Ganz im Norden Andalusiens liegt Úbeda, eine mittelgroße, eher beschauliche Stadt, dessen historisches Zentrum (gemeinsam mit dem benachbarten Baeza) zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. In Spanien ist die Stadt vorwiegend wegen ihrer Renaissance-Architektur bekannt. Auch wenn ich kunstgeschichtlich nicht sonderlich bewandert bin, finde ich es ist höchste Zeit, mich endlich auch einmal im nördlichen Teil Andalusiens umzusehen.

Úbeda Olivenöl Olivenhaine

Wir sind begeistert, ehe wir Úbeda überhaupt betreten. Sobald wir das Auto auf einem kostenlosen Parkplatz am Rande der Altstadt stehen lassen, schweift der Blick auf eine wunderschöne Landschaft. Kein Wunder, denn hier hat man einen Blick auf Olivenhaine, so weit das Auge reicht. Diese sanften Hügel, die sich scheinbar endlos bis zum Horizont ziehen, umgeben die kleine Stadt. Auf dem Weg hierher haben der Schatz und ich schon völlig begeistert diese Landschaft bestaunt. Wir glauben, dass wir so fasziniert davon sind, weil sie so entspannt und beruhigend auf uns wirkt. An den Küsten, nicht nur in der Nähe von Barcelona, sondern in ganz Spanien, herrscht eine ziemlich hohe Bevölkerungsdichte. Hier im Herzen Spaniens, wo Andalusien in Kastilien La Mancha übergeht, ist schlicht und einfach viel Platz. Kein wuseliges Menschengewimmel, sondern ein relaxtes Ambiente, ohne Hetze.

Úbeda Brunnen

Auch diese Beschaulichkeit hält die Spanier natürlich nicht davon ab, laut zu sein. Auf den kleinen Plätzen sitzen Familien und Freunde im Sonnenschein bei einem Gläschen Bier oder Wein – und jeder Menge sehr leckerer Tapas – und freuen sich des Lebens. Diese Eigenschaft, ausschließlich in maximalem Volumen miteinander zu kommunizieren, ist angeboren. Da bin ich mir sicher. Sie können gar nicht anders, als die gesamte Umgebung an ihren Gesprächen teilhaben zu lassen. Wenn ich in Deutschland unterwegs bin, ertappe ich mich manchmal dabei, dass ich selbst inzwischen so laut rede, dass ich ernste Blicke von den Nachbartischen ernte.

Jedenfalls, sind wir schon mal begeistert von der Landschaft um Úbeda herum. Leider haben wir nur einen Nachmittag, um uns ein wenig umzusehen, denn morgen geht es schon weiter. Aber für eine Stadtführung bleibt noch Zeit.

Die Führung beginnt in dem riesigen Gotteshaus, von dem ich dachte, es sei die Kathedrale. Doch die Sacra Capilla del Salvador del Mundo, so heißt dieses eindrucksvolle Bauwerk, das den Platz vor dem Parador von Úbeda dominiert, ist eine private Kapelle. Francisco de los Cobos, ein wohlhabender Politker und Mitglied des Ordens de Santiago, wollte sich und seiner Familie an dieser Stelle eine private Kapelle errichten. Der einflussreiche Herr starb vor der Fertigstellung und liegt unter einem kreisförmigen Mosaik vor dem Altar begraben. Seine Witwe, eine wesentlich jüngere Frau (bei der Hochzeit ein 14 Jahre junges Kind), die der mächtige Mann wegen ihres Adelstitles geheiratet haben soll, musste die Kapelle vollenden lassen.

Die üppig geschmückte Frontseite zählt zum Platereskenstil. Was mich an diesem pompösen Bau besonders beeindruckt hat, waren die Decke der sogenannten Sakristei und ist eine eckige Tür. Mitten in einer Ecke führt eine außergewöhnliche Pforte, umgeben von barbusigen Frauenfiguren, in einen bescheidenen Hinterraum, die Sakristei. Diese im 16. Jahrhundert entstandene Privatkapelle sei, so erklärt die Stadtführerin, voller Symbole, die an den Übergang von Leben zum Tod erinnern, wie Totenköpfe zwischen den Engelsfiguren oder einer Fackel des Lebens auf den Türmchen der Fassade. Der Raum an sich ist eher bescheiden und schlicht gehalten, aber diese unglaubliche Decke wirkt so leicht, wie gespannte Tücher in einem Sommerzelt.

sacra-capilla-del-salvador Úbeda
Da mir in dieser überdimensionalen Kapelle ziemlich kalt wurde, war ich froh, als der Stadtrundgang draußen weiterging. Hübsche kleine Plätze, ein Brunnen, zahlreiche, prachtvolle Paläste und zwei Kirchen (beide heute geschlossen), die auf den Grundmauern ehemaliger Moscheen errichtet wurden: La Basílica y Real Colegiata de Santa María la Mayor de los Reales Alcázares de Úbeda und die Iglesia de San Pablo an der Plaza 1 de Mayo.

santa-maria-de-los-reales-alcazares ÚbedaSanta María la Mayor de los Reales Alcázares de Úbeda

iglesia-san-pablo Úbeda Iglesia de San Pablo

iglesia-san-pablo ÚbedaIglesia de San Pablo
Úbeda palacio-vela-de-los-cobos
Palacio Vela de los Cobos

Úbeda konservatorium
 Conservatorio de Úbeda

Am Ende des Spaziergangs durch die alten Straßen kommen wir zur Sinagoga del Agua, die durch einen Zufall 2006 bei Bauarbeiten entdeckt wurde. Eigentlich hatte der Besitzer des Grundstücks vorgehabt, Ferienwohnungen und einen Laden einzurichten, doch schon bald stieß man auf ungewöhnliche Steine. Der Bauherr war ganz begeistert von den Funden und verfolgte seine ursprünglichen Pläne nicht weiter. Bislang ist nicht wissenschaftlich bewiesen, dass es sich tatsächlich um eine Synagoge und eine Mikwe handelt, die hier zutage gefördert wurden. Bei der Führung erklärt man uns, dass zwar die komplette Dekoration aus dem Privatbesitz des Eigentümers stamme, aber viele Anzeichen, wie die gefundenen Brunnen, die Säulen, die sieben Stufen und das bewegte Wasser, dafür sprächen, dass sich einst eine Mikwe an dieser Stelle befunden habe.

