Die riesige Insel im Mündungsdelta des Amazonas ist so groß wie die Schweiz. 250.000 Menschen leben auf dem größten Eiland Brasiliens. Selbst Soure, der Hauptort der kleinen Insel Marajó, ist nur ein kleines, ziemlich lang gezogenes Dörfchen. Platz haben sie hier ohne Ende. Deswegen stehen die Häuser wohl auch so weit auseinander. Zu Fuß braucht man deswegen auch schon eine Weile, um von einem Ende der Tausend-Seelen-Gemeinde zum anderen Ende zu gelangen. Menschen sieht man auf den Straßen nur Wenige.

Nur wenn die Fähre einmal am Tag die Besucher aus Belém auf die Insel bringt, herrscht hier so etwas wie buntes Treiben. Dann werden die Touristen schnell auf die bereits wartenden Mopeds und Taxis verteilt. Einheimische gehen zu Fuß oder werden von einem mobilisierten Familienmitglied abgeholt. Doch nach rund zwanzig Minuten ist alles vorbei. Dann ist der kleine Anleger wieder leer. Nur ein paar spielende Kinder hüpfen noch fröhlich ins Wasser.

ilha marajó  ilha marajó  ilha marajó

Es ist schon erstaunlich, dass man auf dieser Seite des Flusses so komplett unberührt vom hektischen Leben der Großstadt Belém lebt. Hier gibt es einfach nur Ruhe und Abgeschiedenheit.

wasserbüffel ilha marajó

Die kleine Hauptstadt Soure wurde erst im neunzehnten Jahrhundert gegründet, 1847 genau genommen. Gegen Ende des Jahrhunderts veränderte ein tragisches Ereignis das Schicksal der Ilha Marajó für immer.

Auf dem Fluss verkehrten damals schon viele Frachtschiffe und transportierten diverse Güter. Manchmal kamen diese Schiffe von weit her. So auch ein mit Wasserbüffeln beladenes Schiff aus Indien, das auf dem Weg nach Guyana war. Doch vor der Mündung sank das Schiff in einem Sturm. Einige der verschreckten Tiere konnten sich auf die nahe gelegene Insel retten. Das Klima auf der Ilha Marajo schien ihnen gut zu bekommen und sie vermehrten sich bald. Natürlich dauerte es nicht lange, bis die Bauern und Landherrn herausfanden, wie nützlich diese Tiere sein können und so brachten sie immer mehr Büffel her.

Die vier verschiedene Büffelrassen, von asiatisch bis mediterran, haben sich untereinander längst vermischt, denn die Tiere leben mehr oder weniger in freier Wildbahn. Die Hirten einer Ranch sind jeweils für die Tiere zuständig, die sich auf einem bestimmten Gebiet aufhalten. So zumindest erklärt mir César von der Fazenda Bom Jesus das System. So ganz eindeutig scheinen mir die Besitzverhältnisse aber irgendwie nicht zu sein, denn irgendjemand verkauft oder schlachtet die Tiere am Ende doch?!

 wasserbüffel ilha marajó  wasserbüffel ilha marajó

Auf der Fazenda Bom Jesus zeigt uns César, wie das hier alles funktioniert. An einem dicken Seil führt er einen alten und riesig wirkenden Wasserbüffel herbei. Eine ältere Brasilianerin aus São Paulo und ein paar Kinder wollen auf dem Büffel reiten. César dreht mit ihnen eine Runde auf dem Hof. Fröhliche Handyvideos werden gedreht. „Wollt ihr nicht auch reiten? Das macht voll Spaß.“ Ich winke ab. Der arme Büffel. Zum Glück scheint das Tier sehr gutmütig zu sein, aber ich muss wirklich nicht auf seinem Rücken posieren.

wasserbüffel Insel ilha Marajó
Herde wasserbüffel Insel ilha Marajó
rote wege wasserbüffel Insel ilha Marajó

Nach dem kurzen Ritt auf dem Büffel dürfen wir mit César eine Tour über die Weide der Ranch machen. Das ist schon eher nach meinem Geschmack. Wir sind gut eine Stunde unterwegs. So lange läuft der Ranchero mit uns durch das riesige Gelände. Wir beobachten die Büffel gemütlich in den Tümpeln stehend oder kauend unter den Bäumen. Zwischendrin grasen kleine Gruppen capivaras, der brasilianischen Mischung aus überdimensionalem Hamster und Ratte. Ab und zu erscheint auch mal eine Ziege auf der Weide. Was mir besonders auffällt, sind die vielen sehr mageren Pferde. Ich bin etwas besorgt, doch César erklärt mir, dass die Pferde so dünn sind, weil es eine besondere Rasse ist. Die sollen sehr widerstandsfähig sein, auch wenn sie sehr mager aussehen.

Im Winter ist ein großer Teil des riesigen Geländes überschwemmt. Wenn sich das Wasser langsam zurückzieht, bleiben kleine Tümpel zurück. Im Sommer ist das ganze Land dann grün und es gibt viel Futter für die Tiere.

ranch wasserbüffel Insel ilha Marajó

capivara wasserbüffel Insel ilha Marajó

Viele der Bäume haben eine lustige pilzartige Form, so als seien sie vom Gärtner extra hübsch gestutzt worden. Doch es sind keine Gärtner, sondern die Büffel, die den Bäumen diese Form geben, denn das ist genau die Grenze der Äste, die die Büffel von unten abfressen. Höher kommen sie nicht. Plötzlich entdeckt César ein Krokodil. „Jacaré“ ruft er und zeigt es mir. Doch das Reptil verschwindet im Wasser bevor ich es näher betrachten kann.

