Bei meinem letzten Besuch in Valencia bin ich ein paar Tage lang kreuz und quer durch die Gassen der Altstadt gebummelt. Obwohl Valencia auf den ersten Blick gar nicht so groß zu sein scheint, verlaufe ich mich am ersten Tag prompt. Statt mich darüber zu ärgern finde ich, dass das eigentlich immer eine gute Gelegenheit ist, um einen Blick in die verborgenen Winkel der Stadt zu werfen, die man mit einem Stadtplan oder einer App gar nicht entdeckt hätte. Ganz entspannt laufe ich also so lange durch die Altstadt, bis ich mich hier fast zu Hause fühle.

Die Altstadt Valencias besteht genau genommen aus mehreren Vierteln. La Seu ist das Herz der Ciutat Vella, dort liegt nicht nur die Kathedrale, sondern auch die römischen Ruinen  aus der Anfangszeit Valencias. Um La Seu liegen die Viertel El Carmen, El Pilar (früher Velluters), el Mercat mit der Markthalle und der berühmten Seidenbörse, San Francesc und La Xerea, die ebenfalls zur Altstadt Valencias zählen. Innerhalb dieser Viertel, die man gut zu Fuß erkunden kann, liegen auch die meisten der historischen Sehenswürdigkeiten.

Lonja de Seda Sehenswürdigkeiten Valencia

La Seu

Im Mittelpunkt der Ciutat Vella liegt die Kathedrale „La Seu“, in der „el Santo Cáliz“ aufbewahrt wird, der Kelch, den Jesus angeblich beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern benutzt habe. Nachdem der sagenumwobene Kelch lange Zeit in den Pyrenäen, unter anderem im Felsenkloster San Juan de la Peña, versteckt worden war, soll er schließlich nach Valencia gebracht worden sein. In der Kathedrale ist ihm eine eigene Kapelle gewidmet. Papst Franziskus bestimmte sogar, dass in Valencia ab 2015 alle fünf Jahre ein Año Jubilar Eucarístico zu Ehren des Santo Cáliz gefeiert werde. Ob man nun gläubig ist oder nicht, Wissenschaftler haben inzwischen nachgewiesen, dass der Kelch, zumindest der obere Teil, tatsächlich aus der Zeit vor Christi Geburt stammt. Die Seitenflügel und der Fuß wurden nachträglich angebracht.

Kathedrale

An der nordöstlichen Eingangspforte findet heute wie vor hundert Jahren jeden Donnerstag pünktlich um 12 Uhr das Tribunal de las Aguas statt. Zu diesem Wassergericht treffen sich die Verantwortlichen im Freien, sehr zur Freude der vielen Besucher, die sich wartend vor dem Portal der Kirche versammeln, um dem Spektakel beizuwohnen.

Tribunal Aigua Altstadt Valencia

Besonders schön fand ich das archäologische Museum La Almoina, das unter der Plaza Décimo Junio Bruto liegt, dem Platz der nach dem römischen Konsul benannt ist, der Valencia einst gegründet haben soll. Denn unterhalb des Brunnens oder wie man so eine Wasserfläche nennt, liegen die Ruinen der römischen Mauern, Straßen und Häuser. Durch die Wasserschicht hindurch dringt das Tageslicht zu den Überresten der unterirdischen Stadt hinab.

Almoina Sehenswürdigkeiten Valencia

 

El Carmen

Enges Gassengewirr, wie man es sich in einer historischen Altstadt vorstellt. Obwohl man in El Carmen während der letzten Jahrzehnte sehr viel neu gebaut und restauriert hat, scheinen einige Gebäude noch renovierungsbedürftig. Die maurische Reste Valencias sind leider hinter Bauzäunen verborgen. Dafür zieren in diesem Teil der Ciutat Vella aber besonders viele Graffitis und Murals die alten Mauern. Wer Street-Art liebt, wird sich hier gar nicht satt sehen können.

Streetart Valencia

Graffiti und Streetart Valencia

Torres Serrano Altstadt Valencia

Torres Quart Altstadt

Toll sind die riesigen Eingangstore, die Torres Serrano und die Torres de Quart, durch die die Menschen im Mittelalter Valencia betraten. Auch die Casa de las Rocas, in der die Gegants, Bestien und Adler ausgestelllt werden, ist wirklich sehenswert. Von all den Sehenswürdigkeiten des Viertels hat mir das Ethno am besten gefallen, eigentlich ein Zusammenschluss mehrerer Museen, die im Kulturzentrum La Beneficencia untergebracht sind. Wunderbare Ausstellungen, sowohl im Ethno als auch im Prähistorischen Museum, die die Geschichte der Menschen dieser Stadt von früher bis heute erzählen. Eines der besten Museen, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Ich fand es mega gut. Im hübschen Hinterhof (dort sind auch noch Ausstellungsräume!) kann man anschließend ein nettes Käffchen trinken oder eine Kleinigkeit essen.

