Nach einer Dreiviertelstunde unter der Erde trete ich wieder ins helle Sonnenlicht. Die Höhle von Nerja besteht aus riesigen unterirdischen Hallen, Stalaktiten, Stalagmiten und absonderlichen Gebilden aus Stein. Meterhohe Skulpturen in bizarren Formen hat die Natur hier gezaubert. Es gibt sogar Tiere, ganz kleine, aber sehr besondere Tiere. Manche von diesen Winzlingen leben nur in dieser Höhle und sonst nirgendwo auf der Welt. Aber von denen habe ich leider kein Einziges entdecken können.

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Die Entdeckung der Höhle von Nerja

Vor der Höhle von Nerja wartet Ruben auf mich. Ruben ist hier aufgewachsen. Da wo heute die Leute ihre Eintrittskarten kaufen oder auf der Terrasse etwas trinken, hat er einst Fahrradfahren gelernt. Er ist wirklich mit diesem Ort verwachsen, kennt jeden Baum und jeden Stein und liebt die Menschen hier. Er kennt jeden, der hier arbeitet und auch die Jungs von damals, die die Höhle 1959 entdeckt haben.

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Wir gehen zu einem Schatten spendenden Baum, etwas abseits vom Trubel. Hier riecht es angenehm nach feuchter Erde. Ruben zeigt auf ein kleines Loch im Boden. Das, erzählt er mir, ist der Eingang, durch den die fünf Burschen aus dem Dorf damals geklettert sind. Bis zur Entdeckung der Höhle kamen die Leute aus Nerja nämlich nur auf den Hügel, weil sich der Friedhof hier oben befand. Oder manchmal auch, um Müll in einem Erdloch abzuladen. Internet gab es in den fünfziger Jahren ja noch nicht und so strolchten die jungen Männer eigentlich nur in der Gegend herum. Damals war das eben der Zeitvertreib.

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Bald fiel ihnen auf, dass aus diesem einen Erdloch regelmäßig Fledermäuse auftauchten. Jung und neugierig wie sie waren seilten sie sich also ab, um nachzusehen, woher die Tiere genau kamen. Ruben weiß sogar, wer von den Jungen eine Taschenlampe dabei hatte, wer schmiere stehen sollte, um die Eltern benachrichtigen zu können, falls doch etwas passieren sollte. Er ist mit dieser Geschichte aufgewachsen und erzählt sie, als wäre er selbst dabei gewesen! Total gefesselt höre ich zu.

Die Fünf konnten nicht, wie ich vorhin, bequeme Treppen hinabsteigen, sondern mussten sich von ihrem Einstiegsloch aus durch enge Löcher quälen, bis sie in die große Halle gelangten. Da ihre kleinen Laternen nicht wirklich viel Licht gaben, tasteten sie sich mehr oder weniger an den Wänden vorwärts. Sie kamen bis in die Grotte der Gespenster. Die heißt nämlich bis heute so, weil einer der Entdecker genau in diesem Teil der Höhle auf einen Knochen trat. Der Schreck war natürlich groß! Ein Skelett! Die Jungen nahmen an, dass andere Menschen vor ihnen in die Höhle geklettert waren und den Ausgang nicht mehr gefunden hatten. Sie hatten ja keine Ahnung, dass sie da auf fossile Knochen von steinzeitlichen Vorfahren getreten waren!

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Nachdem sie mit einem Schreck in den Gliedern, aber heil und gesund wieder oben angekommen waren, schickten sie ein Dankesgebet gen Himmel. Dann liefen sie gleich zu ihrem Maestro und berichteten aufgeregt von ihrem Fund. Der Maestro hörte erstaunt zu und stellte fest, dass der Knochen, den sie ihm als Beweis mitgebracht hatten, uralt sein musste. Sofort war ihm klar, dass die jungen Männer eine wichtige Entdeckung gemacht hatten. Wenige Tage später wurde eine richtige Expedition organisiert. Mit Seilen, anständiger Ausrüstung, Beleuchtung und sogar mit einem Fotografen zog die Gruppe in die Höhle.

Die Fotos dieser offiziellen Expedition wurden in der regionalen Zeitung gedruckt. Eine Sensation! Von nun an strömten die Leute der ganzen Gegend hierher, um die berühmte Höhle von Nerja zu sehen, zu erforschen und zu besichtigen.

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1960, nur ein Jahr später, hatte man bereits einen begehbaren Eingang angelegt und die Höhle wurde mit einer großen Einweihung feierlich eröffnet. Es gab Musik und sogar eine Ballettaufführung in dem unterirdischen Saal.

