Ein verschlafenes Nest, das scheint zumindest die Altstadt von São Luís zu sein. In den anderen Vierteln ist vermutlich mehr los, aber hier im centro storico ticken die Uhren einfach anders. Die Menschen und sogar die Katzen bewegen sich in einem anderen Tempo. Wirklich! Jedenfalls tagsüber. In einem Sonnenstrahl auf dem Fußboden rekelt sich die Katze hier in Zeitlupe!

Vor der Tür eines halb verfallenen Hauses, dessen Wände früher einmal mit schönen Kacheln dekoriert gewesen sein müssen, sitzt ein alter Mann mit Strohhut an einem roten Plastiktisch. Etwas weiter, vor einem Restaurant, entdecke ich eine Reihe Schaukelstühle mitten auf der Straße. Eine Oma und ein Mann mittleren Alters schaukeln ganz gemütlich vor sich hin. Ob sie auf Kundschaft warten? Oder sind sie selbst Gäste? Im Hauseingang nebenan hockt eine alte Frau auf der Türschwelle im Schatten und unterhält sich quer über die Straße hinweg mit dem jungen Mädchen von gegenüber. Die lehnt lässig im Türrahmen. Nur keine Eile. Die Menschen hier haben Zeit.

Wenn man tagsüber durch Altstadt bummelt, findet man einen überdachten Markt, ein paar kleine Geschäfte. Stadteinwärts gibt es auch so etwas wie eine Shoppingmeile. Doch die meisten Straßen wirken wie leer gefegt, fast alle Geschäfte sind geschlossen.

Erst nach Einbruch der Dunkelheit, die hier allerdings schon um halb sechs am Nachmittag einsetzt, kommt langsam Leben in das koloniale Viertel von São Luís . Dann füllen sich plötzlich die kleinen Plätze und Gassen, Tischen und Stühle werden rausgestellt und es wird Musik gemacht. Laut natürlich, um die zwei Meter weiter klingende Lautsprecherbox zu übertönen. An jeder Ecke bieten kleine Stände und Buden leckere Tapiokas, Pommes oder Getränke an. Am frühen Abend herrscht ein echt nettes Ambiente in der Altstadt! Unter den vielen fröhlichen Menschen, die hier umherlaufen erkenne ich kaum Touristen. Die meisten sind Einheimische. Aber das mag vielleicht an der Jahreszeit liegen. Jetzt gerade ist weder in Brasilien noch in Europa Urlaubssaison.

Im Zentrum soll es ein Museum der Sklaverei geben habe ich im Reiseführer gelesen. Da hier tagsüber sowieso nicht viel los ist und ich das interessant finde, gehe ich also hin. Der Pförtner, oder ist es ein Wachmann, kaut lässig auf einem Strohhalm oder einer Zigarette herum, als ich komme. Was er da genau im Mundwinkel hat, kann ich nicht erkennen, aber er freut sich über meinen Besuch. Viel Abwechslung hat er hier offenbar nicht. Außer mir sind nicht gerade viele Namen im Gästebuch, in das auch ich mich auch eintragen soll. Wohl aus statistischen Zwecken, um festzuhalten, woher die Besucher stammen, führen sie dieses Verzeichnis. Heute bin ich immerhin schon die zweite Besucherin.

pfahl sklaven museum sao luis
Der alte Mann ist sehr nett und ich darf sogar das Wenige, was es auf den vier Quadratmetern Ausstellungsfläche des Museums zu sehen gibt, fotografieren. An einem alten Pfahl, der auf dem kleinen Hof des Museums steht, sollen früher die schwarzen Sklaven festgebunden worden sein. In einer Ecke stehen ein paar Trommeln und in den Vitrinen sind afrikanische Schnitzereien ausgestellt. Viel mehr gibt es auch nicht zu sehen. Mein Besuch dauert höchstens zehn Minuten, dann verabschiede ich mich wieder.

sao luis centro storico altstadt
sao luis centro storico altstadt

Als die Portugiesen São Luís  von den Franzosen eroberten, die den Ort nach ihrem König Louis benannt hatten, brachten sie bald auch den Sklavenhandel in die kleine Hafenstadt. Nach Salvador de Bahia und Rio de Janeiro soll São Luís  deshalb bis heute die Stadt mit den meisten schwarzen Einwohnern in Brasilien sein.

