Was ist „typisch“ walisisch? Wie ticken die Waliser und was macht sie so besonders? Vieles in ihrer Geschichte erinnert mich an die Katalanen. Und an Asterix und Obelix natürlich auch. Ein kleines Völkchen, ganz am Rande eines mächtigen Reichs, das lange Zeit hartnäckig und trotzig Widerstand gegen die Eroberer leistet. Die Geschichte prägt überall auf der Welt die Kultur und das Denken der Menschen. Ist also von all den vielen Legenden, von den schlauen Druiden, den mutigen Kriegern von einst, noch irgendetwas im heutigen Wales zu finden? Hier kommt eine kleine Einführung, ein Blick auf Land und Leute im Reich der Mythen und Legenden. Wales für Anfänger sozusagen.

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Wales Land und Leute:

Ist Wales ein eigenes Land?
Wales liegt am westlichen Zipfel der großen britischen Insel, Irland zugewandt. Und nein, ein eigenes Land ist Wales nicht, aber eine starke autonome Region innerhalb des Vereinigten Königreichs. Die Waliser haben eine Art Parlament und eine Nationalhymne. Und natürlich eine eigene Sprache. Der Autonomiestatus der Waliser unterscheidet sich jedoch stark von der Autonomie der Schotten. Das walisische Parlament kann keine eigenen Gesetze erlassen und hat keinen eigenen Finanzhaushalt.

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Der Waliser
Der typische Waliser, wenn es so etwas denn gibt, und ich mal einfach in Vorurteilen schwelgen darf, ist warmherzig, gesellig, sozial, gutmütig und neigt etwas zur Sturheit. Mit anderen Worten, der typische Waliser ist ein liebenswerter Dickkopf. Er liebt Rugby und verpasst keines der Spiele seiner Mannschaft, die er stets voller Leidenschaft verfolgt.

Rugby oder Fußball? 
Rugby ist der absolute Nationalsport der Waliser. Darin ähneln sie eher den Franzosen als den Engländern. Das allerwichtigste Spiel, zu dem alle walisischen Rugby Fans das Stadion bevölkern, ist nach wie vor ein Spiel gegen England. Fußball spielt man in Wales zwar auch, aber die Teams haben hier längst nicht denselben Kultstatus wie die legendären Rugby-Mannschaften. Vielleicht muss ich auch sagen „hatten“, denn nach den überraschenden Erfolgen bei der letzten Fußball EM hat sich Einiges geändert. Die walisische Elf, eigentlich ein Außenseiter, spielte sich in die Herzen der Europäer. Seit dem Sommer hat das Thema Fußball in diesem kleinen Winkel Britanniens sicher eine andere Bedeutung als vorher.

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Die inoffizielle Hymne bei Rugbyspielen ist übrigens Tom Jones „Delilah“. Als mein Guide mir das erzählte, war ich zugegebenermaßen zunächst recht verwundert. Aber als er mir dann erklärte, dass Tom Jones Waliser ist und mit dem „green, green grass of home“ natürlich die Landschaft um uns herum meinte, wurde mir so einiges klar. Wahrscheinlich sind aber Delilahs Tage als – wenn auch inoffizielle, aber doch sehr populäre – Hymne gezählt. Denn ein Lied, in dem es um den Mord an einer Frau geht, macht sich nicht so gut, wegen Image und politischer Korrektheit und so.

Außer Tom Jones stammen noch viele andere berühmte Köpfe aus Wales, wie zum Beispiel Anthony Hopkins, Robert Burton, Cathrine Zeta Jones, Roald Dahl, Shirley Bassey, Michael Sheen und Rhys Efins, das ist der verrückte Unterhosentyp aus Notting Hill. Und das sind nur die Bekanntesten. Hättest Du das gewusst? Ich jedenfalls nicht.

