Bei Sevilla denke ich zuerst an Flamenco. Und dann an Toreros. Wo es Toreros gibt, gibt es natürlich auch Stierkämpfe. Gerade kurz vor meiner Abreise hatte ich mir Gedanken zu diesem Thema gemacht. Ein Artikel zum Thema Stierkämpfe in Katalonien ist in Arbeit. Als Carmen und ich in Sevilla vor der Arena stehen, beschließen wir also hineinzugehen. Mir ist schon ein wenig mulmig. Unterstütze ich da jetzt etwas, das ich nicht gutheiße, nur aus Recherchezwecken? Andererseits war ich auch im Dokumentationszentrum zum Thema Inquisition, und ich bin ja auch nicht für die Verbrennung von Hexen. Da wir uns nur in dem Museum der Arena umschauen und uns erklären lassen, was hier eigentlich genau passiert, kann ich mein Gewissen beruhigen. Ich will mir ein ungefähres Bild machen können, ohne mir eine Corrida ansehen zu müssen.

Sevilla Stierkampf Arena Panorama

Isabell ist unser Guide und macht die Führung auf Spanisch und Englisch. Zuerst begleitet sie uns auf die Ränge der Arena, die grados. Genau so stelle ich mir einen römischen Circus vor, in dem die Gladiatoren gegen die wilden Tiere kämpfen mussten. Vielleicht hat der Stierkampf da ja seinen Ursprung gefunden? Wer weiß. Die Sonne brennt ziemlich unbarmherzig auf die Sitzreihen hinab. Das erklärt auch gleich, wieso es hier zwei Kategorien gibt: sol und sombra. Die Preise für einen Sitz im Schatten sind um ein zigfaches teurer, als die Plätze in der Sonne. „Die Corridas finden am frühen Abend statt. Tagsüber, in der glühenden Sonne, könnte hier niemand sitzen“ erklärt Isabell.

Die beeindruckende Arena sei eine der ältesten in ganz Spanien. Sie sei nicht ganz rund, aber auch nicht oval, erklärt sie uns weiter. Für meine ungeschulten Augen ist das zwar nicht erkennbar, aber ich glaube ihr das mit der ungewöhnlichen Form einfach mal. Ringsherum gibt es verschiedene Zugangstore. Jede einzelne Pforte hat einen ganz bestimmten Zweck. Es gibt ein Tor, durch das die Toreros die Arena betreten, ein anderes für die Stiere, dann kommt eins, das zur Krankenstation führt und ein anderes, durch das die toten Stiere weggeschleift werden. Dort wo wir stehen, befindet sich die Pforte, durch die ein Torero nach einem ganz besonderen Kampf vom Publikum hinausgetragen wird, die Puerta del Principe. Normalerweise geht er allerdings da wieder raus wo er hereingekommen ist.

Sevilla Stierkampf Ränge Sitze Sol sombra Arena

Besonders tapfere oder wagemutige Stierkämpfer können mit einem Ohr, beiden Ohren oder dem Schwanz des Stiers belohnt werden. Wenn ein Torero diese Symbole des Triumphs als Geschenk erhält, ist das eine ganz besondere Auszeichnung.

„Und wer entscheidet das?“, will ich natürlich wissen. „Kann das Publikum abstimmen oder gibt es einen Schiedsrichter?“ Im Grunde entscheidet das Publikum, indem es mit Taschentüchern winkt. Aber es gibt einen Presidente, der immer in der überdachten Loge Nummer 2, direkt neben der Königsloge, sitzt. Dieser Präsident hat eine Art Schiedsrichterfunktion und letztendlich gilt sein Wort. Er entscheidet über Triumpf oder eben nicht.

In der Geschichte der Arena in Sevilla wurde bisher zweimal nicht der Stierkämpfer, sondern ein Stier für sein tapferes Auftreten und seinen besonderen Kampfgeist belohnt. Indulto nennt man das. Den Namen der beiden Stiere habe ich leider vergessen, aber diese beiden Helden durften zurück auf ihre Weide und dort irgendwann an Altersschwäche sterben.

