Eine alte schwarze Lok und vier hölzerne Wagons stehen mitten im Wald. Naja, nicht mitten im Wald, sondern im Dorf Milies. Einmal am Tag kommt die kleine Bahn morgens aus Volos hier hoch und fährt am Nachmittag wieder runter ans Meer. Der kleine Zug sieht aus, wie in einem Western. Aber Büffel gibt es hier natürlich nicht und schießwütige Cowboys erst recht nicht. In gemütlichem Tempo ruckelt die Bahn los. Die Landschaft ist mal wieder atemberaubend schön. Trotz der herbstlichen Wolken, die meistens leider den Himmel verdecken, kann ich an vielen Stellen das Meer sehen, den Hafen und die Boote.
Während ich so aus dem Fenster gucke, kommt eine Brücke in Sicht. Die wirkt allerdings nicht besonders vertrauenserregend. Sie besteht vorwiegend aus … Luft. Die Luft wird lediglich von ein paar eisernen Trägern zusammengehalten. Aufregend! Aber die alte Bahn fährt sicher ihres Weges. Macht sie ja jeden Tag.
(Foto von Apple Ping)
In Ano Gazea hält unser Zug an. Eigentlich ist es nur ein Zwischenhalt, aber wir steigen aus. Vicky und Anastasia haben beschlossen, dass wir hier reiten werden. Schon kommen auch ein paar Pferde um die Ecke galoppiert.
Zentauren:
Und schon wieder sind wir im Reich der griechischen Mythologie gelandet: In den Bergen Pilions lebten lange bevor die hellenistische Kultur ihre Hochzeit hatte, vereinzelte Volksstämme. Sie lebten relativ wild und zurückgezogen, aber hatten ein unglaubliches Kräuterwissen, denn hier in den Bergen wachsen unzählige Heilpflanzen. Es gab auch viele Pferde in der Gegend. Sogar eine besondere Pferderasse hatte man hier in Pilion angeblich. Welche, hab ich allerdings wieder vergessen. Ist aber auch nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass die Leute sich bestens mit Kräutern auskannten, und außerdem noch mega gut mit Pferden umgehen konnten. Sie ritten so gut, dass man hätte meinen können, Reiter und Mensch seinen ein einziges Wesen. Wahrscheinlich, so erzählt uns Anastasia, unsere Reiseführerin, führten diese Tatsachen zur Entstehung der Fabelwesen „Zentauren“. In den griechischen Göttersagen sind die Pferdemenschen ja wild und ungezähmt, aber auch für ihr Heilwissen berühmt.
Ein besonders weiser Zentaur freundete sich sowohl mit Menschen als auch mit den Göttern an, nämlich Chiron, Sohn des Kronos und Halbbruder von Zeus. Er war derjenige, der Asklepios, dem griechischen Gott der Medizin, sein Wissen vermittelte. Chiron war auch Trainer sämtlicher Helden im alten Griechenland: Jason, Achilles und Herkules wurden von dem Zentaur unterrichtet, bevor sie auszogen, um ihre Heldentaten zu vollbringen.
Also muss ich hier in den Bergen von Pilion auch mal auf’s Pferd steigen. So ein Ding ist ganz schön hoch. Aber Costa, der mich der fünfjährigen Stute Ariana vorstellt, beruhigt mich schnell. Ariana ist ganz sanft. Ich streichle sie ein bisschen, um zu sehen ob sie mich auch mag. Scheinbar ja. Sie sieht jedenfalls geduldig bis fast gelangweilt aus. Vielleicht ist es ihr aber auch einfach egal. Auf jeden Fall ist sie gutmütig genug, und sagt keinen Mucks, als ich mich auf ihren Rücken schwinge. Ein schickes Reiterkäppi kriege ich auch noch. Dummerweise muss ich aber aus hygienischen Gründen so ein grünes OP-Häubchen aufsetzen. Mein Gott wie sexy. Aber Ariadna stört es nicht und mich kennt ja hier keiner.
Costa führt uns als erstes in einen Tunnel, einen richtig dunklen Tunnel. Ich sehe überhaupt nichts. Ariadna scheinbar auch nicht, denn sie stolpert leicht, ich wackle und kriege einen Schreck. Zum Glück ist der Tunnel sehr kurz. Sobald wir draußen sind, bietet sich uns eine wahnsinnige Aussicht auf das Tal und das Meer. Der Weg führt zwischen Olivenhainen hindurch. Mehrmals muss ich mich ducken, um nicht die tiefhängenden Oliven gegen den Kopf zu kriegen. Dafür ist sicher der Helm gedacht,
(Foto von Apple Ping – mit Cheryl von What Boundaries)
Nach den ersten fünf Minuten habe ich mich „eingeritten“ und schaukele nun gemütlich auf Ariadnas Rücken durch die Landschaft. Das könnte mir glatt Spaß machen. Vielleicht sollte ich öfter Reiten. Bis zum Zentaur fehlt mir bestimmt noch ein bisschen, aber ich bin auf den Geschmack gekommen. Im Grunde ist Reiten ähnlich wie Wandern, nur halt im Sitzen und mit Pferd. Und man kann das Tempo verändern. Find ich klasse.
Infos, wenn Du auch mal dahin willst:
Pilion:
manchmal auch Pelion genannt, ist ein Gebirgszug in Thessalien und gehört zu Magnisia.
Zugfahrt:
Die Strecke ist nicht nur wunderschön, sondern echt „legendär“: Hier sollen die Eltern von Achilles ihre Hochzeit gefeiert haben, eine berühmte Götterparty, die letztendlich im Trojanischen Krieg mündete. Auch an der Höhle des Zentaur Chiron (Heiron) führt die Zugfahrt angeblich vorbei!
www.trainose.gr
Reitschule:
auf FB: IPPIKOS FUSIOLATRIKOS OMILOS MILEON
Die Website gibt es nur auf Griechisch: www.ifom.gr
Vielen Dank an Vicky von Visit Greece und an Anastasia für diesen Ausflug in die Bergwelt!
ich liebe Deine Geschichten! Du auf einem Pferd. Wunderbar: -)
Freut mich natürlich, dass Dir die Geschichten gefallen! Aber was soll denn das heißen, „Du auf einem Pferd“? steht mir das etwa nicht?? hahaha 😉