Ein lautes „pffffft“ erklingt jedes Mal, wenn der Feuerstrahl mit Macht den riesigen Stoffballen aufbläst. Ich vertraue dem Piloten. Toni wird schon wissen, was er da tut. Etwas anderes bleibt mir ja auch gar nicht übrig. Aussteigen geht bei einer Fahrt im Heißluftballon nun mal nicht.

Ich muss zugeben, ich hatte schon etwas Schiss. Zu zerbrechlich, zu unberechenbar schien mir die Idee, in einem Weidenkörbchen an einem Stückchen Stoff hängend durch die Luft zu fliegen. Ja, es heißt Ballon fahren, nicht fliegen. Das habe ich auch schon gelernt, aber für mich fühlt sich das In-der-Luft-sein an wie fliegen. Was mich am meisten erstaunt, als ich dann schließlich doch in dem Körbchen oben am Himmel schwebe, ist die Stille. Bis auf das „Pfffft“-Geräusch, das Toni ab und zu mit dem Ballon macht, hört man hier keinen Mucks. Schon der Start war so sanft, fast schon heimlich. Fast hätte ich nicht gemerkt, dass wir bereits in der Luft sind, wären da nicht plötzlich die Baumwipfel auf Augenhöhe erschienen…

vulkanlandschaft heißluftballon la garrotxa

Eine Fahrt im Heißluftballon 

In aller Frühe geht es los. Morgens um sieben Uhr, mitten im Naturpark la Garrotxa. Während alle Fahrgäste (oder heißt es Ballonfahrtteilnehmer?) noch gemütlich Kaffee schlürfen und Croissants frühstücken, beginnt Toni bereits mit dem Aufbau des Ballons. Toni ist nicht nur Pilot, sondern auch Gründer von Vol de Coloms. Seit über dreißig Jahren steigt er mit den Heißluftballons in die Lüfte.

Weil ich doch ziemlich aufgeregt bin, kann ich nicht einfach Kaffee trinken, sondern laufe ein bisschen herum, frage Toni und Ferriol Löcher in den Bauch und darf zusehen, wie eine Windmaschine Luft in den noch schlapp am Boden liegenden Stoffballen bläst. Schnell erhebt sich der Ballon und wird zu einer beeindruckenden Kugel. Bald schon könnte ich sogar drin stehen. Ganz schön groß! Schließlich ist es soweit und der Ballon schwebt majestätisch elegant über der Wiese. Er wartet nur darauf, dass alle Gäste in den Korb klettern. Wir steigen ein. Einige klettern, andere springen, dann öffnet Ferriol sogar eine Tür, durch die man den Korb bequem betreten kann!

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Kaum merklich verlassen wir den Erdboden. Erst nur wenige Zentimeter, wie auf einem Luftkissen schwebend. Nur beim Blick nach unten wird klar: die Welt wird schnell immer kleiner. Schon haben wir die Baumwipfel erreicht. Direkt neben uns erscheinen nun die Vulkane dieser faszinierenden Landschaft. Hier oben wird gut sichtbar, was man bei einem Spaziergang am Boden nur erahnen kann. Die Vulkane zeigen sich in ihrer ganzen Pracht und Schönheit. Runde und eingefallene Krater, sogar die beiden Vulkane mitten in der Stadt Olot sind gut zu erkennen. Kreisrunde Hügel, die einst mächtige Feuer in den Himmel gespuckt haben, liegen nun lammfromm unter uns. Wie in einem Fahrstuhl, sanft und leise gleiten wir immer höher.

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Der Croscat sieht von hier oben aus wie ein angeschnittener Geburtstagskuchen. In dem bilderbuch-runden Vulkankegel des Santa Margarida erkennt man sogar eine kleine romanische Kirche, die vor vielen Jahrhunderten mitten in den Krater gebaut wurde.
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Hier oben am Himmel herrscht absolute Ruhe. Die Geräusche der Welt da unten dringen längst nicht mehr zu uns hoch. Wider Erwarten ist es auch gar nicht kalt, denn wir bewegen uns leise und still mit dem Wind.

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Der Heißluftballon ist das erste Gefährt, mit dem sich der Mensch jemals in die Lüfte erhoben hat. Seit dem 18. Jahrhundert lassen wir uns mit dem Wind am Himmel entlang treiben. Das Prinzip ist relativ simpel, aber genial. Die erwärmte Luft trägt den aus Stoff gefertigten Ballon, an dem ein Korb für die Passagiere hängt, nach oben.

Am Horizont kommt die Küste in Sicht. Hinter der kleinen Stadt Roses geht gerade die Sonne auf und färbt den Himmel über dem Cap de Creus orangerot. Passend zu der romanischen Aussicht packt Toni, der Pilot, eine Flasche Cava, den katalanischen Sekt und Coca, einen traditionellen Kuchen, aus. Nirgendwo anders auf der Welt kannst Du diese beiden typischen Leckereien in so einem traumhaften Ambiente kosten. Glücklich strahlend stoßen wir an und genießen unser kleines Sektfrühstück über den Wolken!

