Einsam und verlassen baumelt der Sessel eines Skilifts über der Straße. Während die Seilbahn an längst vergangene Winter erinnert, fahren wir die Straße in engen Kurven immer weiter den Berg hinauf. Die Aussicht ist atemberaubend. Schroff abbrechende Berge und hohe Felswände die neben uns steil in den Himmel ragen. In den Kurven kann ich manchmal zwischen den Gebirgszügen hindurch ins Tal sehen, dort liegt Vratsa. In der Ferne erkenne ich sogar einen See, eine blaue Fläche, die von hier oben wie ein großer Spiegel aussieht.

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Nach endlos scheinenden Kurven kommen wir schließlich auf ein Hochplateau. Große und kleine Pferde grasen auf einer Weide friedlich nebeneinander. Zäune gibt es scheinbar nicht und so stehen einige der edlen Vierbeiner mitten auf der Straße. Sie lassen sich von uns auch gar nicht aus der Ruhe bringen. Nur langsam beginnt erst eines, dann ein zweites Pferd gnädigerweise die Fahrbahn zu verlassen. Fast gelangweilt knabbern sie am Straßenrand weiter im Gras, als seien wir gar nicht hier.

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Ledenika Höhle:

Wir lassen das Auto auf einem Parkplatz stehen und gehen die letzten hundert Meter zu Fuß bis zum Höhleneingang. Ledenika heißt nicht nur die Höhle, sondern auch der kleine Park drum herum. Märchenfiguren stehen auf der grünen Wiese und der große Kletterspielplatz lockt an den Wochenenden sicher viele Familien aus der Umgebung hierher.

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Über dem Höhleneingang thront ein riesiger Käfer in Walt Disney Manier, mit bunten Stiefeln und einem Rucksack, das Maskottchen der Höhle. Vor dem Eingang wartet schon der mit Taschenlampe ausgerüstete Guide. Er führt uns durch die einzelnen Säle und wir erfahren, dass außer jeder Menge Fledermäusen vor allem svetlomrazets hier leben, eine besondere Käferart, die es nur in der Ledenika-Höhle geben soll.

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Der große Konzertsaal ist der Höhepunkt der Besichtigungstour. Ein kurzer Film erklärt die Geschichte der Höhle und dann geht sie los, die Lasershow. Zunächst werden Felsformationen vom Laser so nachgezeichnet, dass wir eine Hexe, einen Falken und andere Fantasiegebilde erkennen können. Für ein paar Minuten entführen mich diese bunten Lichtstrahlen in eine andere Welt. Wie im Traum befinde ich mich plötzlich in einem Meer aus hohen Wellen, die über mich hinweg schwappen, dann wieder explodiert vor mir ein Stern, bunte Kreise ziehen mich wie hypnotisiert in ihren Bann. Funkenregen und psychedelische Lichter wechseln in atemberaubendem Tempo. Das hatte ich nicht erwartet! Ein richtig gut gemachtes Spektakel. Fast noch etwas benommen von den Eindrücken der Lasershow kehre ich zurück ans Tageslicht.

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Unten im Dorf gibt es zwei Museen. Das ethnologische Museum befindet sich in einem ehemaligen Schulgebäude und zeigt traditionelle Hochzeitstrachten und eine Sammlung Pferdekutschen. Auf die alten Karossen ist Stanislav, der uns durch Vratsa begleitet, besonders stolz, denn für die Qualität ihrer Kutschen war die Stadt einst berühmt. Fast hätte sogar Henry Ford, der Autobauer aus Amerika, einst einen Vertrag mit den Kutschenbauern hier geschlossen. Aber eben leider nur beinah.

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Im Historischen Museum gibt es ein paar wertvolle Schätze zu bewundern. Thrakische Stämme, die im vierten und fünften Jahrhundert vor Christus auf dem Territorium des heutigen Bulgariens lebten, begruben ihre Wertsachen offenbar um sie vor Plünderungen durch invasorische Truppen in Sicherheit zu bringen. Und so werden bei Bauarbeiten und in den Gärten der Leute immer wieder unglaubliche Schätze zutage gefördert, die die Thraker hier einst versteckt haben müssen.

