Abenteuer erleben. Das hört sich so schön an. Ich will auch Abenteuer. Viele, aufregende, spannende Dinge erleben, von denen ich später dann meinen Enkeln erzählen kann. Später, wenn ich in meinem großen Garten bei meinem Haus am See unter einem Baum sitzen und mich zurück erinnern werde.

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Aber wo finde ich Abenteuer? Vor meiner Haustür sicher nicht. Hier gibt es wunderschöne Ecken, malerische Bilder, interessante Begegnungen – aber Abenteuer? Nein. Nicht wirklich. Für ein Abenteuer muss ich raus aus meinem gewohnten Umfeld. Raus aus der Welt, die ich kenne. Für ein Abenteuer muss ich an einen Ort, der nicht nur neu sondern auch fremd ist. Mich ins Ungewisse stürzen. Ich muss bereit sein, unangenehme Situationen durchzustehen. Vielleicht sogar gefährliche Momente in Kauf nehmen. Angst haben und sie überwinden. Abenteuer sind nicht bequem und gemütlich. Abenteuer sind anstrengend.

Und Abenteuer kosten Geld. Geld, das ich nicht habe. Ich will nicht einfach nur in eine fernes Land reisen, um dort in einem billigen Hostel im 12 Bett Schlafsaal zu übernachten und auf ausgelatschten Backpackerrouten umherstreifen. Natürlich würde ich auch neue Länder sehen, neue Menschen kennenlernen und müsste mich zurechtfinden. Aber das ist es nicht, was ich suche. Aber was suche ich denn nur eigentlich? Will ich es schön haben? Mit netten Menschen in einer schönen Umgebung essen, trinken, feiern und relaxen? Oder will ich dieses Kribbeln im Bauch, dieses Gefühl, das sagt, ich weiß nicht, wie diese Situation ausgehen wird, aber ich bin zu allem bereit?

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Bin ich denn bereit? Kann und will ich alles loslassen? Mein geordnetes Leben wirklich verlassen und ins Ungewisse springen? Ja, ich will mich fallen lassen. Ich will an meine Grenzen gehen. Ich will sehen, wie weit ich allein gehen kann. Ganz allein. Ich will mich selbst fühlen. Und ich will, dass es mir egal ist, was irgendjemand von mir denkt. Ich will raus aus all den Rollen, die ich spiele. Ich schauspielere nicht, auch diese Rollen sind ein Teil von mir, aber sind eben nur Teile. Was nicht ins Bild passt, wird ausgeblendet. Unbewußt folge ich einem bestimmten Schema, den Erwartungen, die ich selbst und andere von mir und meinem Verhalten haben. Meine gewohnte Umgebung konditioniert mich. Wie ein trainiertes Äffchen im Käfig, weiß ich, welchen Knopf ich drücken muss, um an mein Futter zu gelangen.

Warum kann ich nicht einfach ein ganz normales Leben leben und einen ganz normalen Job machen? An meine Altersversorgung denken, eine Hausratsversicherung abschließen oder mir einen Swimmingpool zulegen? Wieso kann ich nicht mit Geld umgehen? Wieso ist mir meine Freiheit so wichtig? Und wieso habe ich Angst, so zu sein, wie ich wirklich bin? Die Käfigtür aufmachen und die vielen gebändigten Emotionen in mir einfach freilassen?

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Wahrscheinlich weil ich weiß, dass es eben auch mal schief gehen kann. Ich habe Angst, alles zu verlieren, was mir lieb ist. Ich bin nicht allein auf dieser Welt. Menschen, die ich liebe, sind bei mir. Ich will, dass es ihnen gut geht, dass sie glücklich sind. Sicher werden sie eines Tages gehen. Nichts dauert ewig. Menschen verändern sich, Kinder werden selbständig, Partner können andere Wege einschlagen. Und Menschen können sterben. Das ist vielleicht die schlimmste Art der Trennung. Weil sie so endgültig ist.

Ich habe keine Angst um meine paar Habseligkeiten. Ich komme mit wenig aus und brauche nicht viel. Natürlich würde ich meine Bücher vermissen, meine Küche, in der ich stundenlang brutzeln, backen und experimentieren kann, wie in einer kleinen Hexenküche. Aber es geht auch ohne. Auf all diese Dinge kann ich auch verzichten, wenn es sein muss. Schließlich und endlich sind es nur Dinge. Aber auf die Menschen, die ich liebe kann ich nicht verzichten. Ich will sie um mich haben, und ich will dabei zusehen, wie sie glücklich sind. Und wenn sie es nicht sind, will ich erst recht bei ihnen sein und sie wieder glücklich machen. Diese wenige, wertvolle Zeit, die wir miteinander haben, will ich nicht vergeuden. Denn die Zeit ist endlich. Ich will jede Minute genießen und für sie da sein. Darum muss mein Abenteuer noch eine Weile warten.

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