Statt zum Coll d’Ares, den ich mit meinem Bruder eigentlich erwandern wollte, machen wir uns wegen des recht unbeständigen Wetters lieber auf den Weg zum Castell de Rocabruna, einer kleinen Burgruine, die unglaublich hübsch auf einem Hügel nahe dem Örtchen Rocabruna liegt. Ich mag die Ruine sehr, denn der Weg dorthin ist nicht schwer und die Reste der alten Burg sind superschön. Ein toller Ort, finde ich. Falls die dunklen Wolken, die an diesem frischen Oktobermorgen aufgezogen sind, sich tatsächlich in ein Gewitter verwandeln sollten, sind wir von dort ziemlich schnell wieder im Hotel.

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Kirche SAnt Feliu Rocabruna

In Rocabruna steht eine der vielen romanischen Kirchen, die in den abgelegenen Bergdörfern der Pyrenäen bis heute erhalten geblieben sind. Die kleine Iglesia Sant Feliu ist sogar meistens geöffnet, sodass man einen Blick hineinwerfen kann. Von dort geht es die Straße hinunter in Richtung Beget, entweder zu Fuß oder man fährt noch ein paar Meter mit dem Auto bis zu einer Kreuzung, an der ein Steinhaus steht. Dort ist schon der erste eiserne Wegweiser mit der Aufschrift “Castell” zu erkennen. Die Burg liegt hinter einer Kurve und ist bald in Sichtweite. Besteigt man den Hügel von dieser Seite aus, ist die Steigung nicht so stark, von der anderen Seite, auf der wir hinabsteigen werden, ist es sehr viel steiler!

Wanderung Pyrenäen Rocabruna

Wanderung Pyrenäen Rocabruna

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Auf diesem ersten Stück des Weges ist die Aussicht besonders schön. Rings um uns herum breiten sich dichte Wälder in den Tälern und auf den Hügeln aus. Die Wegmarkierung mit den eisernen Pfosten “Castell” ist so gut, dass man sich nicht vertun kann. Einzig die Weidezäune sind anfangs etwas ungewohnt. Zum Glück bin ich mit meinem Bruder unterwegs, dem elektrischer Strom keine Angst macht. Die Zäune sind nämlich elektrisch geladen, damit das hier grasende Vieh nicht abhaut. An extra dafür vorgesehenen Plastikgriffen kann man die Zäune jedoch öffnen und unbeschadet über die Wiesen und Weiden gehen. Nach einer Weile zeigen die Wegweiser nach Links, dann geht es rechts herum und der Weg wird etwas schmaler. Schon bald stehen wir vor einer alten Hütte. Hier heißt es nun bergauf zur Burg. Auch wenn es steinig und ein wenig nach klettern aussieht, ist der Weg nicht allzu schwierig. Nach ein paar Metern sind wir oben, am Eingang der Burgruine.

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Wanderung Pyrenäen castell Rocabruna

Eine Ziege beäugt unsere Ankunft. Das Läuten vieler kleiner Glöckchen lässt uns vermuten, dass die Gute nicht allein hier oben wohnt. Und richtig, sobald wir uns ein wenig in den verlassenen Mauern der Ruine umsehen, kommen immer mehr Ziegen zum Vorschein. Beige-Braune, Schwarz-Weiß-Gefleckte und ein paar ganz Schwarze sind auch darunter. Doch sie meckern nicht, sondern gucken nur.

ziegen Wanderung Pyrenäen castell Rocabruna

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Viel weiß man nicht über die Geschichte des Castells von Rocabruna. Als im zehnten Jahrhundert die maurischen Truppen Almanzors Barcelona eingenommen hatten, eilte neben dem Grafen von Besalú auch Pere, der Burgherr von Rocabruna, dem Grafen von Barcelona zu Hilfe, um die Stadt zurückzuerobern. Das behaupten jedenfalls alte Aufzeichnungen, in denen zum ersten Mal von einer Burg hier oben in den Bergen die Rede ist. Im vierzehnten Jahrhundert soll der Burgherr seien Residenz auf dem höchsten Felsen des Hügels eingerichtet haben, behauptet ein halb verwittertes Hinweisschild. Von den Türmen und Mauern ist leider nicht viel erhalten geblieben. Aber ich liebe diesen stillen Ort mit der tollen Aussicht. Die Wolken haben sich inzwischen längst verzogen und die Sonne scheint, als wären wir noch mitten im Sommer.

