Als Álvares Cabral auf dem Weg nach Indien mehr durch Zufall den Seeweg nach Brasilien entdeckte, lebten in Portugal bereits Tausende der aus Spanien geflohenen Juden. Doch sie lebten versteckt, heimlich. Nur in den eigenen vier Wänden konnten sie ihre religiösen Traditionen bewahren. Nachdem sie 1492 aus Spanien vertrieben worden waren, hatten sich viele von ihnen nahe der Grenze auf portugiesischem Boden niedergelassen. In Belmonte war man tolerant und ließ die Andersgläubigen in Ruhe. Jedenfalls zunächst.

Burg Bemonte cabral Blick von der Cabral Burg auf Belmonte 

belmonte burg cabral

Das jüdische Leben der cristãos novos in Belmonte

In Belmonte hatte man nichts gegen die Neuankömmlinge. Bereits im dreizehnten Jahrhundert ließen sich die ersten jüdischen Familien hier nieder.  Die Juden konnten hier unbehelligt ihrem Alltag nachgehen und alle lebten friedlich miteinander. Doch dann beschloss der portugiesische König Dom Manuel I zu heiraten. Seine Auserwählte war die Tochter der katholischen Könige Isabel de Castilla und Fernando de Aragón. Die mächtigen spanischen Herrscher hatten bereits alle Juden und Mauren aus ihrem Reich verjagt. Sie verlangten nun, dass der portugiesische König ebensolche Maßnahmen ergreife.

kapelle Belmonte

Belmonte

Doch Manuel I wollte oder konnte sich das Vermögen der jüdischen Bewohner, die in seinem Reich lebten, nicht entgehen lassen. Vielleicht wollte er ja auch das Wissen der jüdischen Gelehrten nicht verlieren. Schließlich musste Dom Manuel dem Druck aus Spanien nachgeben. Er entschied sich aber dafür, die Juden nicht zu vertreiben, sondern sie zu christianisieren. In einer landesweiten Aktion begann die Zwangstaufe der Juden. Gnadenlos wurden sie mit Gewalt zu den Taufbecken geschleift und gesegnet. Offiziell waren sie von da an zwar Christen, insgeheim pflegten sie jedoch nach wie vor ihre alten jüdischen Traditionen.

dreidel museum belmonte Dreidel 

Belmonte jüdisches Leben schofar Schofar 

Belmonte jüdisches Leben mesusaMesusa für die Hosentasche

Cristãos novos, neue Christen, nannte man diese untergetauchten Juden, die nur dem Anschein nach dem christlichen Glauben anhingen. Sie feierten fast dieselben Feste, aßen fast dieselben Dinge und gingen sogar in die katholischen Kirchen. Es scheint unglaublich mit welchen Tricks, die cristãos novos es schafften, sich unauffällig unter den Christen zu bewegen und scheinbar anzupassen.

Belmonte jüdisches Leben

belmonte

Da Juden kein Schweinefleisch essen, entwickelten sie ein Rezept für eine Hühnerwurst, die sie ähnlich der christlichen Wurst aus Schwein, vor den Fenstern zum Trocknen aufgehängten. Statt der Mesusa, die normalerweise am Eingang eines jüdischen Hauses eingemauert ist, benutzten sie eine handliche Taschen-Mesusa, die die Gläubigen unauffällig berühren konnten, ohne dass christliche Passanten etwas bemerken. Aus dem jüdischen Dreidelspiel entwickelte sich in Portugal das Rapa Poe Tira Deixa, das teilweise heute noch von den Kindern gespielt wird. Sogar in die katholische Kirche gingen die untergetauchten Juden, meist allerdings nur dreimal im Leben (zur Taufe, zur Hochzeit und zur Beerdigung). Dann murmelten sie beim Betreten der Kirche einen Satz wie „Mein Körper sagt ja, aber meine Seele sagt nein.“

Als der Bergbauingenieur Samuel Schwarz in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts nach Belmonte kam, fielen ihm dort ein paar merkwürdige Dinge auf. Der aus Polen stammende Schwarz war selbst Jude und vermutete bald, dass es Juden in dieser Gemeinde geben müsse. Doch die cristãos novos gaben sich ihm nicht zu erkennen. Es dauerte lange, bis er ihr Vertrauen gewonnen hatte. Erst nachdem er mit Einigen von ihnen gebetet hatte, und sie gewisse Ähnlichkeiten in seinen Gebeten erkannten, vertrauten sie sich ihm langsam an. Sie wussten ja nicht, dass es anderswo noch mehr Menschen gab, die denselben Glauben pflegten und ihre Traditionen bewahrt hatten.

