Die alten Holzdielen knarren unter meinen nackten Füßen, als ich früh am Morgen die Fensterläden öffne. Der Hahn hat mich geweckt. Hinter mir, im Treppenhaus sind leise Schritte zu hören. Es ist Cathrine, unsere Gastgeberin, die das Frühstück zubereitet. Wenig später steigt der Duft von geröstetem Brot und frischem Kaffee in meine Nase und ich mache mich auf den Weg nach unten, in den Garten, wo der Tisch bereits gedeckt ist.
Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es heute zum Col du Soulor, einem Gebirgspass, der fast jedes Jahr Teil der Tour de France ist. Zunächst schlängelt sich der Weg eng an einem Flüsschen entlang, später säumen tiefe Abhänge und noch später dann grüne Wiesen die kleine Straße. Ziegen- und Schafherden sind jetzt auf dem Weg zu ihren Sommerweiden. Sie grasen gemütlich am Wegesrand und stehen in aller Ruhe mitten auf der Straße. Fast so, als wollten sie mich wissen lassen, dass wir hier nicht in der Stadt, sondern in der Natur sind. Die Tiere haben Vorfahrt. Und sie haben keine Eile.
In der Ferne kann ich eine in den Berg gehauene Straße erkennen. Das ist die route thermale, die Kaiserin Eugénie, Ehefrau Napoleons III, aufgrund ihrer fragilen Gesundheit sehr geschätzt haben soll. Oben angekommen, treffen wir zwei Einheimische. Die Männer lagern hier in einem saloir communale den Käse ein, den die Bauern der Umgebung aus Kuh-, Ziegen- und Schafsmilch hergestellt haben. Sie reinigen und drehen die eingelagerten Käselaibe jeden Tag bis der fromage nach circa drei Monaten herangereift ist und verkauft werden kann. Jeder Bauer, der seine Produkte in einem der Regale lagert, gibt dafür traditionell ein Zehntel seiner Produktion ab.
Nur wenige Meter von dem kommunalen Käselager befindet sich ein nettes Café mit spektakulärem Blick auf die Gipfel um uns herum. Radfahrer, Motorradfahrer und Wanderer lieben den Col du Soulor ganz offenbar, sogar Familien sind hier unterwegs.
Zurück im Tal fahren wir in den kleinen Ort Nay. Dort wird seit über 700 Jahren ein kleiner Markt abgehalten. Schon früher führten die Wege der Viehherden auf die Sommerweiden hier entlang. Heute werden Käse, Wurst und sogar Kleidung angeboten. Wir kosten natürlich den Brebis Käse, den eine rüstige Bauersfrau auf dem Markt feilbietet. Doch den Hauptteil des Marktes machen die Obst- und Gemüsestände aus. Auf den fruchtbaren Böden der Region wachsen fast alle Gemüsesorten. Händler bieten frische Tomaten in Rot und Gelb an, nebenan werden zu den Himbeeren und der hausgemachten Marmelade gleich die passenden Rezepte für den Einkauf mitgeliefert.
Nachdem wir eine ausführliche Runde über den Markt gedreht haben und ich ein Glas Marmeldade, das die Reise nach Hause sicher gut überstehen wird, erstanden habe, setzen wir uns in eines der Cafés. Vor dem Markt gibt es diverse Möglichkeiten sich unter den Arkaden niederzulassen und das bunte Treiben zu beobachten. Wie die Einheimischen betrachten wir nun das Geschehen um uns herum bei einem Täschen Kaffee. Neben uns hat sich eine ältere Dame gemütlich mit Zeitung und Kreuzworträtseln eingerichtet. Gegenüber sitzen fünf Herren, einer mit dem traditionellen „beret béarnais“ bekleidet, und tauschen angeregt Neuigkeiten aus.
Mir fällt auf, dass die meisten Arkaden rund gebogen sind, bis auf ein Haus, die maison carrée, dessen Arkaden quadratische Form haben. Angeblich soll dieses Gebäude mit dem wunderschönen Innenhof einst der Wohnsitz des Kommandanten der Musketiere gewesen sein. Die echten Musketiere, die den Dichter inspiriert haben, stammten in Wahrheit nämlich auch aus dem Béarn. Ich glaube, ich werde die Geschichte von Alexandre Dumas nach unserer Reise noch mal neu lesen.
Die meisten Orte, die wir bei diesem ersten Besuch im Béarn kennengelernt haben, liegen im Pays de Nay. Michi und ich haben uns direkt schockverliebt. Die Gegend ist wunderbar grün, angenehm ruhig, die Menschen herzlich und gutes Essen spielt hier eine große Rolle, was wir auch äußerst sympathisch finden. Es gibt unendlich viele Outdoor Aktivitäten, Radtouren, Kajak fahren, Bergwandern oder gar Klettern. Wer will, kann das Auto eigentlich komplett stehen lassen und alle Ausflüge mit dem Rad machen. Ferien ganz ohne Auto.
Wir probieren das natürlich auch aus und fahren mit dem Rad zurück zu unserem Chambre d’Hôtes. Michi hat sich ein Rad von Cathrine, unserer lieben Gastgeberin, geliehen und ich habe ein E-Bike in Nay gemietet. Ein Abschnitt der insgesamt 155 km langen Veloroute 81 verläuft nämlich zwischen Nay und Paradies-Pietat, wo wir übernachten. Es ist ein ganz flacher Abschnitt, super gut zu fahren. Als wir hungrig wieder in unserem Chambre d’hôtes ankommen, hat Cathrine schon das Abendessen für uns gekocht. Der Tisch draußen in dem riesigen Garten ist schon gedeckt …
Nützliche Infos zum Béarn
Pay de Nay:
Für uns waren die Tage im Pay de Nay, zu Füßen der Pyrenäen, wie eine grüne Auszeit, eine kleine Verschnaufpause mit viel Natur. Cathrine, unsere Gastgeberin, hat die Landschaft des Béarn so sehr begeistert, dass sie vor ein paar Jahren in Paris ihre Koffer packte und hierher zog. In ihrem wunderschönen Haus mit den hübschen Rosenstöcken und einem riesengroßen Garten empfängt sie seitdem Gäste, die sie herzlich umsorgt und bewirtet.
Chambres d’hôtes l’Estancat
Catherine Athon
18 rue de l’église
64800 Paradies-Pietat
Le Béarn
GPS : 43.2151782, -0.2970933
Website https://www.lestancat.com/
Le Béarn Outdoor:
Radrouten:
www.paysdenay.fr/
veloroute-du-piemont-pyreneen-v81
Route Thermale:
https://fr.wikipedia.org/wiki/Route_thermale
Wassersport:
Auf dem Gave du Pau gibt es Möglichkeiten zum Kajak oder Rafting wie in Lestelle-Bétharram.
Hinweis: Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise durch Nouvelle Aquitaine. Unsere Meinung wurde davon natürlich nicht beeinflusst.
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