Huesca liegt in Aragón, das ist gleich hinter Katalonien, aber noch vor den Pyrenäen. Hier beginnen die Berge. Meine Freundin Carmen und ich fahren ein verlängertes Wochenende mit dem Auto los, um diese Gegend zu erkunden. Unsere erste Station ist Alquézar.
Wir kommen in ein mittelalterliches Dorf. Das Auto müssen wir schon vor dem Ort parken, denn die Straßen sind so eng, dass man nur zu Fuß durchkommt. Jetzt im Herbst ist es total ruhig. Der kleine Ort wirkt fast schon ausgestorben. Wir treffen einen alten Mann, der in seinem Hauseingang steht und uns freundlich grüßt. Ein paar Ecken weiter, läuft uns eine kleine Katze herzzerreißend miauend über den Weg. Vielleicht liegt es auch am Regenwetter, dass niemand auf den Straßen zu sehen ist. Es hat zwar gerade erst aufgehört von oben zu tropfen, aber die Wege sind noch nass.
Hungrig suchen wir ein Restaurant. Auf einer Art Dorfplatz mit Blick auf die Burg ist es belebter. Hier treiben die sich also alle herum. Wir setzen uns in eines der Restaurants. Ich probiere ein typisches, regionales Gericht: Migas del Pastor, auf Deutsch Brotkrümel der Hirten, und bin gespannt, was die mir bringen werden. Es sind tatsächlich Brotkrümel. Der Kellner erklärt mir, dass die Schäfer früher möglichst trockene, lange haltbare Nahrungsmittel auf ihre Tour mitnahmen, weil sie teilweise lange Zeit von zuhause fort waren. Das trockene Brot wurde zerkrümelt und mit etwas Wurst oder Schinken in der Pfanne gebraten. Das hab ich nun auf meinem Teller. Dazu gibt es ein Spiegelei. Eigentlich isst man Weintrauben zu den Brotkrumen, meint er, aber die haben die Leute immer liegen gelassen, deswegen servieren sie die Migas jetzt mit Ei. Schmeckt überraschend lecker!
Mittlerweile ist es schon nach drei Uhr. Die Sonne hat sich eine Lücke in den Wolken gebahnt und scheint jetzt fast schüchtern auf die schönen, alten Häuser. Wir drehen noch eine Runde durch das Dorf. Neben einer Bäckerei entdecken wir ein Schild, dass auf die „Pasarelas del Vero“ hinweist. Der Vero ist ein Fluss. Wir finden, das hört sich gut an, schultern die Rucksäcke und stiefeln den kleinen Weg bergab.
Es geht über Stock und Stein. Teilweise ist es von dem Regenguss heute Morgen noch sehr nass und rutschig. Wir gehen also vorsichtig und tasten uns langsam vorwärts Eine hölzerne Brücke, eine Treppe aus Stein, immer weiter geht es nach „unten“. Irgendwann müssen wir doch mal in der Talsohle ankommen?! Noch eine Brücke, noch mehr Steine. Plötzlich bewegt sich ein Stein vor mir. Beinah hätte ich auf ihn getreten. Es ist ein Frosch. Oder eine dicke Kröte. So genau weiß ich das nicht. Er hüpft ins Gras und ist verschwunden.
Nach einer halben Stunde hören wir das Wasser rauschen. Wir sind endlich da. Als wir um die letzte Biegung des Weges kommen, traue ich meinen Augen kaum. Ist das schön! Hellblau-weiß bis türkis schimmerndes Wasser plätschert zwischen Felsen und Bäumen vor sich hin. In die Felsen ist ein metallener Steg gehauen, auf dem man neben dem Fluss entlang laufen kann. Es ist atemberaubend schön! Wir knipsen was das Zeug hält. Über uns brauen sich schon wieder dunkelgraue Wolken zusammen.
Dann kriegen wir Gesellschaft. Ein Pärchen kommt den Weg vom Dorf heruntergeklettert. Wir sind schon wieder auf dem Rückweg. Kurze Unterhaltung. Sie wundern sich, warum wir wieder hoch wollen. Das sei doch sehr anstrengend. Ehm, ja. Wir schnaufen ja schon bei dem Gedanken an den Aufstieg. Der Weg sei ein Rundweg und würde auf der anderen Seite wieder ums Dorf herum führen. Oh! Das wäre natürlich wesentlich einfacher.
Leider kennen sie sich auch nicht so gut aus und wollen erst noch eine nahegelegene Höhle ansehen. Carmen und ich überlegen. Weiter nach oben oder Rundweg? Aber wo geht der lang? Und vor allem wie lange dauert der? Ein Blick nach oben? Wolken, grau in grau. Wir versuchen mit unseren smarten Handys zu googeln. Der Empfang hier unten ist eher mager. Tut sich was? Kriegst du was? Nach fünf kostbaren Minuten zeichnet sich ein roter Rundweg auf Carmens kleinem Bildschirm ab. Super! Die große Frage ist nur, an welcher Stelle sind wir jetzt? Leider ist die Karte nicht so genau, dass man das erkennen könnte. Das Handy weigert sich strikt weitere Informationen für uns zu laden.
Der Himmel ist jetzt dunkelgrau. Wir haben zwar nicht wirklich Lust, den Berg wieder hinauf zu klettern, aber die Aussicht, uns im Regen zu verlaufen ist auch nicht viel besser. Die Infos hätten wir uns vorher besorgen sollen. Wir verzichten auf das Abenteuer und nehmen den Aufstieg als sportliche Abwechslung. Schnaufend aber ohne Zwischenfälle kommen wir in weniger als einer halben Stunde oben im Dorf an. Wir nehmen uns fest vor, noch dieses Jahr mit dem Rauchen aufzuhören.
Kaum sitzen wir im Auto, kracht vom Himmel ein wahrer Wolkenbruch nieder. Die Scheibenwischer fliegen nur so über die Scheibe. Aber man sieht trotzdem fast nichts. Ganz langsam geht es weiter Richtung, Sietamo. Da wollen wir heute übernachten. Trotz wackliger Beine sind wir froh, jetzt nicht noch irgendwo auf dem Rundweg zu stehen. Aber irgendwann werden wir ihn machen, diesen Rundweg ums Dorf. Dann werden wir auch die Wasserfälle und die Höhle ansehen, die das Pärchen noch erkunden wollte. Die sind bestimmt ziemlich nass geworden.
…noch ein paar Fotos von Alquézar:
und das sind die berühmten Brotkrümel:
Die Pasarelas del Vero liegen übrigens im Parque natural de la Sierra y los Cañones de Guara. Hier gibt es nicht nur superschöne Wanderwege, die ganze Gegend muss ein Traumziel für alle Kletterer und Canyoning Fans sein!
Hinweis: Vielen Dank an Avis, die uns einen Seat Altea für diesen Roadtrip durch Huesca und den Parque Natural zur Verfügung gestellt haben!
[…] Dank an Nicole von Freibeuter-Reisen.org für ihren Bericht über Alquézar und die Pasarelas del Vero der mir als willkommene „Anregung“ für mein nächstes Reiseziels […]
Wunderschöne Orte…LG
Danke Dir!!!