Das Leben auf einem Leuchtturm ist nicht immer leicht. Manche dieser Licht feuernden Türme, die den Schiffen auf hoher See den Weg in den sicheren Hafen zeigen, liegen weitab, auf einsamen Felsen. In Deutschland gibt es keine Leuchtturmwärter mehr. Längst sind sie von Maschinen abgelöst worden. Doch in Portugal sind sie noch bei der Arbeit, die Leuchtturmwärter, Menschen wie der Comandante in Barro, der tagtäglich die Linsen der Optik putzt und die weißen Gardinen auf- und abhängt.

Farol da Aveira:

Den Leuchtturmwärtern macht es sichtlich Freude, den Besuchern ihren Turm zu zeigen. Voller Begeisterung sind sie bei der Sache und heißen uns willkommen. Um das Herz des Leuchtturms, das Leuchtfeuer, genauer unter die Lupe nehmen zu können, muss ich erst noch die 200 Stufen hochkommen! Immerhin ist der Farol da Barra der Zweithöchste auf der gesamten Iberischen Halbinsel. Allein bei dem Gedanken fange ich bereits an zu schwitzen. Doch die beiden Comandantes erlösen mich sogleich von meinen Befürchtungen: es gibt einen Fahrstuhl!

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Während der Fahrt nach oben erzählt der Comandante, dass die Leuchttürme an der portugiesischen Küste zu den Marinestützpunkten des Landes zählen. Daher muss jeder, der hier Leuchtturmwärter werden will, ein Marinesoldat sein.

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Oben angekommen muss ich noch zwei kleine aber dafür sehr steile Treppen erklimmen. Dann bin ich auf der Aussichtsplattform. Dass die Aussicht absolut genial ist, muss ich wohl gar nicht weiter erwähnen. Hammer! Von allen Seiten ist der Leuchtturm vom Wasser umgeben: vorne der brausende Atlantik, hinten die riesige Lagune.

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Ganz oben ist das Leuchtfeuer, oder die Laterne, wie es unter Fachleuchten wohl heißt. Früher funktionierten diese Lichter noch mit Gas, doch heute sind längst alle Leuchttürme auf Strom und Halogen umgestellt. Der Comandante erklärt ganz genau, wie das mit der Optik nun funktioniert.

Die Linsen sind so auf einer Drehscheibe positioniert, dass sie eine Art Code ausstrahlen. Zum Beispiel dreimal Licht, dann einmal Pause. In genau dieser Reihenfolge feuert kein anderer Leuchtturm an der Küste, denn das Leuchtfeuer dient zur Identifizierung des Turms und ist praktisch so etwas wie ein strahlender Fingerabdruck. Zur noch exakteren Orientierung sind alle Leuchttürme so angeordnet, dass ein Schiff, das sich der Küste nähert, stets drei Leuchtfeuer im Blick hat. So kann der Navigator mit ein bisschen Mathematik die genaue Position seines Schiffs ausrechnen und weiß dann, von welcher Seite er sich dem Leuchtturm nähert.

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Der Comandante tritt in Aktion und führt uns vor, wie das Leuchtfeuer sich dreht. Die Laterne besteht aus vielen einzelnen, ganz speziell gefertigten Linsen. Diese Fresnellinsen reflektieren das Licht, bündeln es und leiten es viele Kilometer weit aufs Meer hinaus. Da der Farol da Barra sich in der Nähe eines Flughafens befindet, gibt es hier einen zusätzlichen Vorsatz an der Laterne. Ein Rechteck aus Linsen ist so vor die Hauptlaterne montiert, dass das Licht auch nach oben, in den Himmel reflektiert wird und somit auch den Flugzeugen als Orientierungshilfe dient.

Dann ist es so weit. Die Sonne geht langsam unter. Es ist Zeit die Gardinen aufzuziehen und das Leuchtfeuer anzuwerfen. „Weißt du eigentlich, warum die Gardinen tagsüber hier hängen müssen?“, fragt mich der Comandante. Ich muss zugegebenermaßen ein wenig überlegen, aber dann komme ich doch drauf: Wenn tagsüber keine Gardinen vor den Linsen hängen würde, dann könnten sie das Sonnenlicht in die andere Richtung, nämlich nach Innen reflektieren, und dann könnte das Leuchtfeuer Feuer fangen und wäre kaputt! Also werden jetzt die Gardinen abgenommen, von Hand. Beim Comandante sieht das aus, wie ein feierliches Zeremoniell. Ich knipse noch schnell ein Foto von der untergehenden Sonne und dann geht es turmabwärts, 200 Stufen im Kreis nach unten.

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Farol Cabo Mondego:

In der Nähe von Figuera de Foz besuche ich noch einen anderen dieser alten Leuchttürme. Der steht, im Gegensatz zum Farol de Barra bei Aveiro, nicht an einem schönen Strand in der Nähe von schicken Wohnungen und Cafés, sondern richtig abgelegen, weit oben, auf einem einsamen Kliff. Da er hier oben auf dem Felsen viel höher steht, als der Leuchtturm am Strand, braucht er auch nicht so hoch zu sein.

Obwohl es außer unserem jungen Leuchtturm-Guide noch zwei weitere Leuchtturmwärter gibt, die hier angeblich leben sollen, wirkt die Anlage ziemlich einsam. Wahrscheinlich liegt es aber einfach auch an dem nebelverhangenen, grauen Himmel heute. Ich frage den jungen Portugiesen nach seinen Kollegen. Eigentlich verstehen sie sich gut hier oben meint er. Jeder hat zwar seine eigene kleine Wohnung, aber sie arbeiten ja schließlich tagein tagaus zusammen. Für mich hört sich das ein bisschen an, wie in einer WG. Alle fünf Jahre wird gewechselt, dann wird neu gemischt und die Leuchtturmwärter werden an einen anderen Turm versetzt. Nach einem normalen Familienleben hört sich das nicht unbedingt an.

