Eigentlich wollten wir Pilze sammeln. Doch für Pilze ist es dieses Jahr viel zu trocken. Selbst hier oben im Vall de Boi, in den Pyrenäen. Dafür gibt es aber schöne Wälder und die leuchten jetzt gerade im Herbst in den buntesten Farben.

Die Berge um uns herum sind über 2000 Meter hoch, aus siebenunddreißig Quellen springt frisches Wasser aus den Tiefen der Erde und die Bäume tragen rote, gelbe, grüne und braune Blätter. Meine Freundin Carmen und ich baden einfach in dieser wunderschönen Natur, die hier oben noch so unberührt zu sein scheint. Das Vall de Boi liegt auch wirklich ziemlich weit weg von allen größeren Städten in der nordwestlichsten Ecke Kataloniens. Von Barcelona fährt man mit dem Auto etwas über drei Stunden bis in dieses kleine Tal, das nur aus einer Handvoll Dörfern mit insgesamt rund siebenhundert Einwohnern besteht.

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Wir spazieren durch den Wald. Es riecht feucht und manchmal ein bisschen modrig, aber Pilze sind keine zu entdecken. Jedenfalls keine Genießbaren. Wir finden nur ein paar Giftige, oder welche die Bauchweh, Durchfall oder Halluzinationen hervorrufen. Zum Glück begleitet Judith uns, die kennt sich nämlich mit dem Wald und den Pilzen aus. Wer weiß, was Carmen und ich sonst wohl gepflückt hätten?

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Mangels Pilzen erzählt uns Judith eben, welche Bedeutung die verschiedenen Moose und Flechten für den Wald haben, zeigt uns Bäume, die ein Öl absondern, das gut gegen Husten ist und eine desinfizierende Wirkung haben soll, und erklärt uns auch all die anderen Pflanzen, die wir auf unserem Spaziergang noch so entdecken.

waldbaden-vall-de-boi-oele-im-baum-freibeuter-reisenein Öl in der Baumrinde – gut gegen Husten

Waldbaden – Shinrin-yoku

Besonders spannend finde ich das, was Judith von den uralten japanischen Wälder zu berichten weiß. In Japan gibt es nämlich noch sehr, sehr alte Wälder, in denen niemals ein Baum gefällt wurde. Solche Wälder galten dort früher als besonderes Heiligtum und die heutigen Japaner nutzen diese unberührte Natur nun zum Baden. Ja richtig gelesen, die Japaner baden im Wald und haben sogar ein eigenes Wort dafür: Shinrin-yoku. Aber dieses Waldbaden funktioniert nur mit ganz alten Bäumen. Angeblich soll man nämlich bei einem Spaziergang im Wald nicht nur frische Luft einatmen, sondern auch kleinste Teilchen von pflanzlichen Stoffen, Phytoncide genannt, die diese alten Bäume ausstoßen. Diese Waldpartikel sollen nachweislich eine heilsame Wirkung auf den menschlichen Organismus haben. Natürlich heilen sie keinen Krebs, aber sie können viele Krankheiten unserer Zivilisationsgesellschaft ausbremsen, weil sie unser Immunsystem stärken.

alte-baeume-waldbaden-vall-de-boi-freibeuter-reisenWaldbaden – geht nur mit Bäumen die schon über 200 Jahre alt sind  

Nach dem Waldbaden müssen wir auf dem Rückweg zum Hotel eine Weide überqueren. Dabei kommen wir an einer Herde grasender Kühe vorbei, die mit ihren Glocken echtes Alpenflair versprühen. Leider beginnt es nun schnell dunkel zu werden. Aber auch ohne Pilze war das ein echt schöner und sehr lehrreicher Spaziergang!

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Höhlensauna in der Therme

Hier springt so viel Quellwasser aus dem Boden, dass wir nach unserem Bad im Wald natürlich auch das Thermalbad testen wollen. Aus den verschiedenen Quellen kommt kaltes, frisches Wasser, heißes Wasser und stinkendes Wasser. Letzteres soll besonders gesund sein, weil es so viele Sulfate enthält. Das Thermalbad hier im Vall de Boi nutzt die vielen Wässerchen vorwiegend für medizinische Anwendungen. Da gibt es Fangobehandlungen, ganz spezielle Bäder und Duschen gegen Hautkrankheiten oder Rheuma, Trinkkuren und sogar Naturkosmetik. Da wir beide nicht krank sind, nur ein wenig erkältet, wollen wir zuerst die Sauna ausprobieren.

