Vor den Toren der römischen Stadt Iluro lag eine prächtige, große Villa Marina. Die archäologische Ausgrabungsstätte liegt heute mitten in Mataró und heißt Torre Llauder, nach der Familie, die hier zu Anfang des letzten Jahrhunderts in einem Landhaus mit Turm gelebt hatte.

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Wir befinden uns im ersten Jahrhundert vor Christus. In Rom herrscht Kaiser Augustus. Die Römer haben sich zu dieser Zeit schon ziemlich breitgemacht auf der Halbinsel im äußersten Westen Europas. Die iberischen Siedlungen verschwinden eine nach der anderen. Entweder, weil ihre Bewohner den Römern im Kampf unterlegen waren oder weil sich die Einwohner an die römischen Sitten anpassten und in ihre Städte abwanderten.

Unsere villa urbana befindet sich in einer privilegierten Lage, nur rund 800 Meter von der Via Augusta entfernt, die von Rom aus in die Provinzhauptstadt Tarraco führte. Auch das Meer liegt direkt vor der Haustür. Damit eröffneten sich an dieser Stelle gleich mehrere mögliche Handelswege. Der erste Hausherr der schicken Villa Marina ist vermutlich ein gewisser Caius Marius Aemilanus, ein wohlhabender Questor. (Unter Augustus gab es nur insgesamt 20 Questoren und die wurden vom Kaiser persönlich ernannt!) Von ihm weiß man, dass er vermutlich aus Barcino stammte und in der Hauptstadt Tarraco wichtige Ämter bekleidete. „Caius Marius war ein sehr mächtiger, vor allem aber ein sehr reicher Mann“, sagt Joaquím, der Archäologe der das Ausgrabungsprojekt in Mataró betreut.

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Joaquím zeigt mir, wo der Eingang des Hauses gewesen sein muss. Das Atrium ist sozusagen der Eingangsflur, der den Gast schon beim Betreten der Villa beeindrucken sollte. Hier befindet sich ein mit Säulen umgebenes Wasserbecken, das Impluvium. Eigentlich wurde in diesen Becken das Regenwasser in aufgefangen und in einer unterirdischen Zisterne aufbewahrt. Hier in der Gegend gab es jedoch ausreichend Wasser und das Impluvium der Villa ist nur Dekoration. Von hier aus wurde das Wasser in ein kleines Bächlein in den Garten weitergeleitet.

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Hinter dem Atrium kann ich das Tablinum erkennen, das Büro des Hausherrn und der eindeutig prächtigste Saal der ganzen Anlage. Ich versuche mir vorzustellen, wie der römische Herr und Geschäftsmann seine Gäste empfangen hat. Aufwendige Mosaike aus kleinsten, mehrfarbigen Steinen zieren den Boden. Auch die Wände müssen nach der damaligen Mode farbig bemalt gewesen sein. Alles wirkte wohlhabend und auf eine schlichte Art auch irgendwie prunkvoll. Zwei weitere Räume dienten als Speisesäle, in späteren Zeiten dann auch als Lagerräume. Eine Vermutung, die die Fachleute aus den runden Löchern in den Mosaiken ableiten.

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Hinter dem Büro, in dem der Hausherr wichtige Schriftrollen aufbewahrte und seine Geschäfte erledigte, liegen die Thermen und die Latrinen. Das Baden und auch die Erledigung der kleinen und großen „Geschäfte“ waren im alten Rom eine soziale Angelegenheit. Man konnte durchaus gemeinsam mit den Geschäftspartnern auf Klo gehen und dort Einzelheiten eines Vertrags besprechen. Joaquím zeigt mir die nachgebauten Latrinen, damit ich mir ungefähr vorstellen kann, wie das vor fast zweitausend Jahren ausgesehen haben muss.

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Von der römischen Villa sind bisher nur rund zehn Prozent freigelegt worden. Vor mir ist eine Gruppe Studenten gerade dabei, mühsam kleinste Dinge aus der Erde zu befreien. Vorsichtig hacken, kratzen, schaben und pinseln sie auf der Erde herum.