Yew Trees
Diese Bäume sind wirklich unglaublich. Mystischer geht es kaum noch. Fast auf jedem Friedhof in Wales steht mindestens einer dieser uralten Bäume, oft aber gleich mehrere. Manche von ihnen weinen, manche heulen. Sie sind irgendwie lebendig. Wie sehr, sehr alte, weise Wesen aus einer anderen Zeit, stehen sie vor der kleinen Dorfkirche oder zwischen den schiefen und krummen Gräbern.

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Auf meiner Route durch Wales habe ich viele dieser magischen Bäume gesehen. Die meisten der Yew Trees standen hier schon lange, bevor die Kirchen überhaupt errichtet wurden. Einige von ihnen gab es sogar bereits, als noch die Stämme der Kelten durch diese Gegend zogen. Stell Dir das doch bitte einfach mal vor! Ist das nicht unglaublich?

Angeblich ist der älteste dieser Yew Trees über 4000 Jahre alt. Und er hat sogar einen Namen: Llangernyw Yew, denn er steht in dem kleinen Dörfchen Llangernyw, bei Conwy, im Norden von Wales. Der Baum hat zwar schon etwas gelitten im Laufe der Zeit und ist etwas gespalten, aber er steht da, alt aber kräftig und trotzt der Zeit. Wie das Leben dieses einen Baumes wohl in Zeitraffer aussehen würde? Was unter, neben und vor diesem Baum schon alles passiert sein kann. Welche Geschichten er wohl erzählen könnte!

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Steinkreise und Dolmen

Eines der bekanntesten Dolmen in Wales ist das Pentre Ifan. Noch häufiger als diese megalithischen Monumente findest Du Steinkreise. Diese mehr oder weniger im Kreis angeordneten Felsbrocken sind in fast jeder walisischen Stadt zu sehen. Manche dieser Versammlungsorte sind schon richtig alt, einige sind aber nach Art der alten Steinkreise neu angelegt worden. Wenn nämlich in einem Ort das Eisteddfod Festival stattfindet, baut man einen solchen Steinkreis – falls nicht schon ein alter Steinkreis vorhanden ist. Dieses Festival, das an alte walisische Traditionen erinnert, wird jedes Jahr in einer anderen Stadt gefeiert.

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Ganz früher waren die Steinkreise eine Art Versammlungsort der Druiden. Wie die Druiden lebten, was sie eigentlich so machten und wußten, ist leider kaum überliefert. Als die Römer hier einmarschierten, haben sie ziemlich aufgeräumt mit allem. Im Laufe der Zeit ging dann auch das Wissen um die Druiden verloren. Das meiste, was heute den Druiden zugeschrieben wird, sind mehr erfundene Sagen und Geschichten, als überlieferte Traditionen.

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Schafe – defaid
Das Land wird beherrscht von Schafen. In Wales kommen zehn Schafe auf einen Einwohner. Das ist mehr als in Neuseeland! Die Wirtschaft beruht hier nach wie vor auf den wuscheligen Vierbeinern. Überall stehen sie auf den Wiesen und am Wegesrand. Von ganz oben im Norden bis in den Süden, stehen sie im Schnee auf den Bergen und an den Klippen der Küste. Schafe sind echt hart im Nehmen und sehr genügsam im Verbrauch.

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Ein bisschen von der Milch der Schafe wird für die Käseproduktion benutzt. Es gibt Eis aus Schafsmilch, Papier aus Schafspoo, … nur die Wolle wird heute kaum noch genutzt. All diese vielen Schafe sind eigentlich dafür gedacht, auf dem Teller zu landen, denn walisisches Lamm gilt als eine Delikatesse. Besonders um die Osterzeit werden die noch ganz jungen, erst wenige Monate alten Lämmchen geschlachtet.

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Während Wolle einst der Hauptgrund dafür war, dass überhaupt so viel Schafe gezüchtet wurden, ist sie heute total überflüssig. Früher galten Schafe, die viel Wolle gaben und ein schönes, weißes Fell hatten als besonders wertvoll. Braune Schafe sortierte man aus. Heute kostet allein das Scheren schon mehr, als es den Bauern einbringt. Darum sind auch die Farbe und die Qualität der Wolle völlig egal. Viele Schafe sind voller bunter Markierungen. Da die Schafe meist frei über die Wiesen laufen, kennzeichnen die Besitzer das Fell ihrer Tiere. Sonst würde man all die Schafe ja gar nicht auseinanderhalten können. Auch um zu wissen, welches Schaf schon schwanger ist, und welches noch gedeckt werden muss, sind die farblichen Markierungen sehr nützlich.

