Die Antwort auf die viel gestellte Frage, wann die Sagrada Família endlich fertig sein wird, lautet: bald! Oder zumindest in Teilen bald, denn der Christusturm der Sagrada Família soll noch vor Ende des Jahres, spätestes Anfang 2026 fertiggestellt sein. Doch den höchsten Kirchturm der Welt hat die Sagrada Família jetzt schon.

Aktueller Stand der Sagrada Família:
Seit dem 30. Oktober ist die Sagrada Família die höchste Kirche der Welt und übertrifft damit sogar das Ulmer Münster, dessen Turm stolze 162 Metern misst und bisher als höchster Kirchturm galt. Seit das erste Element des großen Kreuzes, das bald die Torre de Jesucrist krönen soll, befestigt wurde, hat der Hauptturm bereits eine Höhe von 162,91 Metern erreicht. Vollständig zusammengebaut wird das Kreuz 17 Meter hoch sein, das ist so viel wie ein mehrstöckiges Wohnhaus. Vier später begehbare Arme sollen eine Breite von 13,5 Meter haben und jeweils Platz für 10 Personen bieten, die gleichzeitig die Aussicht von dort oben auf die Stadt genießen können.
Foto ©Fundació Junta Constructora del Temple Expiatori de la Sagrada Família
Foto © Fundació Junta Constructora del Temple Expiatori de la Sagrada Família
Das große, begehbare Kreuz, das den Hauptturm der Kirche krönen wird, wurde in Deutschland gefertigt und wird nun an der „ewigen Baustelle“ zusammengesetzt. Die Arbeit in beinahe 170 Metern Höhe ist nicht ungefährlich: Auf den Millimeter genau passt der Hauptstamm des Kreuzes, eine Konstruktion aus Glas und weißen Keramikkacheln, auf den bereits vorbereiteten Teil des Turms. Später wird im Jesusturm ein Aufzug eingerichtet werden, der vom oberen Chor im Inneren der Kirche aus bis ganz nach oben führt.
Foto © Fundació Junta Constructora del Temple Expiatori de la Sagrada Família
Fertiggestellt wird der Jesusturm 172,5 Meter hoch sein und nur vom Montjuïc, der sich mit 173 Metern über der Stadt erhebt, überragt. Denn dem sehr religiösen Gaudí war es wichtig, dass seine Konstruktion nicht höher sein dürfe, als das von Gott geschaffene Werk.
Doch mit der Fertigstellung des Turms 2026, dem Jahr in dem sich Gaudís Todestag zum 100. mal jährt, sind die Bauarbeiten an der Sagrada Família noch immer nicht abgeschlossen. Was nach dem Hauptturm noch fehlt, ist die von Gaudí geplante Glorienfassade, der Haupteingang des Tempels. Denn der Architekt sah vor über 100 Jahren drei verschiedene Fassaden für sein Hauptwerk vor. Aus den erhalten gebliebenen Notizen Gaudís und den Aufzeichnungen seiner Schüler und Mitarbeiter, mit denen er seine Ideen regelmäßig besprach, kann man ableiten, wie sich Gaudí die vollendete Sagrada Família vorstellte.
Die nach Nordosten gerichtete Geburtsfassade, noch von Gaudí selbst mit organischen Formen, pflanzlichen Ornamenten, Schmetterlingen, Schildkröten und kleinen Tieren gestaltet, steht für Hoffnung, Glauben und Liebe. Sogar ein Lebensbaum thront oberhalb des Eingangsportals.


Die nach Westen geöffnete Passionsfassade sollte nach Gaudís Vorstellung vor allem Leid ausdrücken, denn die Passion erinnert an den Schmerz Jesu auf dem Kreuzweg. Hier wollte Gaudí keine Harmonie, sondern Brüche und fast schon brutale Härte. Die strengen Linien und die kantig gehaltenen Figuren Subirachs unterstreichen genau diese Emotionen von Leid und Kummer.



