Denkst Du nicht auch bei dem Wort Bacardi sofort an die Karibik? An Strand und Meer, an Cuba libre oder Mojito unter Palmen? So geht es mir jedenfalls. Ein wenig erstaunt war ich, als ich erfuhr, dass Facundo Bacardi Katalane war. Richtig gehört, geboren und aufgewachsen ist der Gründer des Rum-Imperiums nämlich in Sitges, gleich neben Barcelona.
In Sitges gibt es seit 2010 die “Casa Bacardi”. Die gehe ich mir heute ansehen. Xavi empfängt uns im Eingang des schönen Gebäudes, das früher wohl mal ein Markt gewesen sein muss. Bei einem kleinen Rundgang erzählt er die Geschichte des Familienunternehmens:
Bacardi war einer der vielen Auswanderer, die in Kuba ihr Glück versuchten. Im Gegensatz zu den Indianos, kehrte er aber nicht zurück, sondern blieb in der neuen Heimat und besuchte Sitges nur hin und wieder.
In der ersten Fabrik, in der der Rum destilliert wurde, gab es scheinbar viele Fruchtfledermäuse. Doña Amalia, Facundos Frau, brachte das auf die Idee, diese als Glücksbringer geltenden Tierchen als Logo auf dem Etikett der Flaschen zu verewigen. Wenn man bedenkt, dass viele Leute damals nicht lesen und schreiben konnten, war eine Fledermaus zur Unterscheidung von den vielen anderen Rumsorten, die es bereits auf Kuba gab, eine gute Idee.
Ein anderer Glücksbringer der Firma Bacardi war eine Palme, die auf dem ersten Grundstück stand. Irgend jemand hatte Facundo und Amalia vorhergesagt, solange diese Palme dort stehe, würde ihre Firma auf Kuba wachsen und gedeihen. Seither gehört zu allen Bacardi-Fabrikanlagen der Welt eine Palme. Ich weiß nicht, ob diese erste Palme nach oder während der Revolution umfiel oder abgehackt wurde, aber sie steht jedenfalls nicht mehr und die kubanische Anlage gehört seit dieser Zeit auch nicht mehr zu Bacardi.
Zunächst aber war der Bacardi-Rum so ein großer Erfolg, dass die Firma neben der Fabrik auf Kuba bald Anlagen in Barcelona, New York, Mexiko und Puerto Rico eröffnete. Während der Revolution unterstützten die Bacardis die Kubaner zunächst im Kampf gegen den Diktator Batista. Als sie später mit der Umsetzung der prosowjetischen Politik nicht mehr ganz so einverstanden waren, wurden sie enteignet, ein schwerer Schlag für die Firma. Der Hauptsitz in Kuba ging verloren. Eine Entschädigung gab es nicht. Glücklicherweise konnte Bacardi aber recht schnell auf den Bahamas eine neue Produktionsstätte aufbauen.
Noch heute ist das Imperium eine der wenigen Firmen, die ausschließlich von Mitgliedern der Gründerfamilie betrieben werden. Die leben natürlich längst nicht mehr auf Kuba, sondern sind in alle Welt verstreut. Viele Bacardis leben in Miami. Auch in Sitges gibt es noch Bacardis, aber die sind nicht mehr in direkter Linie verwandt, sondern sind Nachfahren der Geschwister Facundo Bacardis.
Nach dem Ausflug in die Geschichte der Familie geht es zum echten Rum. Das besondere an der Art, in der Bacardi seinen Rum herstellte war, dass er den Rum nicht direkt aus dem Zuckerrohr, wie damals üblich, sondern aus der Melasse gewann.
Xavi gießt mir etwas Rum direkt aus der Flasche in die Hände. “Verreibt das mal und riecht dann an eurer Hand” sagt er. „Ist das nicht eine klebrige Angelegenheit?“ denke ich, während ich reibe und rieche. Erstaunlicherweise ist es aber überhaupt nicht klebrig. Es ist eher wie Hände waschen, nur eben mit Rum. Zuerst riecht es irgendwie nach Zitrus, dann irgendwie weicher. Lustig. Auf die Idee, mir Rum auf die Hände zu gießen, wäre ich nicht gekommen. Aber schön glatt und weich fühlt sich das an.
Facundo Bacardi verfeinerte den Herstellungsprozess noch weiter. Ein Teil des aus der Melasse gewonnenen Rums wurde mit einer speziellen Kohle aus Tropenhölzern gefiltert. So erhielt er statt des sehr rauen, braunen Rums, ein ganz klares, “weißes” Destillat. Dieser Filterungsprozess wurde – und wird – mehrmals wiederholt. Zum Vergleich dürfen wir beide Varianten probieren. Der nur wenig oder ungefilterte Rum hat einen sehr starken, rustikalen Geschmack. Der gefilterte Rum ist dagegen fast leicht und schmeckt irgendwie cremig.
Xavi weiht uns zwar nicht in die genauen Geheimnisse der Herstellung ein, aber er erzählt uns immerhin, dass das Endprodukt, der Bacardi Carta Blanca, eine Mischung aus diesen beiden Versionen, dem gefilterten und dem ungefilterten Rum ist. Den verkosten wir natürlich auch noch. Diese Mischung hat sowohl den kräftigen Rum-Geschmack der ungefilterten als auch die cremig-weiche Konsistenz der gefilterten Variante.