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Wir bewegen uns mit dem Wind heute in Richtung Banyoles. Wir fahren über den kleinen See und erreichen bald Besalù, ein niedliches mittelalterliches Dorf, das für seine Töpferwaren bekannt ist. Schon von Weitem sind die alte Brücke und das mächtige Stadttor zu erkennen. Unten am Boden ist der Blick auf die Brücke und die kleine Siedlung schon wirklich sehenswert, aber von hier oben ist die Aussicht märchenhaft schön.

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Die Richtung, in die die Fahrt mit einem Ballon geht, schreibt der Wind vor. Denn einen Heißluftballon kann man nur sehr bedingt steuern. Allein durch gezieltes Steigen oder Sinken ist es dem Piloten möglich, die Fahrtrichtung zu beeinflussen. Mithilfe einer Luftklappe, die durch das Ziehen an einer Leine geöffnet werden kann, kann der Pilot einen bestimmten Wind ausnutzen, um sich schneller ans Ziel treiben zu lassen.

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Toni knüllt ein kleines Stückchen Papier zusammen und lässt es fallen. Zu unserem großen Erstaunen „fällt“ das Papier nach oben! Wie kann das sein? Ein physikalischer Trick? Toni klärt uns auf. Natürlich fliegt das Papier nicht nach oben, sondern nach unten. Doch da er kurz zuvor von uns völlig unbemerkt den Sinkflug eingeleitet hat, fallen wir gerade schneller als das leichte Papier. Für uns die wir uns im Ballon befinden, sieht es daher so aus, als würde sich das Papier nach oben bewegen. Die Natur ist unglaublich faszinierend!

Da wir nun wissen, dass wir sinken, sehe ich jetzt auch, dass die kleinen Bauernhöfe mit ihren Spielzeugpferden, die Hühnerhöfe und Kuhställe unter uns wieder näher kommen. Am Flussufer kann ich eine alte, leicht verfallende Mühle erkennen. Als wir uns gerade direkt über einer Papierfabrik befinden, winken die Arbeiter uns fröhlich zu!

pferde

Dann hupt es laut unter uns. Es ist Ferriol, der unsere Fahrt im Auto mit dem leuchtend roten Anhänger verfolgt, um uns am Landeplatz wieder einzusammeln. Er winkt, wir winken zurück. Toni hält derweil schon nach einem Landeplatz Ausschau. Über Walky Talky sprechen die beiden sich ab, wo der Ballon runter gehen soll. Ein abgeerntetes Getreidefeld kommt in Sicht. Der Acker scheint bestens für uns geeignet. Dann kommt das Kommando: „Alle festhalten, wir setzen jetzt zur Landung an!“ Es ruckelt einmal kräftig, dann noch einmal und schon haben wir wieder festen Boden unter den Füßen. Alle lachen und feiern fröhlich. Die eineinhalb Stunden sind wortwörtlich wie im Flug vergangen!

Sobald alles aufgerollt und eingeräumt ist, fahren wir mit dem Auto zurück nach Santa Pau. Dort wartet schon das versprochene zweite Frühstück auf uns. Meine ganze Aufregung von heute Morgen hat sich längst in eine friedliche Glücksstimmung verwandelt. Es kommt mir fast so vor, als wäre ich schon immer geflogen. So als sei der Heißluftballon die natürlichste Art der Fortbewegung des Menschen.

im ballon

Zurück im Naturpark, ist der Tisch bereits gedeckt. Es gibt deftige kalte und warme Speisen. Genau das richtige für frisch gebackene Abenteurer der Lüfte. Neben traditioneller Wurst und Aufschnitt, für die Olot bekannt ist, wird ein ganz besonderes Gericht serviert: Botifarra amb fesols, katalanische Bratwurst mit den feinen weißen Bohnen aus Santa Pau. Diese herkunftsgeschützten Bohnen sollen ihren besonderen Geschmack der Vulkanerde verdanken. Traditionelle regionale Küche, frischer geht’s nicht. Sogar der Joghurt zum Nachtisch kommt aus der Region und stammt von einem ganz besonderen Hersteller, der Kooperative La Fageda. Aber davon erzähle ich in einer anderen Geschichte.
fruehstueck vol de coloms
wurst aus olot

fessols

Infos zum Heißluftballon fahren in La Garrotxa:

Seit 1992 steigen auf dem Gelände des Naturparks, direkt neben dem Buchenwäldchen La Fagada d‘en Jordà die ersten Ballons in den Himmel. Zunächst nur an den Wochenenden, dann auch unter der Woche und bald schon entwickelte sich das kleine Unternehmen zu einem Vollzeitjob. Mittlerweile arbeiten acht Piloten bei Vol de Coloms, was übersetzt ungefähr „Flug der Tauben“ bedeutet. Dazu kommen noch ein paar andere Mitarbeiter und – ganz wichtig – eine Köchin. Denn nach dem Abenteuer im Heißluftballon gibt es ja ein deftiges zweites Frühstück für die hungrigen Ballonfahrer.

Vol de Coloms
Crta. del volcà Croscat, s/n
17811 Santa Pau
Website www.voldecoloms.cat

vulkanlandschaft heißluftballon la garrotxa
Im Rahmen eines Projekts von Katalonien Tourismus bin ich in La Garrotxa in den Himmel gestiegen. Meine Geschichte erzähle ich hier aber völlig unabhängig davon, einfach weil ich es sehr, sehr spannend fand und das Erlebnis mit Euch teilen möchte.