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Das war allerdings nicht immer so. In der Nähe Matarós förderten die Bauern schon früher „merkwürdige“ Steine zutage. Doch erst in den sechziger Jahren entdeckte man das römische Landhaus ganz offiziell. Leider wollte der damalige Bürgermeister von Archäologie und den alten Steinen nichts wissen. Es dauerte viele Jahre, bis es einem engagierten Einwohner und Hobbyarchäologen gelang, das Terrain, auf dem er schon mehrere Mosaike freigelegt hatte, zu schützen. Rund um das Gelände der Torre Llauder herum, wurde jedoch der Boden gnadenlos abgetragen, um Straßen und Häuser zu bauen, alte Gebäude wurden eingerissen, und neue Betonbauten obendrauf gesetzt. So ging nicht nur die Torre Llauder, die der Anlage ihren Namen hinterlassen hat, sondern auch ein großer Teil der römischen Villa für immer verloren.

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Die römische Villa Urbana erstreckte sich nämlich weit über das Gelände der Ausgrabungsstätte hinaus und war wesentlich größer, als man ursprünglich vermutet hatte. Eine mögliche Grenze des Grundstücks, so nimmt man heute an, könnte die Riera Argentona gewesen sein, der kleine Fluss, der nicht weit von hier ins Meer fließt.

Fest steht, dass sich die Villa noch weit ins Landesinnere erstreckte. Dort befanden sich sowohl Arbeitsräume als auch Lager und natürlich die zu bewirtschaftenden Felder. Vermutlich wurde vorwiegend Wein angebaut, denn schon aus Zeiten der Laietaner, dem Stamm der Iberer, die hier lange vor den Römern siedelten, hatte man Weinreben gefunden. Unter den Römern muss die Menge des hier angebauten Weins dann beträchtlich gewesen sein. Die Archäologen wissen, dass es mehrere Brennöfen gegeben hat, in denen Keramik, vor allen Dingen aber Amphoren gebrannt wurden. Das Haus am Meer war also eine wirklich bedeutende Anlage, die über mehr als vier Jahrhunderte erfolgreich bewirtschaftet wurde. Doch all diese Arbeitsräume sind für immer verschwunden und mussten dem Straßenbau Platz machen.

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Die privaten Räumlichkeiten, in denen die Familie des Hausherrn gelebt hat, befanden sich in einem ganz anderen Teil der Anlage. Warscheinlich lagen diese Zimmer nämlich hinter dem Peristyl, dem hübsch angelegten Garten. Doch dieser Bereich befindet sich leider außerhalb der geschützten Ausgrabungsstelle, unter dem Parkplatz vor der Torre Llauder. Obwohl sich aufgrund neuer Funde ständig neue Erkenntnisse ergeben, wissen die Archäologen heute mit ziemlicher Sicherheit, dass hier unter der Erde noch zahlreiche Schätze ruhen.

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Torre Llauder

Obwohl Marià Ribas eigentlich schon 1961 die römischen Ruinen entdeckte, gelang es erst 1969 das Areal offiziell unter Schutz zu stellen. Es brauchte eine ganze Weile, die Leute erst einmal für das historische Erbe zu sensibilisieren. Jahrzehntelang hatte man die alten Steine einfach für den Bau neuer Häuser wiederverwendet oder hübsche Fundstücke einfach verkauft. Ein Großteil der Überreste aus römischer Zeit wurde im Laufe der vielen Jahrhunderte zerstört, viele kleine Teile weggeschmissen. Erst 1980 errichtete man eine Begrenzung des Grundstücks, und seit 1988 kann die Torre Llauder besichtigt werden.

Geführte Besichtigungen finden jeden Samstag statt, denn an den Wochentagen arbeiten die Archäologen hier. Der Eintritt ist frei, allerdings muss man sich vorab anmelden, um an einer Führung teilnehmen zu können. Im Sommer kann man die Torre Llauder abends um 19.00 Uhr , im Winter mittags um 12 Uhr besichtigen.

Clos arqueològic de Torre Llauder
(Museu de Mataró)
Av. de Lluís Companys
08302 Mataró

Reservierungen unter museum@ajmataro.cat – mehr Informationen auf der Website Mataró: culturamataro.cat

Links mit interessanten Infos zur Torre Llauder: 

torrellaudervisita.blogspot.com.es
Qui era Caius Marius Aemilianus
Viatge a Iluro