Im Museu Maritim dreht sich alles, wie der Name ja bereits vermuten lässt, um Schiffe und um das Meer. Mein erster Besuch im Museum an den Drassanes ist schon eine Weile her. In den letzten Jahren wurde das mittelalterliche Gebäude gerade aufwendig restauriert. Bei diesem Umbau fanden auch archäologische Arbeiten statt. Dabei stieß man in nur einem Meter Tiefe auf eine Nekropole aus römischer Zeit, direkt unter dem Boden der Drassanes. Jetzt bin ich also ziemlich gespannt, was mich heute erwartet.

Als ich damals, vor zehn Jahren das Museu Maritim besucht habe, gehörten verschiedene Videos und eine Multimedia Show zu der permanenten Ausstellung. Ich erinnere mich noch, dass wir über eine Brücke oben, auf den Nachbau der riesigen Galeere gehen konnten. An einem bestimmten Punkt auf dem Deck stehend, aktivierte sich dann wie von Geisterhand eine Multimedia Show: Hunderte von Ruderern erschienen plötzlich an Deck und ein paar bunt gekleidete Admirale oder andere Seeleute gaben Befehle. Das war super beeindruckend. Den Kindern blieb echt der Mund offen stehen. OK mir auch, ich gebe es zu. Das war richtig gut gemacht.

Galeere Real Schlacht Lepanto Drassanes Barcelona

Jetzt stehe ich wieder vor der großen Galeere, aber die Brücke ist weg. Sehr schade, kein Multimedia mehr. Dafür sind sämtlich Hallen miteinander verbunden. Licht flutet jetzt in jede Ecke des riesigen Gebäudes. Nach der Neueröffnung geben die Mauern und Bögen wieder den Blick auf eine riesige, mittelalterliche Fabrikhalle und auf einen Teil der alten Stadtmauer frei. Viel Platz brauchte man, denn es wurden nicht nur kleine Fischerboote, sondern vor allem große Galeeren für die katalanisch-aragonesische Flotte gebaut. Galeeren waren im Mittelalter ziemlich beliebt. Hunderte von Seeleuten oder Sklaven ruderten diese tonnenschweren Kriegsschiffe.

Eine dieser Galeeren, die Real, ist noch immer das Prunkstück des Museums. Das Schiff ist zwar ein Nachbau, aber das Original wurde genau hier, in den Drassanes gebaut. Die Real konnte unter dem Befehl des spanischen Admirals Juan de Austria zum Sieg in der Schlacht bei Lepanto beitragen.

Die Seeschlacht von Lepanto 1571 war ein Kampf der Giganten. Die “Heilige Liga” der christlichen Mittelmeermächte kämpfte mit dem Segen des Papstes Pius V. vor einer kleinen griechischen Insel gegen die mächtige Flotte des Osmanischen Reichs. Die Einzelheiten der Schlacht will ich hier nicht erzählen, das könnt Ihr auf Wikipedia nachlesen. Interessant ist aber, dass einer der berühmtesten Schriftsteller der Welt bei dieser Seeschlacht mitkämpfte: Miguel Cervantes.

Cervantes wurde während der Schlacht in die Brust und in den linken Arm geschossen. Die Verletzungen waren nicht tödlich, aber den linken Arm konnte der später so berühmte Schriftsteller vergessen. Angeblich sollen seine Erlebnisse während dieser Schlacht auch in sein Hauptwerk Don Quijote eingeflossen sein. Jetzt ärgere ich mich, dass ich das bis heute noch nicht gelesen habe. Als der Klassiker in der Uni auf dem Lehrplan stand, bin ich in Richtung Linguistik abgebogen. Aber jetzt kommt der Ritter von der traurigen Gestalt gleich mal auf meine to-do Liste für dieses Jahr.

Zurück zum Museum. Im Mittelalter wurden an der Stelle, an der heute das Museum steht, Schiffe gebaut und repariert, Taue und Seile gedreht und eben allerlei Arbeiten, die man zur Unterhaltung von Schiffen eben so benötigte, erledigt. Im dreizehnten Jahrhundert, als die Drassanes errichtet wurde, befand sich diese Werft noch außerhalb der Stadtmauern Barcelonas und war direkt zum Meer hin geöffnet. Heute steht das imposante Zollamt auf der gegenüberliegenden Straßenseite etwas im Weg und versperrt den Blick aufs Meer.

Fischerboot Drassanes Museu Maritim

Schiffe Schiffahrtsmuseum Barcelona

Mar adentro:

Statt der permanenten Ausstellung gibt es jetzt mehrere, wechselnde Ausstellungen zu verschiedenen Themen. Die erste Ausstellung, die ich mir heute ansehe, nennt sich Mar adentro (übersetzt heißt das “seewärts” oder “aufs offene Meer hinaus”). Die Bilder, Seekarten und alte Schiffsteile erzählen vom Reisen auf See. Das Meer hat die Menschen schon immer angezogen, nicht nur zum Handel treiben. Viele suchten auf See nach Freiheit und Abenteuern. Andere wurden mit Galeerenarbeit bestraft. Zur Hochzeit der Galeeren im Mittelalter wurden Ruderer in großen Mengen gebraucht und so gab es bei Begehen einer Straftat dann statt Geld- oder Gefängisstrafen eben „Galeere“: vier, sechs, acht oder auch zehn Jahre waren keine Seltenheit. Wenn es ganz arg kam, wurden kräftige Männer auch schon mal aus den Hafenkneipen entführt und an Bord geschleift, ohne dass sie eigentlich angeheuert oder etwas verbrochen hatten.

alte Seekarten Museu Maritim

Piraten im Mittelmeer:
Die zweite Ausstellung ist natürlich genau mein Thema: Piraten. Piraten gab es nicht nur in der Karibik. Dort war zwar die Beute besonders lockend, denn alle auf dem neuen Kontinent gefundenen Silberschätze und auch alle Handelswaren wurden ja auf dem Seeweg nach Europa geschafft. Auch war die Überwachung der Karibik und des Atlantiks weitaus schwieriger als das relativ übersichtliche Mittelmeer. Aber auch im Mittelmeer gab es Piraten, und davon erzählt diese Ausstellung.

