Eine Granja ist eigentlich eine Art Bauernhof. Dasselbe Wort bedeutet aber auch Milchbar, und meint eine Art Cafeteria, in der, im Gegensatz zu einer Bar, vorwiegend süße Sachen und Milchprodukte serviert werden. Leider gibt es nicht mehr so viele davon, aber eine hat sich in Barcelona bis heute gehalten. Sie heißt sogar wie mein Dorf, nämlich „Granja Viader – Cardedeu“ .
Der kleine Laden, der total versteckt im Gassengewirr des Ravals liegt, hat ziemlich viel zu bieten, was wirklich typisch katalanisch ist. Allein die modernistische Einrichtung ist schon charmant altertümlich.
Um noch einmal auf den Namen der Granja zurückzukommen: Draußen vor der Tür steht deswegen Cardedeu dran, weil der Bauernhof, der die Milch für die in der Milchbar verkauften Produkte lieferte, in Cardedeu steht. Aus meinem Fenster kann ich den Hof sogar sehen :-). Ein Teil der Familie lebt noch heute in Cardedeu, ein anderer Teil lebt mittlerweile in Barcelona. Die Granja selbst ist auch ein beeindruckendes Gebäude. Sie wurde von dem modernistischen Architekten Manuel Raspall entworfen, einem Nachfolger der wohl berühmtesten Vertreter dieses Baustils wie Domènech i Montaner o Puig i Cadafalch oder eben Gaudí. Raspalls Bauten zählen zum späten Modernisme und mischen sich schon mit Elementen des eher geradlinigen, klassischeren Noucentisme.
Die Familie Viader ist ziemlich groß. Der aus Cardedeu stammende Vorfahre einer Freundin von mir, gilt als Erfinder des berühmten Cacaolats. Die Familie Viader hat nämlich nicht nur die kleine Cafeteria im Raval gegründet, sondern ein richtiges Milchimperium geschaffen. Die Besitzer der Cafeteria Granja Viader in Barcelona gehören genauso dazu, wie die Granja Viader in Cardedeu.
Ein Spross dieser Familie ist Journalist und erklärt auf seiner Webseite die Familiengeschichte und die Geschichte der Erfindung des Cacaolats:
Cacaolat: Batut de Cacao
In den Zwanzigerjahren reisten der Industrielle Marc Viader und sein Sohn Joan auf vielen Messen durch Europa, um immer auf dem neusten Stand der Milchproduktion zu sein. Bei der Weltausstellung 1931 in Ungarn wurde den beiden ein erfrischendes Milchgetränk serviert, dass sie sofort begeisterte. Hier in Katalonien trank man bis dahin Milch einfach als Milch. Heiße Schokolade wurde oder wird bis heute als dickflüssige, geschmolzene Schokolade serviert. Die Herren Viader bastelten nun also an einer Formel, um ein ähnliches Getränk, wie das, was sie in Budapest kennengelernt hatten, zu produzieren. Ein wirtschaftlicher Vorteil des so lecker schmeckenden Kakao-Milchshakes war wohl auch, dass die fettarme Milch, die bei den anderen hergestellten Milchprodukten, wie Sahne, Pudding, Joghurt oder Käse, meistens nicht zum Einsatz kam, hier eine Verwendung fand.
Die Formel das Cacaolat war ein einschlagender Erfolg. Bald trank ganz Katalonien diesen Milchshake aus dem Hause Viader. Sogar bis nach Madrid wurden die kleinen Flaschen verkauft. Der Bürgerkrieg bedeutete dann allerdings erst einmal das Aus für die Erfolgsträhne. Auch in der ersten Zeit der Isolationspolitik des Franco Regimes, war es unmöglich, an Kakaobohnen in der benötigten Qualität zu kommen. So dauerte es bis 1950, bis die Produktion des Cacaolats wieder aufgenommen werden konnte.
Anfang der siebziger Jahre kauft eine große galizische Milchproduktionsfirma dann den kleinen, katalanischen Familienbetrieb der Viaders und die Marke Cacaolat.