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Aus allen Teilen Britanniens wird der abgeschorene Schafspelz in einem zentralen Lager gesammelt und später zu Dämmstoffen oder ähnlichen Produkten verarbeitet. Kleidung aus walisischer Schafswolle gibt es nicht mehr. Selbst die hier hergestellten Wollsachen werden aus der Wolle neuseeländischer Schafen gewebt.

Mittlerweile versuchen einige Leute bereits, die ursprünglichen Schafrassen wieder zurückzuzüchten. Die Tiere dieser alten Schafrassen geben zwar weniger Milch und weniger Wolle, aber das spart heute Kosten beim teuren Scheren und für die Milch hat man ja auch kaum Verwendung. Ein großer Vorteil der „alten“ Schafe ist, dass sie wesentlich robuster und nicht so anfällig für Krankheiten sind, wie die meisten hochgezüchteten Schafe heute.

Lovespoon
Die Waliser haben einen lustigen Brauch, den Lovespoon. Früher schnitzten die jungen Männer ihrer Liebsten einen Löffel aus Holz, bevor sie aufs Meer, in den Krieg oder sonst wo in die Ferne ziehen mussten. Diese reich verzierten Löffel steckten voller Symbole: Kreuze, Hufeisen, Räder, etc. Sie dienten nicht nur der daheimgebliebenen Braut als Erinnerung an den Liebsten, sondern den zukünftigen Schwiegervätern dazu, herauszufinden, ob der Verehrer denn auch etwas taugte. Heute schnitzt zwar niemand mehr diese Dinger für seine Frau oder Freundin, aber als Souvenir findest Du Lovespoons noch überall in Wales.

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Osterglocken – Daffodils
Merkwürdigerweise ist auch die Osterglocke ein nationales Symbol der Waliser. Wahrscheinlich wurde diese Blume auch deshalb so beliebt, weil sie als Frühlingsbote schon am 1. März, zum Tag des heiligen St. David, dem walisischen Nationalheiligen, blüht.

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Welsh Cake und Laverbread
Nur in Wales gibt es dieses merkwürdige schwarze Mus aus Algen. Laverbread sieht zwar nicht wirklich lecker aus, aber es schmeckt echt nicht schlecht! Warum es „bread“ heißt, obwohl es mit Brot absolut gar nichts zu tun hat, konnte ich allerdings nicht herausfinden. Total typisch ist natürlich auch der Welsh Cake! Diese kleinen Pfannkuchenkekse sind so lecker, dass ich mir ein Rezept mitgebracht habe und sie ab und zu zu Hause selber backe! Ganz hoher Suchtfaktor!

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Drachen
Drachen triffst Du in Wales in jedem kleinen Dorf. Ein roter Drache ziert auch die walisische Flagge, eine der ältesten Nationalflaggen der Welt, denn das Drachenbanner gibt es schon seit dem fünften Jahrhundert. Vermutlich haben sich die Waliser die Idee des Drachen von den Standarten der Römer abgeguckt. Die Feuer spuckenden Drachen sollten nicht nur Feinde einschüchtern.

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Diese mythischen Wesen gelten auch als ein Symbol der Unabhängigkeit. Die Legende des roten Drachen ist übrigens eng mit der Artussage verknüpft!

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Sprache
Die walisische Sprache ist schon etwas ganz Besonderes. Sie klingt schön, ist sehr bildlich und kann endlos lange Wörter wie Llanfairpwll­gwyngyllgogery­chwyrndrobwll­llantysilio­gogogoch hervorbringen. Darum gibt es dazu einen eigenen Artikel!