Asturien ist das Naturparadies Spaniens. Die Ländereien im Norden Spaniens sind bekannt für grüne Wiesen auf denen die Milchkühe grasen, für das imposante Gebirge der Picos de Europa mit den schneebedeckten Gipfeln, die prächtigen Seen von Covadonga, und für das üppige Grün, das die Landschaft durch den vielen Regen zu bieten hat. Mit geflickten Reifen, frisch gefetteter Kette und präzise vollgepackten Satteltaschen geht es auf unserer Radreise weiter durch eine blau-grüne Welt, die von zerklüfteten Küsten, charmanten Fischerdörfern und kleinen Städten geprägt ist.

Fahrrad den Berg hochschieben in Asturien

Kuestenblick von Llanes, Asturien

In der vorherigen Etappe des Jakobsweges übernachteten wir in San Vicente de la Barquera, in Kantabrien. Von dort aus geht es an der Nordküste Spaniens weiter nach Asturien. Kurz vor Unquera machen wir noch einen kurzen, aber wichtigen Halt, denn wir wollen unbedingt die berühmten Corbatas de Unquera probieren: ein süßes Blätterteiggebäck mit einer Schicht Baiser obendrauf, das typisch für diese Region ist. Mit vollgestopftem Bauch geht es weiter in Richtung Llanes, wo wir übernachten wollen. Am Strand von Vidiago, in Pendueles, finden wir auf einem grün bewachsenen Hügel, mit Blick aufs Meer den Camping La Paz – rückblickend einer meiner Lieblingsplätze auf der gesamten Strecke.

Die Stellplätze auf dem Campingplatz liegen auf unterschiedlichen Ebenen, auf verschiedenen Höhen des Hügels, sodass jeder Platz einen Blick auf das Meer hat. Ein bisschen wie ein griechisches Theater ausgerichtet, wobei das Spektakel hier das Meer ist. Unten bilden sich zwei Strände: je nach Gezeiten verschmelzen sie ineinander und werden zu einem. An einigen Stellen ist der Sand so tief, dass sich kleine kristallklare Wasserbecken bilden und wenn sich das Wasser zurückzieht, hinterlässt es kleine Pools. Oben auf den steilen Felsen der Klippen glotzen ein paar wilde Bergziegen auf uns hinunter. Wie sie ohne Höhenangst dort stehen können, ist mir ein Rätsel.

Campinglager aufgebaut in Asturien

Gemütlich Kaffe schlürfen am Morgen mit Blick auf die Atlantikküste

Lina guckt ins Zelt auf dem Campingplatz La Paz in Asturien

Unter dem Schatten eines Baumes schlagen wir unser Quartier für die Nacht auf und sind glücklich, so ein gemütliches Eckchen gefunden zu haben. Zur Belohnung kochen wir heute Spaghetti Carbonara. Wir beschließen zwei Nächte auf diesem „friedlichen“ Campingplatz zu bleiben, um unsere Klamotten zu trocknen und gemütlich auszuschlafen. Aus dem Zelt heraus sieht die Landschaft unglaublich aus. Wir freuen uns schon beim Schlafengehen darauf, am nächsten Morgen den Reißverschluss des Zeltes aufzumachen und die Morgensonne und den super Ausblick zu begrüßen.

Baden im Atlantik

Kristallklares Wasser beim Campingplatz La Paz

Spiegelbild im Watt am Strand von Asturien

Die Gegend um Llanes herum ist meiner Meinung nach eine der schönsten ganz Spaniens. Meer und Berge verschmelzen zu einer einzigartigen Landschaft mit Dutzenden von Stränden und bezaubernden Buchten. Von Llanes geht es nach Ribadesella, mit Blick auf die Picos de Europa immer an der Küste entlang, an die sich spanische Urlauber aus heißeren Regionen flüchten. In Ribadesella angekommen, übernachten wir auf dem Campingplatz Playa Sauces.

In den Dörfern, durch die wir kommen, entdecken wir immer mehr Hórreos. Das sind ehemalige, meist aus Schiefer gebaute Getreidelager, die auf Stelzen stehen und sehr typisch für die Gegend sind. So niedlich wir die kleinen Dörfer hier finden, die größeren Städte sind weniger schön. Die Gebiete rund um Gijón und Avilés empfinde ich es als hässlich und schlimm. Vielleicht lag es am schlechten Wetter, das wir dort erwischt haben, vielleicht lag es auch daran, dass die Fahrradinfrastruktur dort nicht so gut ist. Oder dort liegen einfach zu viele Industriegebiete. Eventuell könnte es auch an meiner schlechten Laune gelegen haben, die ich zu dem Zeitpunkt hatte. Aber wenn ich an die Anreise in Avilés denke, sehe ich nur einen pechschwarzen Himmel, überall Industrie und eine Fabrik, aus deren Schornstein eine Flamme emporsteigt. Wie Mordor. Bloß weg da. Die Innenstadt von Avilés ist dafür wieder ganz hübsch. Ein niedlicher Altstadtkern mit Pflastersteinen. Und jenseits der Ría erinnert mich ein moderner Gebäudekomplex an Brasilia. Kein Wunder, denn das Kulturzentrum in Avilés ist ebenso wie die brasilianische Hauptstadt ein Entwurf des Architekten Oscar Niemeyer.