Samuel Schwarz schrieb zwei Bücher über seine Entdeckung: Inscrições hebraicas em Portugal (1923) und Os cristãos novos em Portugal no século XX (1925).

Belmonte jüdisches Leben museum

In der kleinen Synagoge von Belmonte treffe ich den Vizepräsidenten der jüdischen Vereinigung. Senhor João ist ein sehr ruhig wirkender, älterer Herr. Er erzählt mir, dass heute nur noch rund 50 Mitglieder zur Gemeinde gehören. Die meisten jüdischen Familien seien längst nach Israel ausgewandert. Dennoch ist Belmonte nicht nur eine der ältesten, sondern auch immer noch eine bedeutende jüdische Gemeinde in Portugal.

synagoge belmonte

Nützliche Infos über Belmonte

Belmonte ist eine der zwölf Gemeinden, die neben Idanha-a-Velha, Castelo Rodrigo oder Sortelha zu den aldeias históricas zählen.

Belmonte

Belmonte und der Entdecker Cabral

Weithin sichtbar erhebt sich in Belmonte die mächtige Burg der Herren von Cabral. Überall in der Stadt trifft man auf das Wappen mit den beiden Ziegen. In Portugal wird besonders Álvares Cabral, der Seefahrer und Entdecker Brasiliens als eine Art Nationalheld gefeiert.

cabral Wappen Burg belmonte

Belmonte Cabral

Er stammte aus einer wohlhabenden Adelsfamilie. Sein Großvater war maßgeblich an der Eroberung Ceutas beteiligt gewesen. Die an der Straße von Gibraltar strategisch wichtig gelegene Enklave auf dem afrikanischen Kontinent rissen später jedoch die Spanier an sich.

Belmonte Cabral

Belmonte Cabral

Doch irgendwann brannte die mächtige Burg und ein Feuer vernichte den Familiensitz. Nur noch Ruinen sind erhalten geblieben. Auch in der nahe gelegenen Kapelle stößt man auf das Wappen der Cabral. Die kleine Kirche mit den romanischen Malereien ist das Familienpantheon. Hier ruhen neben Pedro Álvares Cabral noch weitere Familienmitglieder.

cabral    fresken blemonte

Igreja de Tiago e Panteão dos Cabrais
Largo do Castelo
6250-048 Belmonte

Castelo de Belmonte
Rua Castelo
6250-048 Belmonte

Museu dos Descobrimentos
Das Museum zeigt die Geschichte der portugiesischen Eroberungen und die Entdeckung Brasiliens. Ein Raum ist wie eine Karavelle der portugiesischen Armada gebaut. Eine Plüschmaus sitzt dort auf einem der Fässer. In den anderen Sälen gibt es viele Filme und Videos, interaktive Spiele zum Drücken und Ziehen. Überall kann man etwas anfassen und entdecken.

Museu dos descobrimentos
Rua Pedro Álvares Cabral 68
6250-088 Belmonte

maus museum belmonte

museu dos descobrimentos belmonte
museum belmonte

Infos zu den Cristãos Novos

Museu Judaico
Rua da Portela 4
6250-088 Belmonte
Website: museu-judaico

Das Museum zeigt und erklärt die Geschichte der Juden anhand zahlreicher Gegenstände des jüdischen Alltags, wie die Menora, das Schofar, die Kippa oder die Mesusa.

Interessante Links:
www.haaretz.com
www.vosizneias.com

gasse belmonte

Der Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der ich von TCP/ARPT Centro de Portugal eingeladen wurde.