Vor meiner Reise hatte ich wunderschöne Fotos von kleinen bunten Fischerhäuser gesehen, die in El Cabanyal, dem Strandviertel Valencias, das Ufer säumen. Als ich mit der Metro schließlich das sieben Kilometer vom Stadtzentrum entfernte Hafenviertel erreiche, mache ich mich sofort auf die Suche nach diesen malerischen Häuschen. Im Gegensatz zu Küstenabschnitten von Benicàssim, Benidorm, Dénia oder anderen Orten entlang der Costa Blanca oder der Costa del Azahar, ist der Strand in Valencia nämlich nicht dicht bebaut. Hochhäuser sucht man hier zum Glück vergeblich.

Cabanyal Valencia

Der nahe dem Hafen El Grao (el Grau) gelegene Stadtteil El Cabanyal galt lange als das hässliche Entlein der Stadt: ein unansehnliches Viertel, ärmlich und etwas heruntergekommen. Vor wenigen Jahrzehnten noch war diese Gegend bei Valencianern als ein eher hartes Pflaster bekannt, eine raue Gegend oder wie man heute vielleicht sagen würde, eine No-go-Area. Doch nicht nur der America’s Cup, der 2007 in Valencia ausgetragen wurde und den Hafen in ein anderes Licht tauchte, auch das unermüdliche Engagement der Einwohner, die nicht bereit waren, ihr Viertel aufzugeben und gegen die Vernachlässigung kämpften, half dabei, das Image El Cabanyals aufzubessern. Eine Verwandlung wie im Märchen, vom hässlichen Entlein zum eleganten Schwan? Nicht ganz. Denn die Narben der vergangenen Jahrzehnte sind immer noch sichtbar. Sie sind ein Teil der Seele dieses Viertels.

barri cabanyal valencia

Haus El Cabanyal
Während ich durch die Straßen des ehemaligen Fischerviertels laufe, bin ich überrascht, dass hier kaum ein Gebäude höher als zwei Stockwerke ist. Dass weit und breit keine Hotelketten und Bettenburgen zu sehen sind, ist wohltuend. Stattdessen komme ich immer wieder an Grundstücken vorbei, auf denen Reste von Bauschutt daran erinnern, dass hier vor kürzerer – oder längerer – Zeit eines der baufällig gewordenen Häuser abgerissen wurde. Bunte Graffitis und Streetart zieren dann die leeren Wände. Dazwischen sind die letzten Marktleute gerade dabei ihre ambulanten Stände abzubauen und einzupacken. Den Wochenmarkt habe ich verpasst. Schade.

streetart valencia El CabanyalMai s’apagarà la nostra llum

Playa del Cabanyal
Durch den menschenleeren Hafen gelange ich zur Strandpromenade, an der kleine Restaurants mit gelangweilten Kellnern auf die wenigen Wintergäste warten, die sich um diese Jahreszeit hierher verirren. An dem breiten Sandstrand sind winddicht verpackte Familien zu sehen, die Drachen steigen lassen oder die Aussicht bewundern, denn von hier aus kann man die gesamte Küste überblicken. Zurück auf der Promenade kommt mir ein radfahrendes Urlauberpärchen entgegen. Deutsche. Sie radeln an mir vorbei, zurück in Richtung Zentrum.

El Cabanyal

El Cabanyal bunte häuser   El Cabanyal  bunte häuser

Im Hafen selbst ist zumindest an dem Wintertag, an dem ich mir El Cabanyal und den Strand ansehe, nicht viel los. Zwischen El Tinglado, den zur Jahrhundertwende errichteten Markthallen und dem modernen Vela-e-Vents, das zum America’s Cup den Journalisten und Besuchern den besten Blick auf die Regatta bot, hat Pamela ihren Platz gefunden: ein behüteter Damenkopf. Die Skulptur aus Aluminium stammt von Manolo Valdés und wurde der Stadt von Hortensia Herrera, der wohlhabenden Geschäftsfrau und Kunstmäzenin, geschenkt.

Pamela Vela e Vent Valencia

tinglado Valencia
el tinglado El Cabanyal

Spannend fand ich das Reismuseum. Vor ein paar Monaten war ich bereits in den Reisfeldern Albuferas und so vervollständigt diese alte Reismühle das, was ich bisher noch nicht über den Reis aus Valencia wusste, nämlich wie er geschält und gereinigt wurde. Auf drei Etagen erstreckt sich das liebevoll gepflegte und gut erhaltene Maschinarium, das mit viel Lärm, rüttelnd, schüttelnd und blasend die Spelze von den weißen Körnern trennt.

Reismuseum Valencia

Museu de l’Arròs de València
(Museo del arroz – Reis aus Valencia)
C/ del Rosari, 3, Poblats Marítims
46011 València
museodelarrozdevalencia.com