Dama de Elche Kopie Valencia

Museum Sehenswürdigkeiten Valencia

La Benficencia Valencia

 

El Mercado

Der Stadtteil rund um die Markthalle ist das lebendigste und sicher auch das touristischste Viertel der Altstadt. Der Mercado central ist so schön, dass man sie ruhig jeden Tag besuchen kann. Ich habe immer wieder neue Stände entdeckt, an denen ich mich dann mit Mandarinen, Nüssen oder Baklawa eingedeckt habe.

Markthalle Valencia

Die dem Heiligen Nikolaus gewidmete Kirche Iglesia de San Nicolás de Bari y San Pedro Mártir mit Wandmalereien, die der Kapelle den Vergleich mit der sixtinischen eingetragen haben, liegt zwar theoretisch im Mercat Viertel, betreten kann man sie aber nur über einen versteckten Eingang von der Calle de Quart im Carmen Viertel aus. Das Highlight ist (neben dem Markt) für mich aber die Lonja de Seda, die von den Seidenhändlern gebaute Börse, die mittelalterliche Wall-Street Valencias. Die Säulenhalle allein ist schon so beeindruckend, dass man sich dort beinah ehrfürchtig umschaut.

Sehenswürdigkeiten Valencia La Lonja de Seda

El Pilar (Velluters)

Ein tolles und zum Glück ganz ruhiges Viertel ist der Teil der Altstadt, in dem einst die Seidenweber bzw. die Samtweber* lebten. Dort wo die Menschen an vielen hunderten Webstühlen Arbeit und Brot fanden, sind heute kaum Sehenswürdigkeiten zu finden. Auch Kneipen oder Cafés gibt es hier nur wenige. Dafür tolle Gartenanlagen wie den Hort de la Botja, einen urbanen Garten, samt eines riesigen Murals. An seinem südlichen Ende stösst das Samt-und Seidenweber-Viertel auf das Barri San Franscesc in dem auch das Seidenmuseum liegt.

*Kleine Anmerkung: Vellut ist auf Deutsch eigentlich Samt, auf Spanisch terciopelo. Also genaugenommen ist es ein dicker, weicher Stoff, während seda (Seide) ja ein ganz feiner, leichter Stoff ist. Die Samt- und Seidenweber heißen hier also wörtlich übersetzt nur Samtweber. Warum, ist mir nicht so richtig klar. Ein Zusammenhang könnte aber sein, dass die wertvollsten Samtstoffe aus Seide gemacht werden.

Sant Francesc/ Sant Francisco

Sant Francesc ist das größte der fünf Altstadtviertel und macht fast die südliche Hälfte der Ciutat Vella aus. Das Seidenmuseum liegt genau dort, wo das Barri dels Velluters anfängt, nämlich an dem kleinen Park, der auf dem Gelände des einstigen Krankenhauses eingerichtet wurde. Die gotische Eingangspforte des Hospitals ist noch erhalten geblieben und steht heute inmitten des Grüns. Hinter dem Rathaus kann man auf der Rückseite des Gebäudekomplexes eines der Refugios antiaéreos besuchen, also einen der Luftschutzbunker, in dem die Menschen während des Kriegs Zuflucht fanden.

Seidenmuseum Valencia

refugio valencia

 

La Xerea

Für mich ist La Xerea das Viertel mit den meisten „Geschäften“. Gefühlt liegen hier die typischen Einkaufsstraßen Valencias. Aber auch ein paar echt schöne Museen, wie das CAHH, Centro Arte Hortensia Herrera, das die private Kunstsammlung der valencianischen Geschäftsfrau zeigt. Die zeitgenössischen Skulpturen, Gemälde und Installationen, die man hier ansehen kann, sind wirklich beeindruckend. Ein bunter Mix ganz großer Künstler und Künstlerinnen, wie Jaume PlensaTomás Saraceno, Eduardo Chillida, die japanische Gruppe Teamlab, Cristina Iglesias oder Olafur Eliasson. Aber auch das barocke Keramikmuseum, die Fundació Bancaixa, die alte Universität La Nau und das Museu del Patriarca liegen hier.

Centro Arte hortensia Herrera

jaume Plensa Centro Arte hortensia Herrera
museu ceramica valencia

Bald gibt es hier noch mehr Sehenswürdigkeiten aus Valencia:

Südlich der Altstadt liegt nicht nur das angesagte Russafa Viertel, sondern auch die CAC und das Hafenviertel Cabanyal. Und dann gibt es noch den Grüngürtel, das trockengelegte Flussbett des Turia und das Reisanbaugebiet Albufera vor den Toren der Stadt.

Reis aus Valencia Reisbauern Naturpark Albufera Valencia

(bereist im Dezember 2024)