zum Glück schnauft Greg auch ein bisschen. Ich hätte ja gern ein Foto von uns beim Laufen gemacht, aber mit der Kamera in die Menge? Lieber doch nicht.

Ein kleiner Dreijähriger im dicken Schneeanzug fällt vor mir auf die Nase. Zum Glück ist der Mops weich gepolstert. Er streckt alle viere von sich. Dann rappelt sich wieder auf und fällt prompt wieder auf die Nase. Aber er gibt nicht auf. Es stört ihn gar nicht, andauernd auf dem Po zu landen.

Ein etwa zwanzigjähriger junger Mann tut sich da schon schwerer. Er hangelt sich an der Umrandung der Eisbahn entlang und fliegt sogar dabei alle zwei Meter auf den Allerwertesten. Dabei ist er ein echter Schrank und sichtbar in seiner Ehre gekränkt. Er tut mir voll leid. Kaum hat er sich wieder aufgerappelt, kommt eine kleine schwedische Läuferin, Hände lässig in den Jackentaschen, mit einem eleganten Schwung kurz vor ihm bremsend zum stehen. Sie dreht sich nur kurz suchend um und schon ist sie rückwärts unterwegs. Genauso elegant wie vorwärts. Sie setzt einfach einen Fuß vor den anderen und verschwindet wieder in der Menge. Bei ihr sieht das kinderleicht aus! Und der Typ liegt schon wieder auf dem Boden.

Nach einer Weile halte ich meine Schuhe nicht mehr aus. Ich gebe auf und ziehe die Betonteile aus. Am Rand stehend sehe ich zu, wie Greg noch drei Runden „auf Zeit“ läuft. Gar nicht schlecht.

Zwei Meter vor mir entdecke ich ein merkwürdiges Pärchen. Ich bin völlig fasziniert und muss hingucken, was die da machen: Ein Typ, der sich stocksteif mit einer Hand an seiner vor ihm laufenden Freundin festhält. Er lässt sich von ihr ziehen! In der anderen Hand hält er ganz lässig eine Zigarette, an der er ab und zu dann ganz cool mal zieht. Der raucht auf dem Eis! Nein! Schließlich wird es seiner Freundin dann wohl doch zu bunt. Sie dreht sich wütend um und beide reden. Dann schiebt sie ihn, er immer noch rauchend, zum Ausgang. Was für ein fauler Sack. Den hätte ich da stehen gelassen.

Eis Brücke nach Södermalm Stockholm

Was echt genial sein muss, ist eine Stockholm-Stadttour über die zugefrorenen Kanäle. Soll es geben, sagt Grzegorz. Das stelle ich mir echt gut vor! Vielleicht beim nächsten Mal! Dann habe ich auch hoffentlich mehr Puste :-).

Nach dem Eislaufen haben Greg und ich uns ein Bier verdient. Wir latschen zu Fuß von der Innenstadt nach Södermalm. Die Kneipe „Muggen“ sieht sehr nett aus, das Bier kostet allerdings sechs Euro. Das ist hier normal. Dafür gibt es ein Gläschen Chips oder Erdnüsse und Wasser gratis dazu. Mein Abendessen besteht heute also aus Erdnüssen.

Schlittschuhlaufen kann man hier:
Ice Skating Rink
im Kungsträdgården
mitten in Stockholm
Metro/ T-bana: Kungsträdgården

Muggen
Götgatan 24,
Södermalm
118 46 Stockholm
Website: www.muggen.se
Metro/ T-bana: Slussen

Kuchenauswahl Sturekatten

Konditorei und Café Sturekatten
Riddargatan 4
Östermalm
114 35 Stockholm
Metro/ T-bana: Östermalmstorg

Cafe Sturekatten Stockholm

stockholm Winter

… und sehr hübsche Telefonzellen haben sie hier 🙂
Telefonzelle Stockholm