Jahrtausende lang schlummerte so auch der zwanzig Kilo schwere Schatz von Rogozen unter der Erde. Von den fein gearbeiteten Tellern speisten einst die thrakischen Edelleute und tranken Wein aus den silbernen Bechern. Angeblich sollen sich die Griechen ja darüber gewundert haben, dass die Thraker ihren Wein ganz unverdünnt tranken, denn in Griechenland war es damals üblich, den Wein nur stark mit Wasser verdünnt zu trinken.

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Ein anderer Schatz des Museums besteht aus einem silbernen Schienenbeinschützer, der mit feinen Goldapplikationen verziert ist. Ein tätowiert scheinendes Gesicht lässt darauf schließen, dass die Thraker wahrscheinlich eine Art Kriegsbemalung auftrugen, wenn sie in die Schlacht zogen, erklärt uns der Museumsführer. „Ganz ähnlich wie die Maori, wenn sie eine Haka aufführen“ könne man sich das vorstellen. In der Vitrine daneben steht eine aus purem Gold gearbeitete Blätterkrone. Sie wirkt so leicht, als würden sich die dünnen Blätter im Wind bewegen, und wie echtes Laub rascheln.

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Draußen auf dem Dorfplatz scheint die Sonne frühlingshaft warm und Stanislav erzählt von den Osterbräuchen, die heute nur noch von den Alten gepflegt werden. Riesige bunte Eier sind auf dem kleinen Platz aufgebaut und an ein paar Ständen wird Osterdekor feilgeboten. „Die Eier durfte man nur am Donnerstag oder Freitag anmalen und das erste Ei musste immer rot gemalt werden. Wenn man so ein Osterei aß, ließ man immer ein Stück übrig, für einen Freund oder einen Gast der vorbeikommen könnte“, erzählt er uns.

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Stanislav ist hier aufgewachsen und er liebt seine Heimatstadt. Das merkt man an dem strahlenden Lächeln, mit dem er von den alten Osterbräuchen erzählt oder dem Stolz in seiner Stimme, wenn er über die alten Festungsstürme spricht. Die beiden Türme in Vratsa seien nämlich zwei von vier der noch erhalten gebliebenen Festungstürme dieser Art in ganz Bulgarien.

Früher sei Vratsa ein Industriestandort gewesen. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus hatte es die kleine Stadt jedoch nicht leicht. Viele Einwohner verloren ihre Jobs, als die großen Betriebe geschlossen wurden. Die staatlichen Unternehmen waren nicht mehr rentabel und machten dicht. Für die Meisten war der Neuanfang nicht leicht. Während sich früher der Staat um alles gekümmert hatte, musste man nun allein um das tägliche Brot kämpfen und das auch noch in der Wirtschaftskrise, die ganz Europa in den neunziger Jahren schüttelte.

Heute ist die einzige Industrie der Gegend eine Käsefabrik in den Bergen. „Die stellen Feta mit natürlichen Bakterien hier, die sich in der Höhenlage hier automatisch bilden“, erklärt Stanislav. Und seit einigen Jahren setzt man auch auf nachhaltigen Tourismus: Für die Natur ist die fehlende Industrie ein Glücksfall.

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Nützliche Infos zu Vratsa:

Ledenika Höhle
circa 16 km hinter Vratsa, über den Bergpass Vratsata, gelangt man zur Höhle

Historisches Museum
pl Hristo Botev 2
3000 Vratsa (Vraca)
Website: www.vratsamuseum.com

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Das Museum hat noch viel mehr Schätze zu bieten. Bereits vor rund achttausend Jahren, lange vor den Thrakern, lebten Menschen hier in der Gegend. Aus dem Jahr 6000 vor Christus stammende Skelette, Piktogramme aus dem zweiten Jahrtausend v. Chr, Vorgänger der ersten Schrift, noch vor den ägyptischen Hyroglyphen, etc.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise zu der ich von Bulgarien Eden eingeladen wurde. Die hier dargestellten Ansichten beruhen ausschließlich auf meinen persönlichen Erlebnissen und drücken meine private Meinung aus.