Nach Rubens anschaulicher Erzählung kann ich die fünf jungen Männer fast vor mir sehen. Im Spanien von damals war das Leben in den Dörfern recht einfach und bescheiden. Die Leute lebten meist vom Fischfang. Der große Touristenboom setzte erst später ein. Die Entdeckung der Höhle von Nerja muss eingeschlagen haben, wie eine Bombe. Ein Jahrhundertereignis!

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Bevor ich mich verabschiede, gibt Ruben mir noch einen Tipp: Ich solle mit der kleinen Bahn, der cuevatren, nach Nerja hinunter fahren. Eigentlich bin ich ja nicht so der Bummelbahn-Fan aber ich vertraue ihm einfach mal. Und ich werde nicht enttäuscht! Der kleine Zug bummelt nämlich gar nicht, sondern fährt richtig zügig. Frischer Fahrtwind weht mir ins Gesicht, das ist bei der Hitze mega angenehm und nebenbei kann ich die Landschaft genießen.

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Balcón de Nerja
Nach einem kurzen Besuch im Museum von Nerja überquere ich die Plaza España Richtung Balcón de Europa. Das Museum ist echt niedlich gemacht. Auf mehreren Etagen erklärt es die Höhle und die Geschichte von Nerja. Als ich an dem Aussichtspunkt ankomme, bin ich dann doch überrascht. Keine Ahnung, was ich genau erwartet hatte, aber das hier hat was von Bilderbuch. Eine weiße Kirche erhebt sich auf einem kleinen Platz, der sich zum Meer hin öffnet. Davor steht ein Straßenmusiker, der gerade inbrünstig seine Gitarre bearbeitet.

Weiter links macht ein Typ riesengroße Seifenblasen, sehr zur Freude der Kinder. Weiße Bögen mit Blumentöpfen behängt, kleine Gassen zwischen strahlend weißen Häusern und das alles direkt am Meer, mit Blick auf die Klippen. Kein Wunder, dass die Leute in Scharen auf diesen Platz strömen. Und dabei ist das Wetter heute nicht mal besonders gut. Es ist zwar warm, aber der Himmel ist leicht bewölkt. Trotzdem ist dieser Platz einfach wunderschön! Ich suche mir einen freien Tisch in einem der Cafés, bestelle mir etwas zu trinken und warte auf Elisa, mit der ich mich hier verabredet habe, um heute Nachmittag nach Frigiliana zu fahren.

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Infos zu Nerja und der Höhle :

Eigentlich gibt es auch noch steinzeitliche Malereien in der Höhle zu sehen. Die befinden sich aber in schwer zugänglichen Bereichen und sind geschützt. Von Zeit zu Zeit finden aber besondere Touren statt, bei denen man auch diese Teile besichtigen kann. Als ich in der Höhle war, fanden gerade Forschungsarbeiten an den Malereien statt, sodass ich sie leider nicht sehen konnte.

Anfahrt zur Cueva de Nerja:

Mit dem Bus:
Von Malaga aus kannst Du direkt bis zur Höhle von Nerja fahren. Die Fahrt dauert circa eine Stunde und kostet 4,86 Euro. Alsa Busse fahren mehrmals am Tag im Hafen von Malaga ab – die Haltestelle ist direkt dort, wo das Riesenrad steht.

Mit dem Auto:
Von der Autobahn A7 kommend die Ausfahrt 295 nehmen, die Höhle liegt zwischen Nerja und Maro. Es gibt einen großen Parkplatz vor der Anlage.

Cueva de Nerja
Carretera de Maro
29787 Nerja

Eintritt Cueva de Nerja:
Der normale Eintritt kostet 10 Euro für Erwachsene, 6 Euro für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren.
Website: www.cuevadenerja.es
Das Ticket für den kleinen Zug, cuevatren, kostet 15 Euro. In dem Preis ist sowohl der Eintritt in die Höhle als auch ins Museum mit inbegriffen. Besonders für Familien mit Kindern lohnt sich das, denn mit einem Ticket kannst Du den ganzen Tag so oft mit dem Zug hin und herfahren, wie Du willst.

Museum von Nerja:
Das Museum befindet sich in der Ecke der Plaza España, ganz in der Nähe des Balcón de Europa und ist von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 4 Euro.

Vielen Dank an APTA Axarquía und ganz besonderer Dank an Ruben Barbero für seine Geschichten zur Entdeckung der Höhle!