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Unser Leuchtturmwärter erzählt, dass die Männer, die früher auf die Leuchttürme aufpassten, relativ autark lebten und sich quasi selbst versorgten. Sie hatten einen eigenen Garten, in dem sie Obst und Gemüse anbauten, und hielten sogar ein paar Tiere wie Hühner oder Ziegen.

Denn so richtig weg können die Leuchtturmwärter hier eigentlich nicht, sie sind immer in einer Art Alarmbereitschaft. Und der Alarm ertönt ziemlich oft. Klar sind es nicht immer große Probleme, manchmal muss nur ein kleines Teil ausgetauscht werden oder ein Knopf gedrückt werden, aber was auch immer den Alarm ausgelöst hat, es muss schnell repariert werden, denn der Leuchtturm muss ja immer funktionieren. Im schlimmsten Fall kann das Leben eines Fischers oder eines Schiffes davon abhängen.

alte-stallungen-am-leuchtturm-freibeuter-reisenalte Ställe für Kleinvieh der Leuchtturmwärter

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leuchtturm-am-cabo-mondego-hinterland-freibeuter-reisenEhemaliger Gemüsegarten der Leuchtturmwärter 

Oft schon sei es vorkommen, dass sich Menschen bei ihm bedankt hätten, erzählt er uns. Fischer oder manchmal einfach Leute, die mit einem kleinen Boot, ohne GPS in Seenot geraten waren und nur dank des Leuchtturms noch den Weg zurück in den Hafen gefunden haben.

Wir steigen die Treppe zum Leuchtfeuer hinauf. Den golden leuchtenden Handlauf sollen wir beim Hochsteigen aber bitte nicht berühren, denn das hinterlässt Abdrücke auf dem Metall und sei doof zu putzen. Ziemlich unpraktisch so ein Handlauf! Aber der Leuchtturm steht schon seit 1922 und damals haben die Leuchtturmwärter wohl noch mehr Zeit als heute mit Putzen aufgewandt.

Das Leuchtfeuer ist viel größer als die Laterne des Farol de Barra! Dafür hat sie auch erstaunliche achtundzwanzig Seemeilen Reichweite, erklärt unser junger Leuchtturmwächter. Das ist mehr als die meisten Türme haben. Und dann lerne ich schon wieder etwas, nämlich dass die Laterne nicht auf einem Kugellager, sondern auf einer Schicht mit Quecksilber bewegt! Auf dem flüssigen Schwermetall lässt sich auch ein so tonnenschweres Ding, wie das Leuchtfeuer mit all seinen Linsen mühelos drehen. Allerdings, so erfahre ich jetzt, muss das Quecksilber alle fünf Jahre gesäubert werden. Dazu müssen die Leuchtturmwärter das hochgiftige Zeug durch ein Leinentuch filtern, silver rain nennen sie das. Der Dreck bleibt im Tuch und das, was unten raus kommt ist sauberes Quecksilber.

fresnel-linse-leuchtturm-farol-cabo-mondego-freibeuter-reisenLeuchtfeuer Farol Cabo Mondego

Lediglich einmal im Monat können die Männer an ihrem freien Tag nach Hause fahren, um die Familie zu besuchen. Jedenfalls, wenn die nicht allzu weit weg lebt. Eigentlich ein ziemlich harter Job, denke ich mir so. Wahrscheinlich ist das eher etwas für Einsamkeit liebende, alleinstehende Naturburschen, die schweigsam Wind und Wetter trotzen. Ein wenig handwerkliches Geschick brauchen sie natürlich auch, denn wenn es nichts zu reparieren oder instand zu halten gibt, wird gemalt, erneuert oder geputzt. Letzteres vermute ich einfach mal, denn auf dem gesamten Gelände ist alles so blitzblank geputzt, als hätte Oma gerade ihren Frühjahrsputz erledigt. Und überall riecht es nach Holz und nach Politur.

Obwohl ich ja vom Comandante des ersten Leuchtturms schon gelernt habe, dass die Leuchtturmwärter in Portugal alle zur Marine gehören, frage ich nach, ob es denn auch Leuchtturmwärterinnen gebe. Denn wenn das schon ein harter Job für einsame Wölfe zu sein scheint, kann ich mir eine Frau hier allein lebend irgendwie gar nicht vorstellen. „Oh doch“, erklärt mir der junge Comandante, „Es gibt auch Frauen. Allerdings nicht wirklich viele“.

altes-nebelhorn-am-leuchtturm-freibeuter-reisenein altes Nebelhorn (funktioniert nicht mehr)

orientierungspunkt-am-leuchtturm-freibeuter-reisenKoordinaten- kleiner Punkt zur genauen Orientierung

Mehr Infos zum Thema Leuchtturm:

Eine gute Seite mit vielen Infos zu Leuchttürmen findest Du hier: www.planet-wissen.de. Die Leuchtürme an der portugiesischen Küste öffnen jeden Mittwochnachmittag ihre Türen für interessierte Besucher. Für eine Besichtigung besser vorher anmelden!

Leuchtturm bei Aveiro:
Farol da Barra Website: www.cm-ilhavo.pt

Leuchtturm bei Figuera da Foz:
Farol Cabo Mondego Website: www.cm-figfoz.pt

 

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Dieser Artikel entstand während  einer Bloggerreise, zu der mich Visit Centro Portugal eingeladen hat – vielen Dank!