Ich liebe Käse, und ich meine damit nicht die geschmacklosen blassen Scheibchen auf der Tiefkühlpizza oder das Trockenpulver, das sich manche auf die Nudeln schütteln. Ich meine richtigen Käse. Und einer der Könige der Käse ist eben der Parmesan: Parmigiano Reggiano.
Ein Freund von mir, der eine Zeit lang in Italien lebte, brachte jedes Mal, wenn er uns besuchen kam, einen ordentlichen Brocken Parmigiano Reggiano mit. Was für ein Geschenk! Natürlich war selbst der größte Brocken Käse spätestens nach ein paar Wochen aufgefuttert. Bei uns wird so etwas nie schlecht.
Und nun bin ich selbst im Käseland unterwegs, in der Heimat des Parmesans. Südöstlich von Modena liegt der kleine Ort Baggiovara. Hier gibt es eine Käserei-Kooperative, die Caseificio Nuova Martignana. Bereits früh am Morgen bringen die Bauern die Milch hierher, die dann auch sofort verarbeitet wird. Keine zwei Stunden darf sie alt sein, bevor sie zu Parmesan gemacht wird. Aber die Milch ist nicht nur ganz frisch, sondern sie stammt auch von ganz besonderen Kühen.
Selbstverständlich dürfen die Kühe, deren Milch in dieser Käserei verarbeitet wird, nur hier in der Gegend grasen. Und sie dürfen nur ganz bestimmtes Futter kriegen. Den schwarz-weiß gefleckten Damen kommt nichts Industrielles oder Tierisches, nicht mal Silofutter, auf den Teller. Sie fressen das gute Gras auf den Wiesen der Emilia Romagna.
Da die Milch direkt nach dem Melken angeliefert wird, müssen die Käsemacher ebenfalls früh aufstehen. Hier in der Kooperative sind Vater und Sohn schon bei der Arbeit, als wir die Halle betreten. Das ist oft eine Familientradition, erklärt uns die nette Dame, die uns durch die Anlage führt. Ihren Namen habe ich leider vergessen. Mit geschickten Handgriffen wird jedenfalls schon ordentlich in den großen Kupferkesseln gerührt. Aber bis es etwas Spannendes zu sehen gibt, gucken wir uns erst einmal die anderen Räume an.
Der noch ziemlich weiche und weißliche Käse kriegt gleich zu Anfang, wenn er frisch gepresst ist, eine Plastikschablone und einen Stempel aufgedrückt. So sind die wichtigsten Daten und Infos dem Käse wie ein ewiges Tattoo aufgedrückt. Wenn man echten Parmigiano Reggiano kaufen will, muss man unbedingt ein Stück mit Rinde kaufen, auf dem auch diese Käsetattoos noch zu erkennen sind! Nur anhand der Nummern und Zeichen kann nämlich der Ursprung des Käses bis zur Kuh zurück verfolgt werden, von der die Milch stammt..
Nach der Eile am frühen Morgen geht es dann für den Käse gemächlicher zu. Er wird kurz gesalzen, dann hat er Zeit zu trocknen und zu reifen. Erst nach zwölf Monaten kommt sein großer Tag. Ein Prüfer klopft und hämmert auf das mittlerweile goldgelb gewordene Käserad ein. Er sucht Hohlräume oder andere kleine Fehler, und er ist dabei sehr, sehr streng. Was nicht hundert Prozent perfekt ist, muss aussortiert werden. Nur die absolut makellosen Käselaibe kriegen von ihm das ersehnte Siegel. Alle Räder, die die Prüfung nicht bestehen, sind zwar auch gute und leckere Käse, aber sie dürfen eben nicht als Parmigiano Reggiano in den Handel gebracht werden. Die muss die Käserei dann günstiger verkaufen, unter Namen wie Hartkäse aus der Region zum Beispiel.
Nach der ersten Prüfung legt der Parmesan noch eine Ruhepause von weiteren sechs, zwölf oder noch mehr Monaten ein (insgesamt reift er dann also 18 bzw. 22 Monate). Währenddessen wird er fleißig gedreht und gewendet und mit der Zeit wird er immer dunkler und immer nussiger im Geschmack.
So ein einzelnes Käserad wiegt um die vierzig Kilogramm und kostet sage und schreibe 400 Euro! In diesen Regalen ruhen Millionen! Kein Wunder, dass die Dinger so gut bewacht werden. Es gibt in der Emilia Romagna sogar wirklich und wahrhaftig Banken, die Parmesan einlagern. Sie haben richtige Tresorräume und bewahren den wertvollen Käse absolut einbruchsicher auf. Um den Parmigiano Reggiano aber nicht nur vor Diebstahl, sondern auch vor anderen Gefahren zu schützen, sind mittlerweile sogar die Regale vieler Käsereien erdbebensicher gebaut. Nicht auszudenken, welchen Schaden ein Erdbeben, wie das vom Mai 2012, hier anrichten kann.
Aber dann ist es plötzlich so weit. Wir eilen zurück in die erste Halle und dürfen jetzt bei der Geburt eines Parmesans zusehen: Ganz sanft aber mit sicheren Bewegungen hebeln die beiden erfahrenen Käsemacher den Käse aus der Molke. Wie ein Baby wickeln sie ihn in ein Leinentuch und legen ihn ganz vorsichtig in die bereitgestellte Form. Fast schon ein bewegender Moment. 😉
Nur wenige Meter weiter entsteht gerade Ricotta. Die krümelige Käseschicht, die sich oben auf der Milch absetzt, wird abgeschöpft und in die entsprechenden Förmchen gefüllt. Hier machen sie wirklich alles von Hand.
Und dann endlich dürfen wir den Parmesan probieren. Mmmh!
Übrigens wird echter Parmesan nicht geschnitten, sondern gebrochen: Mit einem kleinen Spezialmesser zieht man eine Linie auf die Rinde, schneidet ca. zwei Zentimeter tief in den Käselaib ein und hebelt dann ein Stück Parmesan heraus.
Nützliche Infos:
Caseificio Nuova Martignana
Via Martignana, 281
41040 Baggiovara (MO)
Website: www.parmigiano-reggiano.it
Hinweis: Der Artikel entstand im Rahmen eines Blogtrips durch diese wundervolle Region, zu der wir von APT Emilia Romagna eingeladen wurden. Die hier erzählten Erlebnisse und Eindrücke sind selbstverständlich ausschließlich meine eigenen.
Hallo Nicole,
sehr schöner Artikel und er erinnert mich daran, dass ich eigentlich schon viel zu lange nicht mehr in diesen Regionen Italiens unterwegs war (was ich gerade erst auch am Wochenende meiner Frau sagte).
Ich liebe den Parmigiano und deine Beschreibung ist interessant. Genauso auch das Bild mit den Rädern. Fotografisch ein sehr schönes Motiv.
Lg Thomas
Hallo Thomas, Danke Dir! Freut mich, dass Dir die Fotos und natürlich die Emilia Romagna so gut gefallen! Ich glaube ich muss dringend meinen Schatz einpacken und mit ihm für zwei Wochen oder so die ganze Gegend in Ruhe ansehen.
LG!!
Nicole