Rom im Untergrund:

Wenn man durch die vielen, kleinen Straßen Roms spaziert, kann man nicht nur über Kunst, Geschichte und Architektur staunen, die an jeder Ecke aus dem Boden ragen. Rom ist eine quirlige Mischung aus alt und neu, antik und modern, grau und bunt, laut und leise. Schwarzgewandete Priester mit Sporttasche, blondmähnige Touristinnen im Minirock, dunkelhäutige Irgendwas-Verkäufer mit Irokesenschnitt und knallblauem Riesenkopfhörer, wildgestikulierende Geschäftsmänner mit Handyknopf im Ohr oder kleine, fast schon erschrocken wirkende Nonnen im grauen Gewand füllen die Wege der großen Stadt auf jedem Schritt.

Aber es gibt noch eine Seite von Rom, die mir bisher völlig unbekannt war, nämlich den Untergrund!  Nicht nur in den berühmten Katakomben, sondern mitten drin, im Zentrum Roms,  kann man an  verschiedenen Stellen einfach abtauchen in die Geschichte der Stadt. Leider darf man an keinem der drei Orte, von denen ich gern erzählen möchte, Fotos der unterirdischen Welt machen, daher müsst Ihr beim Lesen heute Eure Fantasie etwas zu Hilfe nehmen 🙂 .

 römische Wölfin

Knochenkapelle Santa Maria della Concezione dei Cappucini

Mein erster Besuch der Unterwelt gilt einer Kirche in der berühmten Via Veneto, dort wo sich in den 60er und 70er Jahren, die großen Kinostars des Dolce Vita tummelten.  Davon ist heute übrigens nicht mehr viel zu sehen. In dem Konvent befindet sich unterhalb des Museums eine Krypta, in der die alten Mönche sozusagen „über den Tod hinaus“ ihre Körper der Kirche hingegeben haben.

Nachdem man durch eine Ausstellung im oberen Geschoss des Kirchenmuseums gewandelt ist, geht es hinab in die Krypta. Ganz leise erklingen Mönchsgesänge aus einem Lautsprecher. An einem schnurgeraden Gang entlang , befinden sich auf der rechte Seite mehrere kleine Kapellen. In diesen Nischen sind Schädel, Becken-, Bein-, Fingerknochen und ganze Skelette zu Kunstwerken verarbeitet und andächtig arrangiert worden.  Einige Mönche liegen oder stehen in ihren braunen Kutten sogar ziemlich vollständig in der Krypta, nur eben als Skelett.

Gruselig find ich es überhaupt nicht. Die Stimmung, die diese Knochen ausstrahlen, könnte man eher als andächtig oder voller Hingabe bezeichnen. So kommt es mir jedenfalls vor: still, bescheiden und irgendwie losgelöst. Echt beeindruckend!

Rom Knochenkapelle Postkarten

Case Romane del Celio

Gleich hinter dem Kolosseum, etwas versteckt auf einem kleinen, grünen Hügel, habe ich eine unglaublich Entdeckung gemacht,  Le Case romane .  Für römische Verhältnisse ganz früh am Morgen,  fünf Minuten vor 10 Uhr, stand ich vor der verschlossenen Tür. Angeblich soll es hier hinab in den Untergrund der römischen Geschichte gehen. Außer mir hat sich allerdings niemand in diesen etwas verlassenen Winkel der Stadt verlaufen. In einem langen Gang alter, römischer Bögen befindet sich an der Seite lediglich ein unscheinbares Schild mit der Aufschrift Case romane. Weit und breit kein Mensch zu sehen. Aber umso besser. Das hat man in Rom ja sonst eher selten. Pünktlich um 10 Uhr geht dann die Tür auf und eine nette Dame lässt mich ein. Freundlich erzählt sie mir von einem Empfang, den es hier gestern Abend gegeben haben soll, und dass das Aufräumen noch etwas länger gedauert hat.  Ich kaufe mir ein Ticket und bin sehr gespannt.

