Vor der Kirche Saint Dévote bin ich heute mit Jean Marc verabredet. Jean Marc ist ein echter Monegasse, immer gut gelaunt und sehr aktiv. Bis er in Rente ging, war er Feuerwehrmann. Aber auch im Ruhestand wollte Jean Marc unbedingt noch etwas für sein kleines Land tun. Also beschloss er, den Besuchern sein Monaco zu zeigen, eine Stadt abseits vom „bling bling“ wie er es nennt, der Spielkasinos, der VIPs und der Superreichen.

kirche devote monaco

Als Erstes erzählt mir Jean Marc die Geschichte der Kirche vor der wir stehen. Es ist nämlich diese eher kleine Kirche der Saint Dévote, die das Herz der Monegassen bewegt, nicht die große Kathedrale.

Die Nationalheilige Monacos Sainte Dévote ist eigentlich eine korsische Märtyrerin. Unter Diokletian, der alle Christen auf der Insel verfolgen ließ, wurde das junge Mädchen von den Römern gefangen genommen, gefoltert und ermordet. Als ihr Leichnam verbrannt werden sollte, retteten ein paar treue Christen die tote Dévote vor dem Feuer und brachten sie auf ein Boot. In Afrika sollte der Leichnam in Sicherheit sein. Doch auf dem Weg über das Mittelmeer kam plötzliche ein heftiger Sturm auf und das Boot drohte in den Wellen zu kentern. Da stieg aus dem Mund der toten Dévote eine weiße Taube auf und geleitete die Seeleute in eine sichere, kleine Bucht. Das war das heutige Monaco. Die Seeleute nahmen das als Zeichen und begruben die Knochen der Märtyrerin in der kleinen Bucht. Damit niemand sie verfolgen und die wertvollen Relikte stehlen konnte, verbrannten sie kurzerhand das Boot, mit dem sie gekommen waren.

sainte devot monaco

Und darum wird noch heute jedes Jahr am Abend vor dem 27. Januar, dem Tag der Sainte Dévote und Nationalfeiertag Monacos, ein großes Fest gefeiert, bei dem in Erinnerung an diese Legende ein Boot verbrannt wird.

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Dann führt mich Jean Marc durch die Tunnel und Gassen seiner Kindheit. Auf unserem Weg treffen wir auch gleich ein paar Freunde und Nachbarn, mit denen wir uns kurz unterhalten. Echte locals zu treffen ist in Monaco allerdings gar nicht so einfach, so eine Gelegenheit hat man nicht oft. So erfahre ich zum Beispiel, dass die Monegassen bestimmte Sonderkonditionen bei der Wohnungssuche haben. Sonst wäre es für sie gar nicht mehr möglich mit einem normalem Gehalt eine Wohnung zu mieten. Auf dem freien Wohnungsmarkt liegen die Mietpreise nämlich mittlerweile in geradezu utopischen Höhen. Es ist halt einfach kein Platz da.

felsen monacoHäuser an die Felsen gebaut – kein Zentimeter wird verschenkt

Monaco ist heute der zweitkleinste Staat der Welt, doch das war nicht immer so. Früher war Monaco einmal deutlich größer. Bis 1847 umfasste die Fläche noch 24 km² bis zur italienischen Grenze. Damals gehörten die Gemeinden Menton und Roquebrune (*) noch zu monegassischem Staatsgebiet. Doch die Einwohner dieser beiden Ortschaften fühlten sich von Monaco benachteiligt und sagten sich los. Von nun an nannten sie sich „freie Städte“ und standen unter dem Schutz des benachbarten Herzogs von Savoyen, der gleichzeitig König von Sardinien war.

So ganz unverständlich war diese Rebellion nicht, denn der damalige Fürst und Herrscher über Monaco, ein gewisser Florestan, lebte in Paris und dachte gar nicht daran, dem schönen Leben im Luxus zu entsagen, um in die weit entfernte Pampa, auf einen Felsen im heißen Süden zu ziehen. In der kleinen Bucht war damals nicht viel los. Die Leute waren arm und Luxus gab es nicht. Als er dann auch noch neue Steuern erheben wollte, kam es zu einem Aufstand und Monaco verlor mit einem Schlag rund 80% seiner Fläche. Jetzt konnte man nicht einmal mehr Landwirtschaft betreiben. Von diesem Moment an war Monaco wirklich nur noch ein Felsen.