Was mir auffällt, ist die sehr künstlerische Seite der Altstadt. Ich treffe auffällig viele Fotoshootings. Mal mehr mal weniger professionelle Teams posieren überall in den alten Gassen. Mehrmals begegne ich weißen jungen Männern, die in lange schwarze Röcke gehüllt sind. Irgendwo hier im Viertel soll es auch noch ein paar Kunstgalerien geben. Die habe ich aber nicht mehr gefunden.

sao luis centro storico altstadt
sao luis blaue kacheln 

Dafür habe ich aber im oberen Stockwerk eines halb verfallenen Gebäudes ein Capoeira Center entdeckt. Fenster gibt es längst nicht mehr, aber immerhin schützt das Dach die Tänzer vor Regen oder zu großer Hitze. Unten, von der Straße aus kann ich ein riesengroßes schwarz-weiß Foto an der Wand hinter den trainierenden Capoeiras erkennen.

Viele der alten Häuser hier sehen so runtergekommen aus, als wären sie unbewohnt. Doch sie werden durchaus noch genutzt, als Werkstatt oder Kulturzentrum zum Beispiel.

Doch São Luís besteht nicht nur aus den paar Gassen der Altstadt. Der neue Teil ist ein modernes Gewirr aus Hochhäusern und mehrspurigen Straßen. Ganz in der Nähe der Strände von Sao Luis befindet sich das Ibis Hotel, in dem wir eine Nacht bei unserem zweiten kurzen Aufenthalt in São Luís verbringen. Die lange Strandpromenade mit ihren Bars und Restaurants ist voller Familien, die sich am Wochenende hier erholen. Touristen finde ich auch hier keine.

strand sao luis

Vermutlich ist São Luís für die meisten ausländischen Besucher eine Durchgangsstation auf dem Weg vom oder zum Parque nacional dos Lençóis Maranhenes. Wie für uns ja auch. Von hier aus wollen wir weiterfahren nach Barreirinhas und von dort dann nach Atins.

Eigentlich hatten wir in São Luís  noch vor die alte Stadt Alcântara auf der anderen Seite der Bucht zu besuchen, die man mit einer Fähre erreichen kann. Doch leider fährt diese Fähre nur ganz früh morgens und ist von Ebbe und Flut abhängig, sodass man erst sehr spät am Nachmittag wieder zurückkommen kann. Da wir ja auch São Luís noch erkunden wollten, mussten wir uns für eines von beiden entscheiden und haben Alcântara ausfallen lassen.

Tipps: Essen und Unterkunft in São Luís

Cafua dos Mercês  (Museum der Sklaverei)
R. Jacinto Maia, S/N
Centro, São Luís – MA, 65000-000
Brasilien

Wo essen in São Luís?

O Restaurante D’Antigamente
R. da Estrela, 220
Centro, São Luís – MA, 65015-200
Einfaches Essen, aber sehr lecker. Abends kann man draußen auf dem Platz sitzen und das bunte Treiben bestaunen. Sehr nette Atmopshäre.

Restaurante Escola Senac  
Rua de Nazaré, 242
Centro, São Luís – MA, 65010-440
Sehr sauber, hotelartige, etwas vornehm wirkende Atmosphäre. Kein Terrasse. Buffet zur Selbstbedienung.

Wo schlafen in São Luís?

Da wir zweimal in São Luís waren, haben wir in zwei verschiedenen Vierteln übernachtet. Einmal nähe Strand, einmal mitten in der Altstadt.

Hotel Ibis São Luís
Av. dos Holandeses, 13
Jardim Renascenca
São Luís – MA, 65075-650
Website: www.accorhotels.com

Direkt hinter dem Ibis Hotel liegt einer der Badestrände von São Luís. Um dorthin zu gelangen muss man nur um eine große Düne herum laufen. Die Zimmer sind klein aber sauber und  das Essen ist gut – es gibt Açaí!

Leider hatte ich in São Luís ein Problem mit meiner alten Kamera und habe viele Fotos vom ersten Tag verloren. Nur ein paar habe ich retten können. Sorry!

sao luis strand praia

Casa Frankie
Rua do Giz, 394
Centro
São Luís – MA, 65010-680
Brasilien
Website www.casafrankie.com

Die Pousada Casa Frankie gehört einem Dänen, der das alte Kolonialhaus als Bruchbude gekauft und komplett renoviert hat. Seit ein paar Jahren lebt er auch hier. Ein schöner Innenhof mit Pool, nette kleine Zimmer, nur das Bad muss man sich leider teilen. In der offenen Küche gibt es Wasser und Kaffee. Das Frühstück zahlt man extra, ist aber sehr lecker.

Zur Übernachtung im Hotel Ibis sind wir eingeladen worden. Die hier dargestellten Ansichten sind davon unbeeinflusst und drücken ausschließlich meine persönliche Meinung aus.