Wie das Hivernacle ist auch das Gebäude des Museu Martorell ein Überbleibsel der Weltausstellung von 1888 in Barcelona. Das Museum, das hier einst eingerichtet wurde, war der Ursprung des heutigen naturwissenschaftlichen Museums. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts stellte man hier geologische, biologische und andere Fundstücke aus, die die Menschen damals faszinierten. Ausgestopfte Tiere, Skelette und getrocknete oder eingelegte Pflanzenteile gehörten ebenso zu den Exponaten wie Stein- oder Mineraliensammlungen.

Museum Naturwissenschaftliche Ausstellung Barcelona

Um an diese Zeit anzuknüpfen, widmen sich die ersten beiden Ausstellungen des neu eröffneten Centre Martorell genau diesem Thema. Nachdem das Gebäude viele Jahrzehnte leer stand und über eine mögliche Nutzung spekuliert wurde, öffnete es Ende 2023 endlich wieder seine Pforten. Während die Ausstellung im Saal ausgestopfte Tiere in Bewegung zeigt, widmet sich die Ausstellung im Saal einer eher kritischen Auseinandersetzung mit seiner eigenen Vergangenheit und den Wertvorstellungen einer Gesellschaft, die sich auch im Umgang mit naturwissenschaftlichen Sammlungen zeigen.

Obwohl WOW versucht modern und zeitgemäß aufzutreten, indem die Tiere filmgerecht in bewegten Szenen positioniert werden, und ein Schild ausdrücklich darauf hinweist, dass die Tiere eines natürlichen Todes oder im Rahmen einer sogenannten Regulierung des Wildtierbestandes gestorben sind, kann ich mich mit diesem Saal so gar nicht anfreunden. Auch meine Freundin, mit der ich die Ausstellung besuche, fühlt sich an „Körperwelten“ erinnert.

Museu Martorell Barcelona Ausstellung

Avi Museu Martorell Barcelona

Museu Martorell Barcelona

Schnell begebe ich mich in den gegenüberliegenden Raum, die Sala del Mar. Dort wartet gleich im Eingang ein Elefantenskelett auf die Besucher. Die Gebeine gehören keinem x-beliebigen Tier, sondern die knöchernen Reste Avis, des Lieblingselefanten aus dem Zoo Barcelonas. Lange bevor der Albino-Gorilla Schneeflöckchen, Copita de Neu, kleine und große Zoobesucher begeisterte, kamen die Menschen in den Tierpark, um diese Elefantendame zu sehen. Diese Ausstellung versucht zu ergründen, was zu Beginn des letzten Jahrunderts gezeigt wurde und vor allem wieso. Welche Bewegggründe führten Menschen dazu, Schmetterlinge oder Käfer zu sammeln. Den in unseren Breiten damals noch unbekannten Gürteltieren wurden magische Eigenschaften zugeschrieben. Als begehrte Objekte europäischer Sammler wurden die Tiere beinah vollständig ausgerottet. War das Sammeln der Flora und Fauna wirklich immer wissenschaftlich motiviert oder ging es auch darum, sich die Natur zu unterwerfen? Aus der ganzen Welt wurden Tiere, Pflanzen und Kulturgüter „gesammelt“ und nach Europa gebracht.

Exposicio Museu Martorell Barcelona

Fragwúrdige Ausstellungen Museu Martorell Barcelona

 

Manche der Fragen aufwerfenden Schautafeln lassen die ersten naturwissenschaftlichen Ausstellungen wie ein schräges Hobby wirken. Was brachte die Besucher dazu, sich die sogenannten „Kuriositäten“ anzusehen, zu denen furchtbarerweise sogar Menschen aus fernen Kontinenten zählten. Mit objektiver Wissenschaft hatte das herzlich wenig zu tun. Doch es zeigt uns deutlich, dass damals dieselben Rechte nicht für alle Menschen galten. Dass europäische Staaten sich Kolonien in aller Welt zulegten und die Einwohner der von ihnen „entdeckten“ Kulturen zu erziehen versuchten, hat Auswirkungen bis in unsere heutige Zeit…

kritische Fragen Museu Martorell Barcelona

Zum Abschluss wirft das neue Museu Martrorell noch einen kurzen Blick auf die Welt von Morgen und fragt, wie könnten naturwissenschaftliche Ausstellungen in der Zukunft funktionieren?

Zukunft Museu Martorell Barcelona

Informationen zum Museu Centre Martorell

Passeig de Picasso, 9
08003 Barcelona
Website 

Eingang ist vom Passeig Picasso. Der alte Eingang zum Park hin ist derzeit geschlossen.
Nächstgelegene Metro ist die Station Arc de Triompf oder Bahnhof Estació de França

Der Eintritt kostet 6,50 für Erwachsene, reduziert 4,50 Euro.
Montags ist generell geschlossen.