Was hier sonst noch so serviert wird:
Orxata de xufa:
Orxata ist eine Erdmandelmilch, die eigentlich aus der Gegend von Valencia stammt. Vor allem im Sommer wird sie aber in ganz Katalonien gern und viel getrunken. Die aus den gepressten Knollen gewonnene Flüssigkeit wird mit Wasser und Zucker zu einem milchartigen, sehr vitaminreichen Drink. Lecker!
Xurros:
Xurros sind ein sehr fettiges Gebäck aus der Familie der Krapfen, Mutzenmadeln, Berliner und Prilleken. In der Granja Viader werden sie mit xocolata calenta, also flüssiger, heißer Schokolade serviert. Obwohl Xurros eigentlich mehr in den kalten Wintermonaten oder nach einer durchzechten Nacht gegessen werden, gibt es sie hier das ganze Jahr über.
Letzte Woche habe ich Mia von Uberding in der Granja Viader zum Xurros Essen getroffen. Wie man sieht, hat es ihr geschmeckt!
In Barcelona gibt es eine Straße, die für ihre Xurrerias, also Läden, in denen Xurros verkauft werden, sehr bekannt ist: Carrer Petrixol.
Welche Xurros nun die besten der Stadt sind, muss wohl jeder selbst ausprobieren.
Suís und xocolata calenta:
Heiße Schokolade ist also wirklich dickflüssige Schokolade in der Tasse, in die man Xurros oder Melindros eintunkt. Aber diese Kalorienbombe kann man noch toppen, in dem man einen Suis bestellt, das ist heiße Schokolade mit einem dicken Batzen Schlagsahne obendrauf.
Melindro:
Ein Melindro ist ein weiches Gebäck, das man vor allem zum Eintunken bestellt. Es sieht aus wie ein Löffelbiskuit, ist eben nur weicher und fluffiger.
Mel i mató:
In den Granjas gibt es üblicherweise viele Milchprodukte. Ich mag Mel i Mató besonders gern. Mató ist eine Art Topfenquark, der mit Honig und manchmal auch mit Honig und Walnüssen serviert wird. Schmeckt super!
Dann gibt es natürlich auch noch hausgemachten Flam, Crema Catalana, Batuts, Käsekuchen und auch Croissants oder Ensaimadas. Die ganze Karte konnte ich noch nicht hoch unter runter essen – aber ich arbeite daran 🙂
Mit Mia in der Granja Viader
Schöne alte Fliesen: Die liegen hier sicher schon seit der Eröffnung der Granja Anfang des letzten Jahrhunderts.
Wenn man ganz genau hinguckt: Diese Schokolade stammt von der Schokoladen-Familie Amatller, die das Haus neben der Casa Batlló errichtet haben!
NÜTZLICHE INFOS ZUM NACHREISEN:
Granja M.Viader
Carrer d’En Xuclá 4 – 6
Barcelona
Website: www.granjaviader.cat
Metro: L3 Plaça Catalunya oder Liceu
Sehr interessant. Und lecker! 😉 Ich glaube, die Granja Viader könnte ich jeden Tag aufsuchen, wenn ich in der Nähe wäre. Sieht sehr gemütlich aus … ich mag solche Orte.
By the way, ist „Xurros“ die katalanische Schreibweise oder einfach nur das gleiche wie „Churros“ (so war´s mir in Andalusia begegnet)?
LG, Wolfgang
Davon gibt es zum Glück noch ein paar in Barcelona, von diesen alten gemütlichen Jugendstilläden. 🙂 Und jopp, Xurros ist die katalanische Schreibweise für das spanische Wort Churros, genau wie Orxata für Horchata. Ich arbeite gerade an einem Artikel über die katalanische Sprache, da werde ich das genauer erklären 🙂
LG
Nicole
Oh! Dann muss ich nur noch schnell anfangen mein Spanisch zu verbessern (what means überhaupt anfangen zu lernen). Ist eh schön höchste Eisenbahn … 😉
Na dann mal los 🙂 viel Spaß!
Mmmhhhmm, lecker!
Ja wirklich! solltest Du unbedingt mal probieren!!!