Kanone Piraten Ausstellung Museo Maritimo

Fast alle katalanischen Küstenorte wurden im Mittelalter regelmäßig von Piraten überfallen. Einige Orte erinnern heute noch mit traditionellen Festen an diese Zeit (Estartit: Pirates i Corsaris a les Illes Medes). Natürlich war das kein bisschen so romantisch, wie das in den Hollywoodfilmen aussieht. Die Piraten, Korsaren und Freibeuter brandschatzen und raubten, Mal im Namen eines Königs, mal auf eigene Kosten und Gefahr. Korsaren oder Freibeuter hatten im Unterschied zu den Piraten einen Kaperbrief ihres Königs oder ihrer Königin und überfielen immer nur Schiffe verfeindeter Länder (wie z. B. Francis Drake, der wohl berühmteste Pirat bzw. Freibeuter). Die Herrscher waren also eigentlich Mittäter bei der Piraterie, aber darüber sah man damals hinweg. Scheinbar machten das ja alle.

Kaperbrief Piraten Freibeuter Museu Maritim

Piraten im Museu Maritim Barcelona

Piratenschiffe waren im Gegensatz zu Kriegs- oder Handelsschiffen vor allem klein und wendig. Sie mussten in allererster Linie schnell sein und hatten meist nur wenige Kanonen an Bord. Piraten beschossen ihre Beute nicht, sondern kaperten andere Schiffe, indem sie an Deck sprangen und mit ihren Säbeln und Schwertern die Besatzung niedermachten. Manchmal behielten sie auch gleich das ganze Schiff, wenn sie es gebrauchen konnten.

Wer Pirat wurde, gab seine Nationalität auf, war so etwas wie vogelfrei und bewegte sich auf See im rechtsfreien Raum. Irgendeine Fahne musste man aber auch auf einem Piratenschiff hissen. So kam es zur ersten Piratenflagge, der knallroten „Jolie Rouge“. Später wurde der ursprünglich französische Name dann zu einem anglisierten „Jolie Roger“. Noch später dann entwarf jeder Piratenkapitän, der was auf sich hielt seine eigene Flagge. Die Piratenflaggen mussten möglichst einschüchternd auf die zu kapernden Handelsschiffe wirken und zeigen daher meistens grauenerregende Totenköpfe, Säbel oder auch Sanduhren (nach dem Motto: Dir bleibt nur noch wenig Zeit!).

Der wohl berühmt-berüchtigste Pirat im Mittelmeer war Barbaroja, Rotbart. Kheyr-ed-din war ein kluger Taktiker und ein grausamer Eroberer. Der “Korsar des Sultans” von Konstantinopel beherrschte immerhin 30 Jahre lang die nordafrikanische Mittelmeerküste.

Unterwasserfotografie:

antiker Taucher

Nachdem ich relativ schnell durch die kleine Piratenausstellung durch bin, entdecke ich in der Ecke einen fast schon antiken Taucher. Hier geht es zur Ausstellung über Unterwasserfotografie. Sehr beeindruckend, mit welchem Gerät die ersten Unterwasseraufnahmen entstanden sind. Wenn ich mir überlege, dass man das heute mit einer relativ kleinen UW-Kamera oder gar mit einer GoPro machen kann …

Tauchen früher

UW Kameras Museu Maritim

U-Boot:
Vor dem Museum, draußen im schönen Sonnenschein, steht ein hölzernes U-Boot. Das ist ein Nachbau der Ictineo, eines der ersten U-Boote weltweit. Erfunden wurde es von dem Katalanen Narcis Monturiol. Im Jahre 1864 startete die Ictineo im Hafen von Barcelona zu ihrer ersten Fahrt unter Wasser – und tauchte auch wieder auf. Die Ictineo I. war leider ein Fehlversuch gewesen, aber die Ictineo II war ein voller Erfolg. Nur leider war Monturiol seiner Zeit weit voraus. Er galt als Visionär und Spinner. Das Geld wurde knapp und niemand glaubte an einen möglichen Nutzen dieses hölzernen Ungetüms. Monturiol musste das U-Boot wieder in seine Einzelteile zerlegen lassen und das Material verkaufen, um nicht zu verhungern.

Narcis Monturiol U-boot

Museu Maritim Barcelona (MMB)
Av. de les Drassanes, s/n
08001 Barcelona
Web: www.mmb.cat
Metro: L3 Drassanes
Öffnungszeiten: 10 bis  20 Uhr
Eintritt: 7 Euro

mar adentro museu maritimo barcelona

Modell Hafen Barcelona

Ein kleines Mausoleum der neuentdeckten Nekropolis wurde freigelegt und ist mitten im Museum zu sehen: 

Nekropole Ausgrabungen Drassanes Barcelona