Sinagoga del Agua Úbeda
Sinagoga del Agua Úbeda
Sinagoga del Agua Úbeda

Natürlich hat dieser “Zweifel” mich neugierig gemacht und ich habe ein bisschen recherchiert. Laut eines Zeitungsberichts sind offenbar zu keiner Zeit Archäologen oder andere wissenschaftliche Fachleute bei den “Ausgrabungen” bzw. der Rekonstruktion dabei gewesen. Die Archäologin und Direktorin des Museums von Jaen spricht sogar von einer “Konstruktion” der potentiellen Synagoge, da sämtliche Arbeiten von einem Architekten ausgeführt worden seien.

Trotz der vielen Hinweise bleibt die Existenz einer Synagoge vorerst wohl Hypothese. Ob die Synagoge nun “echt” ist oder eine geschickte Marketingstrategie, hübsch anzusehen ist diese unterirdische Rekonstruktion auf jeden Fall. Erstaunlicherweise ist auch recht viel Betrieb, denn mehrere Besuchergruppen drängen sich zur gleichen Zeit in den verschiedenen Sälen des kleinen Gebäudes.

úbeda Casa mudejar Museo Casa Mudejar 

Als ich über die mit zahlreichen Tapas-Bars und kleinen Läden belebte Calle Real zum Hotel zurückkehre, wird es schon dunkel. Für die Stadtmauer und die Puertas bleibt dieses Mal keine Zeit. Auch die Casa Mudejar, die ich unbedingt sehen wollte, ein kleines Museum, das archäologische Funde zeigt, war leider geschlossen (weil Montag!).

Úbeda casa de los salvajesCasa de los Salvajes

torre-palacio-del-marques-de mancera

Ich muss mich mit einem ersten Überblick zufriedengeben und werde definitiv wiederkommen, mit mehr Zeit und nicht an einem Montag. Schon allein, wegen der leckeren Kekse aus dem Kloster, die wir in unserem niedlichen Hotel zum Frühstück probieren durften. Und natürlich, weil ich unbedingt noch einen Olivenbauern besuchen will, am liebsten einen kleinen Familienbetrieb, denn die Oliven bringen diese wunderbare Ruhe in die Landschaft.

Die Nacht verbringen wir in dem kleinen Hotel Nueve Leyendas, das jeden der Räume nach einer besonderen Legende der Gegend benannt hat. Unser Zimmer ist so niedlich altmodisch, der Service an der Rezeption so aufmerksam, dass wir beide richtig begeistert sind. Am nächsten Morgen gibt es ein mediterranes Frühstück. Super! Zuerst einen richtig guten Café, daran mangelt es in vielen Hotels nämlich, da bin ich schon mal happy, dann dürfen wir aus dem Angebot der Tostadas, Gebäck und frischem Obst wählen, was unser Herz begehrt, und alles wird an den Tisch gebracht. So süß!

Hotel nueve leyendas

Als wir uns von Úbeda verabschieden, genieße ich noch einmal diese Landschaft im Norden Andalusiens. Rote Erde und Olivenbäumchen so weit das Auge reicht. Die Olivos ziehen sich Hügel hinauf und hinunter. In schnurgerade Reihen verharren die knorrigen alten Stämme, die teilweise schon weit über hundert Jahre alt sind, Seite an Seite. Manche der Bäume sind so alt, dass sich ihr Stamm schon geteilt hat. Und während wir durch diese entspannte Landschaft nach Hause fahren, spielt der Wind mit den silbrig grünen Blättern der Olivenbäumchen.

olivenanbau úbeda

Hotel Tipp in Úbeda:

Hotel Nueve Leyendas 
Plaza López Almagro, 1
23400 Úbeda, Jaén
Website: www.nueveleyendashotel.com
Bezahlt haben wir für 1 Nacht 86 Euro, für das Frühstück pro Person 5 Euro.

Die Legende, nach der unser Zimmer benannt war, ist ziemlich traurig. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts habe man in einem Gebäude Úbedas bei Bauarbeiten einen verborgenen Raum mit einem Skelett entdeckt. Die Geschichte handelt von einer jungen Frau, die im 16. Jahrhundert von ihrem Ehemann, einem mächtigen Caballero des Santiago-Ordens bestraft wurde. Vermutlich aus Eifersucht ließ er seine schöne junge Frau in das Gewand einer Nonne kleiden, gab ihr einen Rosenkranz und ließ sie lebendig einmauern.

  • Der Parkplatz am Rande der Altstadt heißt Parking Miradores.
  • Die Stadtführung hat 16 Euro gekostet. Angeblich ist der Eintritt in diverse Museen in dem stattlichen Preis enthalten, aber da wir ja am nächsten Tag wieder abgefahren sind, konnte ich die nicht nutzen. Die Tickets gibt es bei Artificis an der Plaza Vázquez de Molina. Dort starten auch ein touristische Bimmelbahn und ein Elektrobus.