Tag und nacht liefen die Maschinen in der Farinera. Es waren die neusten und besten Maschinen, die es damals gab. Unermüdlich ratterten, rollten, fielen und stiegen die Körner in dem Gewirr dünner, hölzerner Rohre durch die Etagen der Mehlmühle. Ende des neunzehnten Jahrhunderts löste die Fabrik La Farinera die alte mit Wasser betriebene Mühle ab, die bis dahin das Getreide der Bauern gemahlen hatte. Mit der neuen industriellen Technik konnten die Leute in Castelló d‘Empúries ihr Mehl nun viel feiner und viel weißer mahlen als vorher.

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Als Carmen mich durch die alte Anlage führt, duftet es nach Holz und nach Bohnerwachs. Alles ist geputzt und blitzeblank und sieht fast aus wie neu. Die teilweise über hundert Jahre, die diese Maschinen auf dem Buckel haben, sieht man ihnen absolut nicht an. „Sie sind ja auch immer gut gepflegt und gewartet worden, bis zum Schluss“, erklärt Carmen. Und zum Schluss, das war 1995, als die Stadt dem letzten Betreiber diese Anlage abkaufte, schon mit der weisen Absicht die Farinera zu erhalten und hier ein Museum einzurichten. Die Maschinen liefen durchgehend, Tag und Nacht. Nur Freitags wurden sie abgestellt, denn dann war Großreinemachen angesagt. Jede kleinste Ecke der Mühle musste ordentlich gesäubert und vom feinen Staub des Mehls befreit werden.

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Während im Mittelalter noch drei mit Wasser betriebene Mühlen die Umgebung von Castelló d’Empúries mit Mehl versorgten, begann Mitte des neunzehnten Jahrhunderts auch hier das Zeitalter der Industrialisierung. Nach und nach wurden die alten Mahlsteine durch moderne Maschinen ersetzt, bis schließlich nur noch die Farinera übrig blieb. Die Müller aus den geschlossenen alten Mühlen durften natürlich hier arbeiten. Aber viel Personal brauchte man in der neuen Anlage nicht. Insgesamt vierzehn Angestellte waren hier beschäftigt.

Während Carmen mich durch die Farinera führt, erklärt sie mir die komplizierten Mahl- und Filtertechniken, mit denen die Getreidekörner immer feiner und feiner gemahlen werden. Zum Glück gibt es auch anschauliche Zeichentrickvideos, die die Prozesse leicht verständlich zeigen. Für Kinder gibt es interaktive Stationen zum Lernen und Anfassen.

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Am Arbeitsplatz des Müllers steht noch eine Kiste mit Werkzeug und im Spint kleben Notizzettel. Wie ein Pinup-Girl prangt da das Foto einer italienischen Schönheit aus einer deutschen Werbebroschüre von 1968. Hey, das Bild ist ja genauso alt wie ich! Es sieht wirklich aus, als wäre der Müller nur kurz zur Frühstückspause gegangen oder als mache er gerade einen Rundgang.

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In den siebziger Jahre belieferte die Farinera noch die Bäckereien in der Umgebung mit frisch gemahlenem Mehl. Doch 1995 schloss sie schließlich für immer ihre Tore. Der Mehlkonsum und das Verhalten der Verbraucher hatte sich geändert. Seit 1997 ist die Farinera ein regionales Museum für Wissenschaft und Technik.

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Die Legende der Bruels 

Als ich an einer der Bäckereien, beziehungsweise Konditoreien in Castelló vorbeikomme, entdecke ich kleine süße Kuchen, die ich noch nie zuvor gesehen habe! Natürlich muss ich die gleich probieren und die Bäckerin erzählt mir auch gleich eine Geschichte zu den leckeren Bruels.

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Nach einem Jahr der Missernte sollten alle Bauern das wenige Getreide, das sie hatten abgeben, damit man es auf alle verteilen konnte und keine Hungersnot ausbreche. Alle, bis auf einen, hielten sich an die Abmachung und teilten ihre spärliche Ernte. Nur ein reicher Bauer dachte gar nicht daran, seine Ernte mit den anderen zu teilen.

Er belud des nachts einen Karren, um sein Getreide in Sicherheit bringen. Im Dunkeln machte er sich auf den Weg nach Roses, wo ein Schiff auf ihn wartete, mit dem er weit, weit weg segeln wollte. Doch der reiche Bauer hatte nicht bedacht, dass er die Moore der Aiguamolls durchqueren musste. Prompt versanken seine Ochsen bald im tiefen Schlamm. In Roses ist der Bauer nie angekommen und man hörte nie wieder etwas von ihm. Doch seine Ochsen hörten die Bewohner von Castelló d’Empúries noch viele Jahre lang nachts in den dunklen Wäldern der Moore schreien.

Fast schon gruselig diese Geschichte! „Die kleinen Küchlein haben die Form der abgesteckten Torfballen aus dem Moor“ erklärt mir die Bäckerin. Und dann erzählt sie weiter: Die lauten Schreie aus dem Moor, die die Menschen hörten, stammten natürlich nicht von im Schlamm versunkenen Ochsen, sondern von einem Vogel! Es ist das Männchen des Bitó (auf Deutsch: Rohrdommel), das diese unglaublichen Laute von sich gibt! Nachdem der Vogel in den sechziger Jahren schon fast ausgestorben war, kann man ihn aber dank der Einrichtung des Naturparks wieder schreien hören.

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Infos zur Farinera:

Das Museum versteht sich als Ökomuseum weil es neben der Geschichte der Farinera, der Mehlmühle an und für sich, auch die Landschaft und die Natur der Umgebung mit in seine Ausstellungen einbezieht. Hier sollen Kinder aber auch Erwachsene lernen können, welche Tiere und Pflanzen es in den Naturparks gibt, welche Getreide hier angebaut werden oder warum es überhaupt verschiedene Mehlsorten gibt. Manchmal werden sogar Workshops zum Brotbacken organisiert.

Ecomuseu – Farinera de Castelló d’Empúrias
Carrer de Sant Francesc, 5
17486 Castelló d’Empúries/ Girona
Website: Ecomuseu – Ein einzigartiges Erbe

Öffnungszeiten:
Juli und August:
Durchgehend Mo-So von 10 bis 14 Uhr und 17 bis 20 Uhr geöffnet

Im Sommer (April, Mai, Juni und September):
Di-Sa von 10 bis 14 Uhr und 16.30 bis 19 Uhr
So: 10.30 bis 13.30 Uhr
Montags geschlossen

Im Winter (Oktober bis März):
Di – Fr von 10 bis 14 Uhr
Sa: 10 bis 14 Uhr und 16 bis 18 Uhr
So: 10.30 bis 13.30 Uhr
Montags geschlossen

Eintritt:
Normaler Eintritt für Erwachsene: 3,70 Euro
Kinder von 7-14 Jahren: 2,65 Euro
Kinder unter 6 Jahre: Eintritt kostenlos

Speziellere Infos zu Öffnungszeiten an bestimmten Feiertagen und zu Preisnachlässen findest Du auf der Website des Museums.

Pastisseria Surroca
Plaça de les Cols, 9
17486 Castelló d’Empúries/ Girona