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Rosa, die nette Dame von der Rezeption, führt uns einen langen Flur entlang. In den Wänden sind kühlschrankähnliche Türen auf Bauchnabelhöhe eingelassen. Während ich überlege, ob es da zu den Kinderzimmern geht oder ob sich da wohl die Abstellkammern verbergen, halte ich nach der Sauna Ausschau. Rosa bleibt ganz abrupt stehen. Wir sind da. Sie öffnet eine dieser kleinen Klappen. Da sollen wir rein? Wie bitte?

Rosa muss mir erst einmal erklären, dass das hier ganz besondere Saunakästen sind. Sie haben nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit einer finnischen Holzsauna. Es sind Höhlen, direkt in den Berg gebaut, in denen die heißen Quellen irgendwo hinter den Steinen entlanglaufen. Vorsichtig krieche ich in das kleine Loch. Zum Glück gibt es Licht. Carmen und ich nehmen auf der winzigen Bank Platz, Rosa verabschiedet sich „In zehn Minuten komme ich wieder“ und macht die Tür zu.

Es ist jetzt schon ziemlich heiß. Das Plätschern des Wassers wirkt aber angenehm beruhigend. Das Wasser tropft von den Steinen und bald auch von mir. Aber erstaunlicherweise finde ich es richtig gemütlich. Diese Höhle hat etwas Heimeliges, hier drin fühle ich mich irgendwie geschützt. Und vielleicht hilft diese Flüssigsauna ja auch gegen die Erkältung, die da bei uns beiden im Anmarsch ist.

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Als uns Rosa aus der Höhlensauna erlöst, weiß ich, wie sich ein Brot im Ofen fühlen muss. Es folgen zehn Minuten Ruhepause mit Blick auf die herbstlichen Pyrenäen, dann geht es zum nächsten Bad. In dem Hammam sollen wir fünf Minuten bleiben, sagt der Bademeister, als er die Tür öffnet. Ich sehe absolut nichts, nur Nebel beziehungsweise heißen Dampf. Nach der kleinen Höhle kommt mir dieses Dampfbad riesig vor. Fünfundvierzig Grad Hitze bei 99% Luftfeuchtigkeit ist nicht ohne. Es ist richtig heiß – und nach der ersten Minute bin ich mir nicht sicher, ob ich noch vier weitere Minuten aushalte. Hammer. Jeder Atemzug brennt und ich tropfe. Doch da kommt schon der Bademeister und fragt fröhlich „Na wie war es?“ Ich würde mal sagen, wir sind gar. Es gibt zum Glück keinen Spiegel, aber ich bin sicher, dass ich mindestens so rot bin wie ein Krebs.

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Zur Abkühlung springen wir schnell unter die eiskalte Dusche und dann ins Jacuzzi. Noch während wir im Sprudelwasser liegen, überlegen wir schon, was wir als Nächstes ausprobieren können. Wir entdecken eine „schottische Dusche“. Der Duschraum besteht aus einer Menge Düsen und einem dicken Knopf an der Wand. Sobald ich den gedrückt habe, beginnt warmes Wasser an meine Waden zu spritzen. Nett. Als ich mich gerade daran gewöhnt habe, wird das Wasser ganz ohne Vorwarnung eiskalt. Mir entschlüpft ein kleiner Schrei, ich konnte ihn nicht mehr aufhalten. Dann geht es wieder warm weiter, aber jetzt eine Etage höher. Das Spiel wiederholt sich so lange, bis ich schließlich aus einer großen Dusche direkt auf den Kopf besprenkelt werde. Cool! Diese schottische Dusche ist genial!

Jetzt bin ich richtig wach. Nur, wohin mit all der neu gewonnen Energie? Abends herrscht hier oben in den Bergen Nachtruhe, sobald die Sonne untergegangen ist. Fit wie ein Turnschuhe hüpfen wir also früh ins Bettchen, denn morgen ist Wandern angesagt, da wollen wir den Naturpark Aigüestortes erforschen und in noch mehr Wald baden.

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Infos zum Waldbaden – Vall de Boi:

Therme im Vall de Boi:

Adresse Caldes de Boí
Afueras, s/n
25528 Caldes de Boí / Lleida
Website: www.caldesdeboi.com

Übernachtung:

Geschlafen haben wir im Hotel Manatial, das mit zur Therme gehört. Große Zimmer und leckere regionale Küche.

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Thema Waldbaden / Shinrin-yoku:
www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20074458
wikipedia.org/wiki/Forest_bathing

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Dieser Artikel entstand im Rahmen eines Blogtrips, zu dem wir vom Patronat de Turisme de la Vall de Boí und dem Patronat de Turisme de Lleida eingeladen worden sind.