Baum wasserbüffel Insel ilha Marajó

wasserbüffel Insel ilha Marajó

Zu der kleinen Besuchergruppe, mit der zusammen wir die Fazenda erkunden, gehört auch eine lustige brasilianische Familie. Sie stammen aus Santa Catarina und sind deutschen Ursprungs. Das heißt sie sind zwar in Brasilien geboren und aufgewachsen aber sie sprechen einen lustigen deutschen Dialekt. Für mich hört es sich an wie eine Mischung aus mittelalterlichem Deutsch und Schwäbisch, aber wenn man sich erst einmal dran gewöhnt, kann man sie ganz gut verstehen.

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Diese deutsch-brasilianische Familie ist also mit dem Auto und einem Zelt durch das ganze Land von Santa Caterina unten im Süden bis hierher in den Norden gefahren. Gemeinsam haben Papa, Mama und ein älterer Sohn mit Behinderung Mato Grosso und den Amazonas mit dem Auto durchquert. Was für ein wahnsinniges Unterfangen! Drei Monate haben sie dafür gebraucht. Die anderen Brasilianer erklären sie für komplett verrückt. Das sei doch viel zu gefährlich. Mir kommt das Abenteuer auch recht waghalsig vor, doch den Dreien scheint das ziemlich egal. Die nehmen es ganz ungezwungen und planen auch den Rückweg wieder mit Auto und Zelt anzutreten.

mozarella wasserbüffel Insel ilha Marajó

Langsam nähern wir uns dem Ende unseres Rundgangs. Die Sonne beginnt bereits unterzugehen und taucht die Landschaft in ein abendliches Licht. Wir erreichen ein anderes Gebäude der weitläufigen Fazenda. Hier sind schon ein paar Leckereien aus Büffelmilch für uns vorbereitet. Wir probieren den Büffel-Mozarella und einen Tapiokakuchen mit Kokosnuss. Sehr lecker! Dazu gibt es frischen Saft. Und während wir anschließend von César wieder zu unserer Unterkunft gefahren werden, fliegen in der Ferne die roten Ibisse zu ihren abendlichen Nestern.

wasserbüffel ilha marajó

Infos zur Ilha Marajó

Die rund 700 000 Büffel der Insel, zwei Büffel kommen hier auf jeden Einwohner, werden aber nicht nur zur Fleisch- und Käseproduktion genutzt. Angeblich soll sogar die Polizei hier auf Büffeln reiten. Gesehen habe ich das allerdings nur auf Fotos in der Zeitung, aber es passt zu der Insel und den Insulanern.

Pousada canto do frances ilha marajó

Unsere Unterkunft auf der Ilha Marajó:
Pousada O Canto do Frances
Rua Sexta
São Pedro, Soure
Ilha Marajó – PA, 68870-000
Website : ocantodofrances.blogspot.com.es

ilha marajó
Die Unterkunft liegt ziemlich weit ab vom kleinen Zentrum, aber die Zimmer sind total OK. Klein aber sauber. Frühstück ist lecker, Mittag und Abendessen gibt es auch, wenn man sich rechtzeitig anmeldet. An der Rezeption kann man auch verschiedene Ausflüge buchen. (Wer mehr Zeit hat, findet sicher auch noch andere, vermutlich günstigere und vielleicht auch spannendere Touren). Wir haben die Wasserbüffel-Fazenda-Tour für 90 Reais mit Abholung vom Hotel gebucht. Außer der Fazenda Bom Jesus, eine Fleischfarm, soll es aber auch Fazendas zur Milchproduktion geben, die man besichtigen kann. Das Taxi vom Fähranleger in Soure bis zu unserer Pousada kostet 20 Reais.

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Mit der Fähre von Belém zur Ilha Marajó:

– Abfahrt der Fähre in Belém ist am Terminal Hidroviário „Luiz Rebelo Neto“. Ganz früh am Morgen fährt das Schnellboot Expresso Golfinho, allerdings nur an den Wochentagen. Nachdem wir vergeblich versucht hatten Tickets vorab online zu kaufen, haben wir schließlich kapiert, dass man die Tickets nur Vorort kaufen kann. Das Ticket selbst kostet 48 Reais für eine einfache Hinfahrt.

– Wichtig ist es, rechtzeitig da zu sein, circa eine halbe Stunde vor Abfahrt. Wenn die Fähre voll ist, muss man bis zum nächsten Tag warten. Da die Gegend am Hafen nicht den allerbesten Ruf hat und wir im Dunkeln mit unserem Gepäck unterwegs sind, nehmen wir uns ein Taxi dorthin.

– Die Fähre überquert die Baia de Marajó und fährt direkt von Belém nach Soure. Dafür braucht sie rund zweieinhalb bis drei Stunden. Auf der Überfahrt kann es ordentlich schaukeln. Wer zu Seekrankheit neigt, sollte besser vorher eine Tablette nehmen.

– Da wir die Rückfahrt an einem Sonntag geplant haben, können wir leider nicht mit der Schnellfähre fahren. Stattdessen buchen wir an der Rezeption ein Rückfahrtticket mit der normalen Fähre Rodofluvial Banav. Das Ticket beinhaltet die Fahrt mit einem Sammelbus, der uns am Hotel abholt, und von Soure aus auf der Autofähre nach Salvaterra übersetzt. Von dort geht es mit dem Bus weiter bis Foz do Rio Camará. Dort endet die Busfahrt am Terminal Hidroviário und wir steigen auf eine große, langsame Fähre um. Die braucht von dort aus noch mal drei Stunden bis Belém.

– Ticketpreise: 12 Reais für den Bus und 28 Reais für die Fähre (normaler Sitzplatz Bank, an der Luft) oder 38 Reias Fähre im VIP Sessel (klimatisiert ohne Fenster mit Fernseher)