Es dauerte noch eine Weile, bis jemand eine gute Idee hatte, was man denn in Monaco machen könnte. Unter Fürst Florestan wurde 1856 das erste Spielkasino im Hafen eingerichtet. Doch das Projekt war zunächst ein totaler Reinfall. Niemand kam hierher, um zu spielen. Nach wenigen Jahren musste das Casino wieder schließen. Jean Marc zeigt mir das Gebäude, in dem es sich einst befunden hat. Längst ist es umgebaut, aufgestockt und zu Wohnungen umfunktioniert worden.

erstes casino monacodas erste Casino – noch ist die Gegend im Hafen dünn bebaut

Den zweiten Versuch unternahm 1858 ein gewisser Albert Grimaldi mit dem Bau eines neuen Casinos im Stadtteil Spéluges. ein Jahr später betrug der Verlust des Geschäfts bereits eine Million Franc. Wie so oft sind aller guter Dinge drei. Beim dritten Anlauf engagierte Fürst Charles III einen Mann mit Erfahrung. François Blanch hatte schon in Bad Homburg sehr erfolgreich Spielkasinos errichtet. Nach diesem Vorbild wurden 1863 nun auch ein Casino und eine Therme an der Côte d’Azur gebaut. Dieses Mal gelang es schließlich doch noch, die Spielhalle zu füllen. Die Reichen und Adeligen strömten nun nach Monaco.

Dank der Errichtung der Eisenbahnstrecke und mit der Einführung der berühmten Steuerbefreiung für Privatpersonen unter Charles III. war es gelungen, das Interesse der High Society zu wecken und Monaco zum Treffpunkt des Jetset zu machen. 1866 benannte sich auch das Stadtviertel Spéluges, in dem das Casino stand, aus marketingtechnischen Gründen um. Aus Spéluges, was entfernt schon ein wenig an das deutsche Worte Spelunken erinnert, wurde über Nacht „Monte Carlo“. Carlo für den damaligen Fürsten Charles und Monte für Berg. Auf Italienisch klingt das doch gleich viel besser.

Den Monegassen ist es übrigens per Gesetz strikt verboten, in den Casinos zu spielen! Sie dürfen zwar die Räume der Spielhallen betreten, aber nicht selbst Geld einsetzen. Selbst wenn sie es dennoch täten, würde keine Bank ihnen das gewonnene Geld auszahlen.

Das kleine Land auf dem Felsen ist unglaublich dicht bebaut. Hier ist kein Zentimeter ungenutzt, kein Platz wird verschenkt. Fürst Rainier III ließ sogar ein ganzes Stadtviertel in die Bucht hinein bauen. Fast wie in Venedig ringt Monaco dem Meer Boden ab.

hafen bucht viertel monaco
rainier monaco

Dann steigen wir hinauf zum Palast der Fürsten. Die Festungsanlage, die von einem Schüler Vaubans angelegt wurde, ließ der monegassische Fürst im Spanischen Erbfolgekrieg errichten. Er baute eine mächtige Festung um den eigentlichen Palast herum, da er Angst hatte in den Kriegswirren zwischen den Österreichern und Franzosen, die um den spanischen Thron kämpften, hineingezogen zu werden oder schlicht und von den durch Europa ziehenden Truppen überrollt zu werden.

Als wir oben ankommen stehen wir vor einem grimmig dreinblickenden Mönch. Das ist der erste Grimaldi, il Malizia. Die Geschichte der Grimaldis in Monaco beginnt nämlich mit einem nächtlichen Überfall.

il malizia francesco grimaldi erster monaco

wappen monaco

Der auf Seiten der Welfen kämpfende Francesco Grimaldi verkleidete sich 1297 als Franziskanermönch und klopfte des Nachts an die Pforte der genuesischen Burg, die sich auf dem Felsen erhob. Er bat um Herberge für die Nacht und wurde eingelassen. Doch il Malizia kam nicht allein. Er hatte ein ganzes Heer mitgebracht, das er, sobald alles still war auf der Burg, heimlich hineinließ und so die Burg im Handumdrehen eroberte. Doch Il Malizia war ein Söldner, der die Festung nicht für sich, sondern für die Welfen erkämpft hatte. Als 1301 die Genuesen den Felsen zurückeroberten, zogen Francesco Grimaldi und sein Cousin Rainier weiter. Rainier war es dann auch, der einige Jahre später die Dynastie Grimaldi gründete. Sein Sohn Charles Grimaldi war der Erste, der sich ab 1342 Herr von Monaco nennen ließ.