Kopfsteinpflaster im alten Stadtkern von Aviles

Radeln im Regen auf dem Jakobsweg im Norden Spaniens

Hinter Avilés weichen wir kurz vom offiziellen Camino de Santiago ab, um Freunde zu besuchen, die die Sommersaison in San Juan de las Arenas verbringen und dort in einem Van leben. Das kleine Fischerdorf liegt an der Flussmündung des Nalón. Der Sandstrand ist dort pechschwarz. Wir machen dort zwei Tage Pause und ruhen uns aus.

Ruhe heißt für mich, gemütlich in einem weichen Bett auszuschlafen oder einen warmen Kaffee zu schlürfen. Für Andreu bedeutet „Pause“ allerdings nicht „Sportpause“, denn er geht mit unseren Freunden und einem geliehenen Surfbrett direkt Wellen jagen. Ab in den Neoprenanzug und ins Meer.

Sonnenuntergang am Strand von San Juan de la Arena

Surfstrand im Norden von Spanien - San Juan de la Arena

Andreu geht surfen in Asturien

Pintoreske kleine Häuser an der Klippe in Asturien - Cudillero

Nach der kleinen Erholung geht unsere Tour weiter nach Cudillero, das Cadaqués des Nordens. Der Weg ins Dorf führt sehr steil hinunter – auch wenn man mit dem Fahrrad ganz gemütlich herunterrollt, ist das normalerweise kein gutes Zeichen, denn wo es bergab geht, geht es danach auch wieder bergauf. Wir haben ein wenig Bedenken, ob wir das wieder hoch schaffen. Der Ausblick ist nett, aber meiner Meinung nach nicht mit Cadaqués zu vergleichen. Nachdem wir uns mühsam wieder hoch geprügelt haben, machen wir einen kleinen Zwischenstopp in Cadavedo, um Mittag zu essen und die offizielle Route des Caminos wiederzufinden.

Das atlantische Klima ist hier deutlich zu spüren. Im Handumdrehen kann sich das Wetter ändern. Wenn man sich in einem Moment noch vor der starken Sonne zu schützen versucht, muss man im nächsten Augenblick die Regenmäntel griffbereit halten. Hier muss man echt auf alles vorbereitet sein. In der Nähe vom Strand in Otur finden wir ein nettes Fleckchen, an dem wir unser Zelt aufschlagen. Am nächsten Morgen sehen wir, wie immer, die Sonne aufgehen, suchen eine Stelle, um das Frühstück einzunehmen, packen um, bauen ab und weiter geht’s.

Sonnenaufgang in Otur

Küste von Asturien im Norden Spaniens

Ausblick auf den Strand von Tapia de Caseriego

Häuser und Fischerboote in Tapia de Caseriego

Den ganzen Tag verbringen wir an der frischen Luft und in Bewegung. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang bin ich glücklich, diese Reise erleben zu dürfen. Einen Moment lang verspüre ich eine große Dankbarkeit dafür, ein Teil dieser wundervollen Natur zu sein, ihrem Rhythmus folgen zu können und mit ihr in Harmonie zu leben. Sogar dafür, den Naturgewalten ausgesetzt zu sein, bin ich dankbar, denn die Berge, die in den Himmel ragen, die unendlichen Weiten des Meeres, die Gezeiten, die Winde, alles ist so lebendig, dass es mich auf meinem kleinen Fahrrad ganz demütig werden lässt.

Der Tag der in Otur begonnen hat, führt uns durch Navia weiter gen Westen. Als wir in Tapia de Casariego ankommen, empfängt uns eine Dudelsackmelodie. Der Norden Spaniens ist stark von der keltischen Kultur geprägt. Schließlich lassen wir Asturien hinter uns und erreichen das galicische Örtchen Ribadeo.

Zusammenfassung der Etappen

  • San Vicente de la Barquera – Unquera (Kantabrien) – Pendueles / Llanes (Camping la Paz)
  • Llanes – Ribadesella
  • Ribadesella – Sebrayo – Villaviciosa – Gijón – Avilés
  • Avilés – San Juan de la Arena (ab vom Camino del Norte)
  • San Juan – Cudillero – Cadavedo – Luarca – Otur
  • Otur – Navia – Tapia de Caseriego – Ribadeo (Galicien)

Wenn Du unsere Geschichten über die dürre Wüstenlandschaft in Aragón lesen möchtest, über die grünen Weiden, hohe Berge und steile Kliffs der Nordküste, oder die moosbedeckten Schiefersteine in den nebeligen galizischen Wäldern, stay tuned!

Part 1: Der Camí de Sant Jaume 

Part 2: Es geht weiter auf dem Camino Aragonés

Part 3: Der Übergang zum Camino del Norte in Navarra

Part 4: Fahrradpilgern am Atlantik – Baskenland

Part 5: Kantabrien – Jakobsweg in Nordspanien

Part 6: Auf zwei Rädern durch Asturien

Part 7: Ende des Jakobswegs mit Satteltaschen – Santiago de Compostela