Wanderung Pyrenäen castell Rocabruna

 castell Rocabruna

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Nach einer Weile machen wir uns an den Abstieg. Die ersten Meter geht es den Hügel so hinab, wie wir gekommen sind. Bei der alten Hütte nehmen wir nun aber den Weg, der hinter dem alten Gebäude mehr oder weniger durch das Dickicht führt. Gelbe Markierungen weisen uns den Weg ins Tal. Statt der modernen, eisernen Wegweiser, entdecke ich hier nur ein einfaches Holzschild, das zurück zur Burg zeigt. Nach einer Weile kommen wir an ein bewohntes Grundstück. Ein elektrischer Zaun versperrt hier, wie so oft, den Weg. Allerdings ist an dieser Stelle leider kein Griff vorgesehen, obwohl der Weg deutlich sichtbar hinter dem Haus weitergeht. Wir müssen wohl außen herum.

Wanderung Pyrenäen castell Rocabruna

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Über eine Wiese geht es am Grundstück entlang zu dem breiten Weg, der uns wieder zur Landstraße hinauf führen soll. Hinter uns ragt die Burg in den Himmel, denn wir sind an der Talsohle angekommen, von der aus wir auf der anderen Seite wieder ein Stück bergan laufen müssen. Hundegebell ist von Weitem zu hören. Irgendwo scheinen die Tiere sich in einem Zwinger oder hinter einem hoffentlich unüberwindbaren Zaun sehr aufzuregen. Eigentlich mag ich Hunde und habe keine Angst vor ihnen. Aber wenn sie eingesperrt und lange allein gelassen werden, dann bin ich mir nicht so sicher, ob die armen Wesen dann nicht einen Schaden davon tragen und mich aus Wut oder Verzweiflung vielleicht doch einfach beißen. Aber wir haben Glück. Keine frei laufenden Hunde zu sehen.

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Stattdessen überqueren wir einen kleinen Bach, die Riera de Rocabruna. Wieder geht es durch einen Weidezaun auf eine Wiese und den Berg hinauf. Bald stehen wir wieder vor einem Gehöft und ich bin gerade nicht so sicher, wo es weitergeht. Hinweisschilder sind nicht mehr vorhanden. Müssen wir hinauf zum Haus? Oder unter dem Zaun hindurch? Der Besitzer ist gerade dabei, seinen Rasen zu mähen und trägt Ohrenschützer. Erst nach einer Weile hört er mich und kommt freundlich strahlend auf mich zu. Zum Glück ist er super nett. Wir sind auf dem richtigen Weg und der führt an seinem Haus vorbei. Kein Problem.

 

Statt Weidezäune müssen wir nur ein paar Türen öffnen und wieder ordentlich schließen. Die letzten Meter sind nun doch ein wenig steil, nicht schlimm, aber im Sonnenschein komme ich jetzt doch etwas ins Schwitzen. Dann geht es noch um eine Kurve und schon sind wir wieder an unserem Ausgangspunkt angelangt. Insgesamt ist die Strecke rund vier KM lang, wenn man von der kleinen Kirche in Rocabruna losgeht sind es ca. fünf KM.

Wanderung Pyrenäen castell Rocabruna

Infos Castell de Rocabruna:

Einen anderen Rocabruna-Artikel findest Du hier im Blog. Rocabruna gehört ebenso wie Beget zu Camprodon. Bei der letzten Zählung von 2005 lebten hier noch 70 Menschen. In den nahe gelegenen Minen sollen schon die Römer Silber abgebaut haben. Bis zur Stillegung in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts förderte man jedoch nur noch Blei, Kupfer und Eisen. Wikipedia widmet dem Castell de Rocabruna einen eigenen Eintrag, allerdings nur auf Katalanisch. Dort werden sogar zwei Legenden erwähnt, die die Leute sich hier erzählen sollen: Eine Geschichte über einen goldenen Esel, der irgendwo auf der Burg versteckt sein soll und eine Geschichte über kleine Wichtel, die nur an sehr windigen Tagen zum Vorschein kommen.

Weidezäune sehen hier übrigens so ungefähr aus, mit den Plastikgriffen, an denen man sie öffnen kann. Bitte unbedingt wieder verschließen.

zaun bitte schliessen