Unter den Bäumen, circa zehn Meter von den alten Holzbooten entfernt, sitzen die alten Männer im Schatten und schweigen. Vielleicht ist es heute einfach zu warm für ein Gespräch, vielleicht haben sie sich auch schon alles gesagt, was es zu sagen gibt. Ich vermute sie gehören zu den Fischerbooten, die hier in Calella am Strand liegen, und gehe hin. Auf mein fröhliches bon dia antworten sie eher stumm mit einer minimalistischen Kopfbewegung. Zumindest haben sie mich gehört. Vermutlich fragen sie sich, was ich wohl von ihnen will. Eigentlich wollte ich nur fragen, ob ihnen die Boote dort gehören und ob sie manchmal noch aufs Meer fahren, zum Fischen. Doch die Unterhaltung ist zäh. Fremden gegenüber sind sie nicht sonderlich gesprächig.

strand Calella

Sie sind so wortkarg, dass sie auf jede meiner Fragen nur mit einen Nicken oder einem mißbilligend wirkenden Kopf-zur-Seite-Wenden reagieren. Nach ein paar Minuten gebe ich auf, verabschiede mich und überlasse sie ihrem Schweigen. Was ich herausgefunden habe, hätte ich mir auch so denken können. Heute fahren sie kaum noch zum Fischen raus. Niemand kann in Calella heute noch vom Fischfang leben. Wenn sie aufs Meer fahren, dann nur zum Spaß, als Hobby sozusagen. Immerhin habe ich erfahren, dass heute vier von ihnen draußen sind, um Tintenfisch (sípia) zu fangen.

boot horizont Calella

boot Calella

boot am Strand Calella

Auch wenn es kaum noch Fischer gibt und sich die großen Frachter und Containerschiffe längst per GPS orientieren, braucht man in Calella immer noch einen Leuchtturm. Der erhebt sich nämlich oben auf dem Hügel vor der Küste. Kleine Boote und private Jachten haben oft einfach keine moderne Technik an Bord, wie die großen Schiffe. Sie müssen sich im Nebel noch immer nach dem Leuchtfeuer orientieren, um sicher zurück in den Hafen geleitet zu werden.

calella lfischer cartel

calella leuchtturm

Leuchtturmwärter gibt es allerdings längst nicht mehr. Das funktioniert heute alles automatisch. Auch wenn man tagsüber das Licht nicht sehen kann, leuchtet der Leuchtturm eigentlich immer.

In dem Leuchtturm von Calella ist ein kleines Museum eingerichtet, das die Technik des Leuchtfeuers erklärt und einen Einblick in das Leben der Leuchtturmwärter gibt. Früher waren die Leuchtturmwärter so etwas wie verbeamtete Nomaden. Sie waren staatliche Angestellte und wurden mitsamt der Familie zu einem bestimmten Leuchtturm versetzt. Dort blieben dann mal sieben Jahre, mal zehn Jahre, dann ging es wieder weiter. Auch wenn sie vielleicht gerade Wurzeln geschlagen hatten, damit begonnen hatten, sich im Dorf einzuleben, oder die Kinder Freundschaften geschlossen hatten: Am Ende mussten sie doch irgendwann ihre Koffer packen und weiterziehen. Sobald auf einem anderen Leuchtturm ein neuer Leuchtturmwärter gebraucht wurde, zog die ganze Familie um. Ein hartes Leben.

calella leuchtturm

Heute liegt dichter Nebel vor der Küste. Nur langsam erhebt er sich und gibt die Straße und den Strand frei, die noch immer fast in den Nebelschwaden verschwinden. Calella de Mar liegt irgendwo dort unten ganz versteckt.

calella leuchtturm blick auf strasse

In der Altstadt Calellas gibt es hat zwar noch ein paar mittelalterliche Gebäude, aber ansonsten hat sich der kleine Ort komplett auf den Andrang der Touristen im Sommer eingestellt. Kleine Läden und unzählige Restaurants reihen sich in den engen Straßen dicht an dicht. Um an den Strand zu gelangen, muss man die Bahnschienen überqueren. Das ist im ganzen Maresme so, weil die Bahnlinie von Barcelona aus damals direkt an der Küste entlang gebaut wurde.

An der Strandpromenade liegt ein kleines Restaurant. Joan, der Besitzer, spricht sogar deutsch und ist sehr nett. Als ich ihn nach einer Spezialität der Gegend frage, erzählt er, dass die Fischer hier traditionellerweise vor allem sonso gefischt haben. Das sind ganz kleine Fischchen, die meist frittiert serviert werden. Leider können wir die heute nicht probieren, denn jetzt ist keine Saison und wir haben schon viele andere köstliche Dinge bestellt. Aber ein Schälchen Erbsen mit Tintenfisch müssen wir unbedingt noch kosten, sagt Joan. Das sei auch eines der traditionellen Gerichte aus dem Maresme.

restaurant calella freibeuter reisen

passeig calella

 

Infos zu Calella de Mar:

Leuchtturm:
Centro de interpretación del Faro de Calella

Carretera Nacional II Km. 666
08370 Calella/ Barcelona
– geöffnet Montags bis Freitags 8-14 Uhr
– Eintritt: 2 Euro, vergünstigter Eintritt: 1 Euro

Restaurant La Gàbia  
Paseo Manuel Puigvert
08370 Calella/ Barcelona

 

calella capsgrossos
kirche calella

kapelle calella   calella dorf

Zu dem Besuch in Calella war ich im Rahmen eines Blogtrips #Barcelonamoltmes von der Diputació de Barcelona eingeladen. Die hier dargestellte Meinung ist davon unberührt.