Zehn Jahre ist es her, dass ich im Rahmen eines Musikfestivals die Gelegenheit hatte, das Castell de Perelada zu besichtigen. Ein traumhaftes Märchenschloss, vor dem ein weißes Schwanenpaar auf dem kleinen Teich schwamm. Die historische Bibliothek war bis unter die Decke mit unvergleichlichen Erstausgaben vollgestopft, in einem der Säle wurde eine ungewöhnliche Sammlung an Glasflaschen präsentiert und in einem viel zu klein gewordenen Weinkeller ruhten alte Fässer. Seither hat sich hier vieles verändert: Ein komplett neuer Weinkeller wurde gleich neben der historischen Schlossanlage auf dem Gelände eines alten Klosters errichtet.
1923 hatte der wohlhabende Unternehmer und Politiker Miguel Mateu die auf das 13. Jahrhundert zurückgehende Burg samt Kloster gekauft und in ein Weingut umgewandelt. Schon bei meinem ersten Besuch 2014 war der Schlosskeller längst zu klein für die Weinproduktion geworden, zu der mehrere auf das Empordà verteilte Fincas gehören.
2016 beschloss die Familie Suquet Mateu daher eine neue, 40 Millionen Euro teure Weinkellerei errichten zu lassen, die nicht nur als zentrale Bodega der Perelada Weine fungieren, sondern auch für Besichtigungen und Verkostungen zugänglich sein sollte. Den Auftrag dazu erhielt das renommierte Architekturbüro RCR, das bereits so ungewöhnliche Projekte wie Les Cols in Olot, eine Bibliothek in Barcelona oder das Weingut Bell-lloc in Palamós umgesetzt hatte.
2017 wurde das von Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramón Vilalta gegründete RCR sogar mit dem Pritzker-Preis, dem „Nobelpreis der Architektur“, ausgezeichnet. Die von dem Architektenteam entworfenen Gebäude scheinen mit der Landschaft zu verschmelzen. Das Büro des katalanischen Trios arbeitet mit natürlichen Materialien, passt seine Entwürfe geschickt den Gegebenheiten des Territoriums vor Ort an und erschafft dadurch einzigartige, harmonische Gebäude und Anlagen. Mit Glas und Lichteinfall spielend, gelingt es ihnen, fließende Übergänge zwischen Natur und Gebäude, zwischen drinnen und draußen zu schaffen. Auch in diesem Projekt des Weinkellers ist es ihnen dank nachhaltiger und energieeffizienter Bauweise gelungen, etwas zu schaffen, das nicht nur äußerst elegant und stilvoll aussieht, sondern auch ökologisch durchdacht ist.
Ein üppig grüner Kräutergarten erinnert an den alten Klostergarten. Leo, die uns durch die Anlage führt, meint, dies sei eines von vielen “Augenzwinkern”, mit denen die Architekten an die Vergangenheit des Ortes erinnern. Durch ein kleines Labyrinth, in dem ausdrucksstarke Bilder und Filme, die uns in die Welt des Weinguts eintauchen lassen, führt sie uns in das Herz des Weingutes, den unterirdischen Weinkeller, in dem sie die Herstellung der Weine erklärt.
Die Temperatur ist angenehm, weder zu kalt noch zu warm. Noch bevor der typische Wein-Duft meine Nase umfängt, ist mein erstes Gefühl, als ich die unterirdische Halle betrete, Respekt. Wie in einer Kathedrale ruht der Wein hier unter der Erde in Eichenfässern und reift zu edlen Tropfen heran. Endlos scheinen die Reihen der Fässer, die hier dicht an dicht nebeneinander liegen. Leo zieht einen schönen Vergleich heran und spricht vom Wein wie von einem stolzen Ritter, der nun seine Rüstung erhält. Denn hier in den Fässern erlangt der Traubensaft seine unverwechselbaren Aromen.
Im ehemaligen Pferdestall des 1941 von Adolfo Lorenzo für die Arbeiter des Schlosses errichteten Landgutes ist seit dem Umbau ein kleiner Laden untergebracht. Als die Ställe und Werkstätten der Handwerker nicht mehr gebraucht wurden, stand die Anlage eine Zeit lang leer, bis die Familie Suquet Mateu entschied, an dieser Stelle die neue Bodega zu errichten.
Mitten im Laden steht, von Weinflaschen umgeben, ein echter Hispano-Suiza. Ähnlich wie Rolls Royce galten Hispano-Suizas zu Beginn des letzten Jahrhunderts als luxuriöse Prestigeobjekte, die sich vorwiegend Mitglieder der Königshäuser oder berühmte Filmschauspieler leisten konnten. Überrascht erfahre ich, dass diese historische Automarke auch der Familie gehört, denn Damià Mateu, Vater des Unternehmers Miguel Mateu, gründete die Firma 1904 zusammen mit einem schweizer Ingenieur. Dieser hispano-schweizerischen Kooperation verdankt die elegante Karrosse ihren Namen.
Dann ist es Zeit zum Probieren. Wir verschwinden in der Sala Garriga, einem der Verkostungsräume mit Blick auf die Weinstöcke, und genießen ein paar der köstlichen Tropfen.
Informationen Celler Perelada
Celler Perelada
Paratge la Granja
17491 Peralada (Girona)
Website des Cellers | Website des Castells
Der kleine Ort und das Schloss heißen Peralada (mit a), der Name der Weinkellerei ist Perelada (mit e).
Hinweis: Der Besuch fand im Rahmen einer Pressereise statt.
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