Herausforderung Glorienfassade:
Die Glorienfassade soll der Haupteingang der Sagrada Família werden. Über eine breite Treppe soll man die fünf Türen (mittlere ist dreifach, also insgesamt sieben) erreichen. Die 2008 von Subirachs entworfene zentrale Bronzetür stellt die Eucharistie dar und trägt auf der Innenseite den Text des Vater Unser. Das Thema dieser komplexen Hauptseite, die Gaudí ziemlich ausführlich plante, wird der „Weg zu Gott“ sein: der Tag des jüngsten Gerichts. Dekorationen und Skulpturen werden Himmel und Hölle, Tugend und Laster darstellen, Dämonen, Fegefeuer und himmlische Herrlichkeit. Die unteren Enden der Säulen werden mit Repräsentationen der sieben Todsüden, die oberen Enden der Säulen mit den sieben Tugenden geschmückt werden.

Das derzeitige Problem ist, dass die Kirche, deren Bau auf freiem Feld begann, als rundherum noch ausreichend Platz war, inzwischen von Wohnblocks umgeben ist. Die Stadt ist so nah an die Kirche herangerückt, dass dort, wo der Eingang entstehen soll, mehrere Häuser stehen. Nach dem Spanischen Bürgerkrieg glaubte jahrzehntelang kaum jemand daran, dass die Sagrada Familia jemals fertig gebaut werden würde. Auf der Baustelle kam man nur sehr langsam vorwärts, denn die Kirche wird ohne staatliche oder kirchliche Zuschüsse allein aus Spenden (und Eintrittsgeldern) finanziert.
Obwohl die Verträge, die man mit den Konstrukteuren der Wohnblocks schloss, eindeutig festlegten, dass die Häuser geräumt werden müssen, wenn der Bau der Hauptfassade eines fernen Tages anstehe, glaubte lange Zeit niemand daran, dass dieser Tag wirklich kommen würde. Der Bau der Sagrada Familia ging mal langsamer, mal schneller, voran. Auch die Corona-Krise, während der nicht gearbeitet werden konnte und die Eintrittsgelder ausfielen, überstand man und der Tag, an dem die Glorienfassade in Angriff genommen werden soll naht. Doch seit dem Abschluss der Verträge mit den Konstrukteuren sind Generationen vergangen, die Besitzer haben gewechselt, einige sind zu alt, andere weigern sich ihre Wohnungen aufzugeben. Derzeit arbeitet man auf Hochtouren an passenden Lösungen.

Zahlen zum Bau der Sagrada Família (Stand 11/25)
- Baubeginn 1882, zunächst unter der Leitung des Architekten Francisco de Paula del Villar y Lozano, der sich jedoch bald schon mit den Verantwortlichen überwarf. Als Gaudí 1883 die Leitung übernahm, gestaltete er die Pläne seines Vorgängers komplett um und entwarf seine eigene Version der Sagrada Família.
- Den geplanten Termin der Fertigstellung zum 100. Todestages Gaudís 2026 wird man nicht einhalten können. Bis zur voraussichtlichen Fertigstellung der Glorienfassade rechnet man derzeit mit mindestens zehn weiteren Jahren. Das Bauende und die Vollendung der Sagrada Familia wäre demnach nicht vor 2036 zu erwarten.
- Bauzeit bisher, Unterbrechungen nicht mitgerechnet, 144 Jahre.

- Der zweithöchste Turm mit dem zwölfzackigen Stern ist der Muttergottes (Torre de la Mare de Deu) gewidmet und wurde bereits 2021 fertigstellt. Er misst 138 Meter und liegt auf der nordwestlichen Seite der Kirche.
- Am 30. November 1925 noch zu Lebzeiten Gaudís wurde der Glockenturm „Campanar de Bernabé“ fertiggestellt. Ende des Monats feiert der Turm sein 100-jähriges Bestehen.
- 100. Todestag Antoni Gaudís: am 10. Juni 2026
- Fantastisches Video zum aktuellen Stand der Bauarbeiten: Die Errichtung des Hauptarms des Kreuzes auf dem Jesusturm: Youtube
- Aktuelle Neuigkeiten gibt es auf sagradafamilia2026.org
- Private Führungen auf Deutsch bieten Stadtführerinnen wie Romina an (barcelona.entdecken @ gmail.com)




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