Monaco ist eine hereditäre konstitutionelle Monarchie. Als während des Ersten Weltkriegs der Erbprinz von Monaco aufseiten der Franzosen gegen die Deutschen kämpfte, hatte Monaco ein Problem. Wenn der noch junge Thronfolger ohne Nachkommen zu hinterlassen, in einer Schlacht fallen würde, fiele der Thron an die nächsten Verwandten. Das waren zu dieser Zeit allerdings deutsche Adelige, gegen die man ja gerade in den Krieg zog. Damit das auf keinen Fall passieren konnte, wurde neues Gesetz erlassen, nachdem der Fürst von Monaco erstens unbedingt ein Monegasse, egal ob Tochter oder Sohn, und zweitens ein direkter Nachfolger der Grimaldis sein musste. Diese Erbfolgeregelung ist bis heute in Kraft.

gasse monaco

Jean Marc zeigt mir sein Elternhaus und die Plätze, an denen er als Kind gespielt hat, an die sich kaum ein Tourist verirrt. An den Türen finden wir versteckte Inschriften und laufen durch verborgene Tunnel der alten Stadt. Schließlich stehen wir vor der großen Cathédral de Monaco, in der Fürst Rainier III und Gracia Patricia bestattet sind.

kathedrale monaco

kathedrale monaco

Durch einen kleinen aber schönen Park gehen wir bis zum Musée océonographique, das auch von einem Grimaldi gegründet wurde. Fürst Albert I war ein passionierter Forscher und Entdecker. Nach ihm ist sogar ein Tiefseetintenfisch benannt worden, der Lepidoteuthis grimaldii. Viele Jahre war der berühmte Jacques-Yves Cousteau Direktor des Musée océanographique.

albert monaco

museum monaco

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Während ich mit Jean Marc unterwegs war, hat Michi, der mich nach Monaco begleitet, sich dieses Museum genauer angeguckt. Vor langer, langer Zeit hat mal Ozeanografie studiert und wollte sich das Museum natürlich nicht entgehen lassen. Er war megabegeistert. Hätte ich mehr Zeit, würde ich mir das auch noch ansehen, aber wir sind in Biot verabredet und müssen die nächste Bahn nehmen, wenn wir nicht zu spät kommen wollen. Beim nächsten Mal werde ich es mir aber auch ansehen.

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Infos zu Monaco:

(*) Menton und Roquebrune: Als Napoleon III 1860 eine Volksabstimmung anordnete, fielen die ehemals monegassischen und zwischenzeitlich freien Städten an Frankreich. Als Entschädigung erhielt Monaco Geld und eine Zugverbindung.

Anfahrt:
Mit dem Auto: Parkhaus unter dem Musée océonographique
Mit dem Zug: mit der Bimmelbahn an der Küste entlang und im Bahnhof direkt unten an den Gleisen gleich nach draußen

Jean Marc findest Du auf Facebook unter @visitermonaco oder auf dieser Website www.monaco-rando.com .

Musée océonographique:
Website: www.oceano.mc

Kathedrale Notre Dame Immaculée:
Website: www.cathedrale.mc

Monaco bereitete sich genau an dem Tag, an dem wir dort waren, auf den Grand Prix der Formel 1 vor. Die ganze Stadt, beziehungsweise das Land, verwandelt sich dann in eine Rennstrecke und man hat dauernd das Gefühl, genau auf der Piste zu stehen. Ist ja im Grunde genommen auch so.

formel 1 monaco

blick auf hafen monaco la poste monaco   gasse monaco        haus monaco

Zu dieser Stadtführung mit Jean Marc wurde ich von Visit Monaco eingeladen. Vielen Dank!