Stille, steinerne Zeugen einer längst vergangenen Kultur ruhen viele tausend Jahre lang auf den Hügeln nahe Antequera. Es ist beeindruckend, was die Menschen vor so langer Zeit mit bloßen Händen und einfachsten Werkzeugen geschaffen haben. Für einen Moment machen mich die Dolmen von Antequera regelrecht sprachlos.
Das erste dieser steinzeitlichen Meisterbauwerke das ich besuche, ist der Tholos de Romeral, wesentlich jünger als die beiden großen Dolmen, die näher an der Stadt Antequera liegen. Die Wissenschaft geht inzwischen davon aus, dass der Tholos einer anderen Kulturepoche angehört, weil Grundrisse und auch die Bauart ziemlich unterschiedlich sind. Außerdem ist die Grabkammer des Tholos nicht aus großen Felsen, sondern aus wesentlich handlicheren Steinen „gemauert“. Die Menschen, die diese Stätte einst errichteten, waren echte Ingenieure der Frühzeit.
Vor den beiden großen Grabstätten, dem Dolmen de Viera und dem Dolmen de Menga, die sehr dicht beieinander liegen, ist ein Museum eingerichtet, das mit einer Ausstellung und einem toll gemachten Film sehr anschaulich erklärt, wie die Menschen in der Steinzeit diese mächtigen Bauten errichteten. Die ganze Gemeinschaft eines Stammes half, um allein mit Muskelkraft und einfachen, aber effektiven Mechanismen aus Rollen und Hebeln die bis zu 150 Tonnen schweren Steinblöcke über eine extra zu diesem Zweck angelegte Rampe an eine vorab geplante Stelle zu transportieren. Es war eine Gemeinschaftsarbeit, bei der Frauen und Männer mit anpackten.
Der Platz war sorgsam ausgewählt. Auch wenn sich die Landschaft inzwischen verändert hat und längst nicht mehr so aussieht, wie zu der Zeit, als die Dolmen gebaut wurden. Eines hat sich nicht verändert: heute wie damals fällt der Blick vom Dolmen de Menga in schnurgerader Linie auf den Peña de los Enamorados, den Berg der Verliebten. Die auffällige Form des Berges erinnert an den Kopf einer liegenden Frau. Viele Jahrtausende vor unserer Zeit muss diese Landmarke ein geradezu magischer Ort für die Menschen gewesen sein. Man spürt beinah, wie sehr unsere Vorfahren mit dieser Landschaft verbunden gewesen sein müssen.
Mit großem Respekt für die Bauleistung der frühgeschichtlichen Architekten und Ingenieure betrete ich schließlich die zentrale Kammer des ältesten der drei Dolmen von Antequera. Stolze 6000 Jahre ist der Dolmen de Menga alt, ganze sieben Meter lang, Wände und Dach aus mächtigen Felsen passgenau aufgestellt und ausgerichtet. In der Mitte trägt ein Stützpfeiler einen Teil der Decke. Irgendwann im Laufe der vergangenen Jahrtausende hat im hinteren Bereich jemand versucht, einen Brunnen zu graben.
Der nur wenige Meter vom Dolmen de Menga entfernt gelegene Dolmen de Viera ist etwas kleiner, aber ebenso beeindruckend. Er ist allerdings nicht, wie sein großer Bruder in Richtung einer besonderen Landmarke, sondern nach der Sonnenwende ausgerichtet. Nur in einem einzigen, kurzen Moment des Jahres fallen die Lichtstrahlen hier durch einen langen Tunnel bis in die hinterste Kammer des Dolmens.
Auch wenn die beiden Dolmen unterschiedlich ausgerichtet sind, haben sie neben der örtlichen Nähe viele weitere Gemeinsamkeiten. Beide Monumente bestehen aus bis zu vier Meter hohen Kammern inmitten eines Erdhügels und beide haben einen Durchmesser von rund 100 Metern. Zur Errichtung solcher Bauwerke waren nicht nur Muskelkraft und klug eingesetztes Werkzeug nötig. Diese Kultstätten sind detailliert geplant und die Ausführung der Pläne musste koordiniert werden. Es sind einzigartige Meisterwerke der Baukunst, die uns heute noch ein Gefühl von davon vermitteln, wie die Menschen einst die Landschaft um sie herum erlebten.
Nützliche Informationen zu den Dolmen von Antequera
Museum der Dolmen von Antequera:
Conjunto Arqueológico Dólmenes de Antequera
Carretera de Málaga 5
29200 Antequera (Málaga)
Außer den Informationen auf torcaldeantequera.com und der Website www.museosdeandalucia.es gibt es ein gutes Video über die Errichtung der Dolmen auf youtube, allerdings auf Spanisch: MuseosAndalucia
Was es in der kleinen Stadt Antequera und der gesamten Umgebung noch so Tolles zu entdecken gibt, das erzähle ich hier ganz bald.
(bereist im Winter 2023)
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