Heimlich, bei Nacht, flohen sie durch den dichten Wald. Im Winter war es eisig kalt, denn es galt unwegsame Gebirgspässe in 2000 bis 3000 Metern Höhe zu überwinden. Männer, Frauen und Kinder schleppten sich hungrig, müde und frierend durch die Pyrenäen. Auf dem Weg in die Freiheit mussten sie sich den Schmugglern und Schafhirten anvertrauen, die unter Einsatz des eigenen Lebens, die Flüchtlinge über die Grenzen brachten. Immer komplizierter wurden die Fluchtrouten, je länger dieser Krieg andauerte.

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Während des Spanischen Bürgerkriegs zwischen 1936 und 1939 flohen die Menschen noch vor den heranrückenden Truppen des Franco Regimes Richtung Norden. Von 1939 bis 1945 machten sich dann unzählige Menschen im Süden Frankreichs in die entgegengesetzte Richtung auf den Weg, um über dieselben Berge nach Spanien hinein zu gelangen.

llessuí Vall d'Àssua
Die Wege durch die Pyrenäen waren Wege der Hoffnung. Fluchtwege in ein besseres Leben. Je nachdem vor welcher Ideologie man floh, versuchte man sich auf der einen oder der anderen Seite des Gebirges in Sicherheit zu bringen. Besonders in den Wintermonaten forderten die Berge jedoch ihre Opfer. Unerfahrene oder ungeduldig gewordene zahlten ihr überstürztes Handeln oft mit dem Leben.

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In Sort, einem kleinen Dorf in den Bergen, entdecke ich mehr durch Zufall ein Museum. Eigentlich ist es ein Gefängnis, vor dem sogar noch Gitterstäbe angebracht sind. Hier landeten diejenigen Flüchtlinge, die von der Guardia Civil aufgeschnappt wurden. Sie hatten es nicht unentdeckt bis nach Barcelona oder Madrid geschafft. Denn dorthin führten die Wege der Menschen, die vor den Schergen des Nationalsozialismus flohen. Über Barcelona, Madrid oder Lissabon verliefen damals die Fluchtwege nach Amerika, Kanada oder Israel.

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In diesem kleinen Gefängnis, das früher einmal eine Kapelle gewesen sein muss, wurden also diejenigen festgehalten, die es nicht geschafft hatten. Unter den Gefangenen waren viele Franzosen, aber auch Holländer, Polen, Russen, Deutsche und Belgier. Die meisten von ihnen waren entweder jüdischen Glaubens oder Mitglieder der Résistance. Sie hatten gegen das Hitler-Regime gekämpft, dabei geholfen Juden zu verstecken oder die Flüchtlinge über die Grenze zu schmuggeln. Gegen Ende des Krieges waren immer mehr Engländer, Kanadier und Amerikaner unter den Gefangenen. Es waren abgeschossene Piloten der alliierten Streitkräfte, die sich bis hierher durchgeschlagen hatten und von Spanien aus wieder in die Heimat zurückkehren wollten.

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Während Franco zu Beginn des Zweiten Weltkrieges noch wegen seiner Bewunderung für Hitler dazu neigte, die Häftlinge auszuliefern und sie dorthin bringen zu lassen, woher sie gekommen waren, änderte er seine Taktik später. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, als sich die Niederlage Hitler-Deutschlands bereits abzeichnete, versuchte der spanische Dikator bei den Siegermächten gut dazustehen, indem er die Gefangenen ausreisen ließ.

Wenn man bedenkt, wie klein dieser Raum war, kann man sich kaum vorstellen, unter welchen Bedingungen die Menschen hier eingesperrt waren. Allein 1943 wurden im Laufe des Jahres über 1.600 Menschen hier festgehalten. Nicht alle gleichzeitig natürlich. Aber schon mit zehn Personen auf diesen 24 Quadratmetern, war an menschenwürdige Unterbringung nicht mehr zu denken. Da das winzige Gefängnis irgendwann aus allen Nähten platze, wurden die alliierten Piloten und einige wohlhabende Flüchtlinge in einem benachbarten Hotel untergebracht.

 sort museum der freiheitHotel Pessets 

Zum Glück half die Bevölkerung, den Flüchtlingen, wo sie nur konnte. Obwohl sie selbst noch unter den Folgen des Bürgerkriegs litten und selbst nur wenig Nahrungsmittel hatten, brachten viele Einwohner den Gefangnen etwas zu Essen und zu Trinken.

Das Gefängnis von damals ist heute ein Museum. An den Wänden zeigen Landkarten und Fotos die Fluchtrouten von damals. Man schätzt, dass damals zwischen 60 und 80.000 Menschen über die Pyrenäen nach Spanien flohen. Eine große Tafel zeigt Tausende Namen. Es sind die Namen aus einem Verzeichnis, das man hier fand. Die Namen der Menschen, die hier gefangen gehalten wurden.

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Aber auch diejenigen, die das Glück hatten, nicht erwischt zu werden, hatten noch einen schweren Weg vor sich. Unentdeckt mussten sie Spanien durchqueren und zu einem der Häfen im Süden gelangen. Hilfsorganisationen besorgten die notwendigen Papiere für die Ausreise. Es konnte wirklich unglaublich viel schief gehen, auf dieser Flucht. Und dennoch machten sich die Menschen auf den Weg. Ganze Familien flohen aus Deutschland, erst nach Frankreich, dann nach Spanien und sogar fort aus Europa. Sie nahmen alle Gefahren in Kauf, um dem Regime der Nationalsozialisten zu entgehen.

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Infos zum Museum der Freiheit

Sort liegt im Pallars Sobirà, ganz oben in den Pyrenäen, kurz vor der französischen Grenze. Das Gebäude, in dem heute das Museum untergebracht ist, heißt Casa Xorret. Über die Jahrhunderte hinweg wurde die winzige gotische Kirche ganz unterschiedlich genutzt. Eine Zeit lang befand sich hier sogar ein Krankenhaus. Heute sieht es jedoch noch genauso aus, wie in den vierziger Jahren, als hier die Gefangenen untergebracht waren.

Presó-Museu Camí de la Llibertat
Plaça de Sant Eloi 8
25560 Sort/ Lleida
Website:  www.camidelallibertat.cat
Führung nach Voranmeldung: museu@camidelallibertat.cat
Noch ein interessanter link:  www.perseguitsisalvats.cat

Das Hotel Pessets, das einst als Ausweichmöglichkeit für die Unterbringung der Piloten genutzt wurde, ist längst umgezogen. Doch das alte Gebäude steht noch und ist heute eine sehr netten Tapasbar. Wenn Du dort ein Bier trinken oder Tapas kosten willst, kannst Du im hinteren Teil des leider komplett umgebauten Erdgeschosses noch ein großes Foto von damals sehen.

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