Erst vor ein paar Wochen hat mich mein polnischer Freund Grzegorz darauf hingewiesen, dass Marie Curie nicht Französin, sondern Polin war. Das hat sie mit Frédéric Chopin gemeinsam: Beide kommen aus Warschau und werden doch oft für Franzosen gehalten.
Nun bin ich in Warschau und habe die Chance, mir die Geschichte dieser beiden beeindruckenden Menschen mal genauer anzusehen.
Marie Curie Museum
Marie Curie hieß eigentlich Maria Salomea Skłodowska, jedenfalls bis sie Herrn Curie heiratete. In der Neustadt, die genau genommen sogar älter ist, als die Altstadt, gibt es ein Museum, dass der berühmten Wissenschaftlerin gewidmet ist. Als ich gerade die bunt bemalte Fassade des Gebäudes betrachte, kommt ein Mann auf mich zu. „Are you looking for the Museum?“, „Yes“, sage ich „It’s right here, isn’t it?“ und dann sehe ich ein Schild an der geschlossenen Tür. Das Museum ist umgezogen. Zum Glück aber innerhalb derselben Straße. Ich muss also nur die richtige Hausnummer finden. Mein hilfsbereiter Begleiter begleitet mich hilfsbereit. Ich bin mir gerade nicht so sicher, ob er einfach nur nett ist oder gleich Geld von mir verlangen wird. Die neue Adresse ist schnell gefunden, direkt gegenüber des eigentlichen Gebäudes. “There it is” teile ich ihm freundlich mit, in der Hoffnung,er versteht, dass ich auch ohne seine Hilfe weiterkomme. Trotzdem begleitet er mich die paar Meter bis direkt vor die Tür. Dann streckt er mir seine Hand entgegen: “My name is Andrzej” Ich schüttle die ausgestreckte Hand “Nice to meet you, thanks!” und verschwinde im Museum.
Die Dame an der Kasse ist gerade damit beschäftigt ihr Butterbrot zu kauen. Es ist ihr total peinlich, dass sie gerade den Mund voll hat. Kein Problem, lächle ich sie freundlich an. Umständlich sucht sie in einer Schublade nach Wechselgeld und reicht es mir dann zusammen mit der Eintrittskarte. Ich finde das voll niedlich. So nett menschlich. Viele Menschen scheinen hier nicht gerade herzukommen, oder sie ist noch ganz neu, in dem Job an der Kasse.
Eine Treppe führt in die erste Etage. Familienfotos, Briefe und andere Dokumente liegen oder hängen in verschiedenen Vitrinen. Marie Curie stammte aus einem gebildeten Elternhaus. Als Mädchen hatte sie im damals zum Russischen Kaiserreich gehörenden “Weichselland” jedoch keinen Zutritt zur Universitäẗ. Das Studium war ihr verwehrt. Also zog sie nach Paris und studierte an der Sorbonne.
Marie Curie war eine unglaubliche Wissenschaftlerin. Sie ist die einzige, die gleich zwei Nobelpreise und das auch noch in verschiedenen Kategorien erhalten hat (in Chemie und Physik)! Für ihre bahnbrechendenden Entdeckungen mit Röntgenstrahlen, Radium und Radioaktivität zahlte sie einen hohen Preis. Dadurch, dass sie so viele Jahre den Strahlen ausgesetzt war, die sie erforschte, starb Marie Curie 1934 an Leukemie. Eine echt beeindruckende Frau.
Das Museum ist ziemlich klein, eigentlich ist es nur ein Raum, der vor allem den Menschen Marie Curie zeigt. Von den wissenschaftlichen Forschungsergebnissen hätte ich wahrscheinlich eh nicht viel verstanden. Trotzdem, ein wenig mehr hatte ich mir ehrlich gesagt schon versprochen. Nach nur fünfzehn Minuten stehe ich wieder auf der Straße. Andrzej ist mittlerweile verschwunden und ich mache mich auf den Weg zum Chopin Museum.
Man muß nichts im Leben fürchten, man muß nur alles verstehen. Was man verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht.
(Marie Curie)
Chopin Museum
Das Chopin Museum liegt gar nicht so weit weg von der Altstadt, zwischen Nowy Swiat, meiner Lieblingssstraße hier in Warschau, und dem Weichselufer. In einem schicken, barroken Palast ist das Museum des Komponisten Frédéric Chopin der eigentlich Fryderyk Franciszek Chopin hieß, untergebracht. Die Ausstellung ist irgendwie alles gleichzeitig: für die Ohren, für die Augen, für das Herz. Es gibt diverse Möglichkeiten die Werke Chopins zu hören, während man passend dazu etwas über den jeweiligen Lebensabschnitt des Komponisten liest.
Im Untergeschoss lausche ich den Scherzi, genau genommen dem zweite Scherzo in b-moll. Ganz im Gegensatz zum Namen (Scherzo ist ein Scherz auf italienisch) ist die Musik nicht leicht und lustig. Dramatisch, wild und leidenschaftlich kommt die Meldodie aus dem Kopfhörer.
Neben der Musik und den Briefen gibt es auch noch andere Dinge zu sehen. So werden das Klavier, auf dem Chopin zum letzten Mal gespielt hat, seine Totenmaske und sogar eine Locke seines Haars im Museum gezeigt.
Die Korrespondenz zwischen Chopin und seinen Freunden und Bekannten wurde so aufgearbeitet, dass man an kleinen Bildschirmen mitlesen und -hören kann. Mit meiner Eintrittskarte aktiviere ich die englische Version und höre über bereitgelegte Kopfhörer wie mir eine Stimme die alten Briefe vorliest. Es ist ein bisschen wie spionieren, einfach so in den intimen Gedankenaustausch zweier Menschen einzudringen. Aber ich bin ganz gefesselt. Ich lese, dass sich der schon kranke Musiker wohl in eine seiner jungen Schülerinnen verliebt, die für ihn jedoch nur väterliche Gefühle hegt. Ich höre die ausführlichen Briefe George Sands über ihre Beziehung zu Chopin, über die Zeit in Vallhermosa und in Nohant, und ich bin ein wenig traurig, als seine Krankheit immer weiter fortschreitet, ohne dass einer der zahlreichen Ärzte ihm wirklich helfen kann. Wahrscheinlich starb Chopin an Tuberkulose.
Hinterlasse einen Kommentar