Zur Lagerung benutzte Bacardi ein Verfahren, das er sich von den Wein- und Whiskyproduzenten abgeguckt hatte. Er lagerte seinen Rum in Fässern aus amerikanischer Weiß-Eiche, die seinem Rum einen besonderen Geschmack gaben.
Mit all diesen Veränderungen im Destillationsprozeß, gelang es Bacardi, den Rum sozusagen salonfähig zu machen. Plötzlich galt Rum als schick und viele der heute noch beliebten Cocktails wie Cuba libre, Mojito, Daiquiri oder Piña Colada gehen auf diesen ersten, cremig-weichen, weißen Bacardi Rum zurück. Kein Wunder, dass der Katalane in Kuba auch „el rey de los rones“, der Rumkönig, genannt wurde.
Nach der Theorie kommt die Praxis. Alejandro, der Barkeeper der Casa Bacardi, erwartet uns schon. Mit geschickten Händen mixt er vor unseren Augen das Originalrezept des Bacardi Mojito. Wir probieren: Köstlich! Dann mixt er eine Cuba libre. Schmeckt auch gut, aber Cola ist nicht so mein Ding. Und dann holt er auf einmal kleine Brettchen hervor, die er vor uns hinlegt. Wir sollen selbst mixen. Oh, ein kleiner Cocktailkurs! Ich entscheide mich für den Mojito.
Alejandro ist halb Deutscher, halb Argentinier. Das Cocktailmixen hat er in Buenos Aires schickem Stadtteil Palermo Soho gelernt. Unter seinen wachsamen Augen mixe ich also meinen ersten Mojito.
Zuerst muss ich eine halbe Limette vierteln. Das ist noch ganz einfach. Die Stückchen kommen in ein hohes Glas und werden ganz vorsichtig gestampft. „Nicht so doll drücken, nur den Saft aus den Limetten holen. Wenn du zu doll drückst, wird die Schale beschädigt, und dann wird der Geschmack bitter“, mahnt Alejandro mich. Ich gebe mein Bestes und stoße so sanft ich nur kann. Jetzt kommen zwei Löffel weißer Zucker auf den Saft. “Viele Leute nehmen braunen Zucker. Das kann man natürlich auch machen, aber es ergibt einen anderen Geschmack und wir machen hier das ursprüngliche Bacardi Mojito Rezept.” erklärt Alejandro.
Nachdem sich der Zucker und der Saft vermischt haben, kommen ein paar Blätter frische Minze dazu. Aber die darf man nicht einfach so ins Glas tun. „Sie müssen erst aufgeweckt werden.“, sagt Alejandro. Er legt mir die Minze in die offene Hand. „Jetzt einmal kräftig klatschen.“ Nun sind die Blätter wach und dürfen zum Limettensaft. Wieder ganz vorsichtig stößeln, nur nicht zu doll. Jetzt kommt eine ordentliche Ladung Eis auf meinen Mix. Dann kriege ich die Flasche Bacardi in die Hand gedrückt. Ich soll genau sechs Zentiliter Rum dazugeben. „Und wie messe ich genau sechs Zentiliter ab?“, muss ich ganz doof nachfragen. „Du zählst einfach.“ OK, ich zähle bis sechs, aber Alejandro zählt wohl langsamer als ich und hält meine Hand mit der Flasche über dem Glas noch fest, als ich schon fertig gezählt habe. „So ist gut“, meint er und grinst. Oho, denke ich nur. Ich bin einfach wieder zu schnell. Bis sechs zählen ist nicht gleich bis sechs zählen. Das geht viel laaangsaaamer!
Bevor wieder ein Ladung Eis auf meinen Rum kommt, darf ich die Minzeblätter hübsch an den Rand des Glases drücken. Das sieht nett aus. Fast wie ein echter Cocktail. Ein ordentlicher Spritzer Soda und zum Abschluß noch mal Minze als Deko obendrauf. Fertig. Alejandro reicht mir einen Strohhalm und ich probiere.
Nach getaner Arbeit setzen wir uns in die nette Chillout-Ecke vor der Casa Bacardi und schlürfen unsere selbstgemachten Mojitos in der Sonne. Gar nicht schlecht, fürs erste Mal. Ich genieße meinen ersten, eigenen Drink. Aber der Mojito von Alejandro war irgendwie noch besser. Dabei habe ich doch alles ganz genau wie er gemacht, oder nicht? Hatte er noch eine Geheimzutat mit drin? Oder hat er einfach besser gemischt? Da muss ich wohl doch noch üben. Aber ich bin trotzdem stolz, es schmeckt und ein wenig beschwipst bin ich auch.
Zutaten für das Bacardi Mojito Rezept:
2 Teile Rum BACARDÍ Superior
4 Limettenviertel
12 Blätter frische Minze
2 kleine Löffel weißer Zucker
1 Teil kaltes Sodawasser
gestoßenes Eis
Minze zum Dekorieren
Für Cocktailkurse oder einfach einen Bummel durch das kleine Museum:
Casa Bacardi
Mercat Vell de Sitges
Plaça Ajuntament, 11
08870 Sitges, Barcelona
Website: www.casabacardi.es
wow…. kann diese Führung jeder machen? Oder hattest du da eine spezielle Einladung? Hört sich toll an und du hast es (wieder einmal) geschafft, mein Fernweh zu wecken. ….
Toller Bericht!
Nee, die Führung kann jeder machen! Gleichzeitig mit mir war auch noch ein lustiges kubanisches Pärchen da. Hat echt Spaß gemacht! Nicht nur wegen des leckeren Mojitos !!!