Ehrlich gesagt, hatte ich nichts Großartiges erwartet. Vielleicht ein Zimmer, in dem man an den verschiedenen Schichten der Mauern die unterschiedlichen Epochen ablesen kann. Zum Glück bin ich allein, denn mir klappt echt die Kinnlade runter. Man wandert durch ein kleines Labyrinth der Jahrhunderte. Unglaublich gut erhaltene Mosaike, Wandmalereien und liebevoll restaurierte Räume hauchen den Resten der Wohnhäuser fast schon Leben ein. Man wandelt wirklich durch die Geschichte wie bei einer Zeitreise. Treppe hoch, Treppe runter, über eine kleine Brücke… Ich weiß gar nicht, wieviele Räume es ingesamt sind, aber ich bin total begeistert! Die Anlage ist zwar sehr klein aber einfach unglaublich schön!

Rom Casa Romana

San Clemente

Unter der Basilika geht es ab ins Dunkle. Man hört das Rauschen eines Flusses. Und zwar total laut. Dort wo seit rund zweitausend Jahren das Kolosseum steht, war früher ein See! Dieser See wurde von einem kleinen Fluss gespeist, den man einfach umgeleitet hat. Hier unten, zwei Etagen unter der Basilica San Clemente, kann man ihn aber noch deutlich hören!

Im ersten Unterstockwerk befindet man sich in einem beeindruckend großen Kirchenschiff. Und es ist unglaublich dunkel. Man muss gut aufpassen, wohin man seine Füße setzt.  Teilweise sind ein paar Mosaike an den Wänden noch erhalten. Merkwürdigerweise steht da irgendetwas in kyrillischer Schrift, das ein paar russische Touristen gerade zu entziffern versuchen. Mir wird der Text wohl für immer verschlossen bleiben ;-(. In einer Ecke des düsteren, unterirdischen Kirschenschiffs geht es aber noch weiter hinab. Im untersten ausgegrabenen Stockwerk läuft man zwischen Resten römischer Häuser herum. In einem abgesperrten Bereich kann man ein Mithräum erkennen, ein in den Fels gehauener Raum, in dessen Mitte sich ein Mithras Altar befindet. Mithras war vor dem Aufkommen der Christenheit einer der verbreitesten Kulte im römischen Reich. Besonders Legionäre fanden diese Religion, die etwas sehr Mysteriöses hatte und dessen Zeremonien nur unter Eingeweihten stattfand, wohl besonders anziehend. Viel mehr weiß man heute aber über diesen Geheimbund nicht.  Sehr spannend, finde ich!  Nach ein paar Gängen und Kurven geht es schließlich wieder nach oben, ins Licht, in die heutige Kirche.

Was ich nach wie vor sehr faszinierend finde, ist die Tatsache, dass die Römer aller Jahrhunderte scheinbar immer einfach „oben drauf“ gebaut haben.  Die heutige Basilica wurde schlichtweg direkt über der älteren Kirche erichtet. Einfach so.

Rom San Clemente

Und natürlich weiß ich auch schon, was ich bei meinem nächsten Besuch in Rom unbedingt sehen muss: die Katakomben!

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Nützliche Infos: 

1. Santa Maria Immacolata
Nostra Signora della Concezione dei Cappuccini
Via Veneto, 27
00187 Roma
Metro Linea A: Barberini
Eintritt: 5 Euro

2. Case Romane
Nicht ganz leicht zu finden, jedenfalls wenn man vom Kolosseum kommt, muss ich zugeben. Einfacher ist der Eingang über die andere Seite der Via Claudia/Via Navicella.
Case Romane del Celio
Clivo di Scauro
00184 Roma
www.caseromane.it
Metro Linea B : Circo Massimo
Autobus – 60, 75, 81,175,673
Eintritt: 6 Euro

3. San Clemente
Basílica de San Clemente de Letrán
Via di San Giovanni in Laterano
00184 Roma
www.basilicasanclemente.com
MetroLinea  B: Coloseo
Eintritt: 6 Euro