Stierkampf Sevilla Museum Arena Stier begnadigt
ein Indulto

Die Gänge und Hallen unter den Rängen erinnern mich wieder an die römischen Arenen. Hier ist das Museum untergebracht. Es gibt jede Menge Gemälde von Stierkämpfen, Plakate, Statuen berühmter Toreros und auch diese bunten, engen Hosen, die die Stierkämpfer immer tragen.

Isabell erzählt uns eine Geschichte von zwei besonders begabten sevillanischen Toreros. Die beiden waren Zeitgenossen und sozusagen Rivalen. Einer der wohl berühmtesten Matadores war Joselito „el gallo“, der andere hieß Juan Belmonte. Während Joselito schon als kleiner Mops von sieben Jahren mit dem Stierfkampf begann, erfand Belmonte praktisch den modernen Stierkampf neu. Mit viel Ruhe und sehr viel näher am Stier, als das bis dahin üblich war. Es war der Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, das goldene Zeitalter der Stierkämpfe in Sevilla. Die Corridas waren soziale Ereignisse. Der kleine Joselito war bereits als Kind ein unschlagbar guter Torero, und der jüngste Matador, den es damals gab. Doch all sein Können und alle Bravour halfen ihm nichts, als er am Abend des 16. Mai 1920 von einem Stier aufgespießt wurde. Wenige Tage nach dem Kampf erlag er seinen Verletzungen und starb mit nur 25 Jahren. Juan Belmonte war nun der einzige Held der Arena. Er zog sich 1936 vom aktiven Kampf zurück und starb 1962 im Alter von siebzig Jahren. Dramatische Schicksale.

Sevilla Stierkampf Arena Museum Torero gemälde
Gemälde Juan Belmontes

Nach dem Museum werfen wir noch einen Blick in die Pferdeställe und dann stehen wir schon wieder draußen. Die Stiere leben natürlich nicht hier in der Arena, sondern irgendwo auf dem Land, auf saftigen Weiden und werden nur kurz vor einer Corrida hergebracht.

So richtig verstehen kann ich die Faszination, die so viele Menschen für den Stierkampf empfinden, immer noch nicht. Aber meine Gedanken zu diesem Thema erzähle ich Euch demnächst in einer anderen Geschichte, denn zuerst muss ich noch mehr von Sevilla berichten.

Sevilla Stierkampf Arena Modell Museum
Modell der Stierkampfaarena Sevilla
Sevilla Stierkampf Arena Museum torero kleidung

Sevilla Stierkampf Arena plakat
Sevilla Stierkampf Arena Stiere Gemälde
Sevilla Stierkampf Gemälde
Stierkampf Arena Sevilla

Sevilla Stierkampf Arena Eingang

„Vokabular“ und Infos:

Torero:
Toreros sind eigentlich alle am Stierkampf beteiligten Kämpfer

Picadero:
Picaderos nennt man die Gehilfen des Hauptstierkämpfers. Sie reiten auf Pferden in die Arena, machen den Stier erst einmal müde, reizen ihn und stechen Lanzen in seinen Nacken.

Bandillero:
Bandilleros sind ebenfalls Helfer, wie die Picaderos. Statt Lanzen haben sie aber kleinere Spieße.

Matador:
Haben die Picaderos und Bandilleros den Stier schon halb fertig gemacht, ist der Matador dran. Matador kommt von matar = töten. Der Matador ist ein erfahrener Stierkämpfer und derjenige, der mit dem roten Tuch wedelt. Er versetzt dem schon schwer verletzten Stier den Todesstoß. Ein guter Matador sollte das beim ersten Anlauf schaffen.

Sevilla Torero

Sevilla oracion del torero

Eintritt Stierkampfarena Sevilla:

Ein normales Ticket kostet 7 Euro
In der Sevilla Card ist der Eintritt in die Arena enthalten.

Adresse der Stierkampfarena:

Plaza de Toros de la Real Maestranza de Caballería de Sevilla
Paseo de Cristóbal Colón, 12
41001 Sevilla
Website: www.realmaestranza.com

Sevilla Stierkampfarena Denkmal

Disclaimer: Die Unterkunft in Sevilla wurde uns von Only-apartments zur Verfügung gestellt – vielen Dank! Die hier dargestellte Meinung ist davon unabhängig und beruht einzig und allein auf unseren persönlichen Erfahrungen.