Das Meer braust. Die Wellen toben an den menschenleeren Strand. Am Himmel spielen weißblaue und graue Wolken miteinander. Sie tanzen und kreisen, fast wie die schaumigen Kronen der Wellen auf dem Wasser. Ich fühle mich pudelwohl. Es macht Spaß, im November am Strand entlang zu spazieren. Obwohl es kalt ist, scheint die Sonne warm vom Himmel. Wo sie hintrifft und kein Schatten sie bremst, ist es richtig angenehm, fast T-Shirt warm.
Wie so oft an schönen Herbsttagen zieht es uns nach Palafrugell, um auf dem alten Wanderweg an der Küste von einer Bucht zur anderen zu spazieren. Das Meer immer im Blick. In Calella de Palafrugell gibt es eine Bucht, in der zu jeder Jahreszeit ein paar kleine Fischerboote im Sand liegen. Ehrlich gesagt habe ich noch nie jemanden mit einem der Boote fischen sehen – und ich bin oft hier. Fast könnte man denken, dass irgendjemand sie hier vergessen hat, doch sie wechseln ihre Plätze. Die Boote liegen nicht immer in derselbem Reihenfolge am Strand, also muss sie wohl doch jemand von Zeit zu Zeit zu Wasser lassen.
Im Sommer wird in der kleinen Bucht von Port Bo, die man auch die Platja de les barques, den Strand der Boote, nennt, die Hauptbühne für das große Festival aufgebaut, die Cantada d’Havaneras. Jedes Jahr im Juli versammeln sich dann unendlich viele, große und kleine Schiffe auf dem Wasser. Da die Sitzplätze für die Zuschauer den gesamten Strand einnehmen, wird die Bühne für die Musiker auf dem Wasser errichtet. Das macht man hier seit vielen Jahren so. Ein schönes Fest, vor allem für die Leute aus dem Dorf.
Von Calella nach Llafranc laufe ich auf einem der einfachsten Abschnitte des Camí de Ronda. Hier ist der Weg fast überall gerade, es gibt kaum Steigungen. Um diese Jahreszeit, gegen Ende November, sind nur sehr wenige Menschen unterwegs. Eigentlich müsste man sich genau jetzt ein kleines Häuschen hier mieten. Morgens mit dem Blick auf die brausenden Wellen zu erwachen … ich träume schon wieder vor mich hin. Im Winter sind nicht nur die Strände leer, die Buchten wirken tatsächlich wie ausgestorben.
In Calella ist kein einziges Café geöffnet, in Llafranc wird dieses Wochenende das Letzte des Jahres sein. Nächste Woche fallen die Buchten dann komplett in den Winterschlaf. Aber vielleicht brauchen sie das auch. Vielleicht müssen sie sich einfach erholen, von all den Menschen, die hier das ganze Jahr über zu Besuch sind. Und auch die Menschen scheinen den Strand zu vergessen und erinnern sich erst in einigen Monaten wieder an die schönen Spaziergänge am Ufer entlang. Bis zum nächsten Sommer ist Ruhe und Einsamkeit angesagt.
Fast schon meditativ, jedenfalls tief in Gedanken versunken, spaziere ich immer weiter, gehe meinen Weg, einen Fuß vor den anderen setzend. Ich bin wie hypnotisert vom Meer und den Wellen. Viel zu schnell stehe ich schon in der nächsten Bucht, wo Michi auf mich wartet. Auf dem Weg nach Hause wird es bereits wieder dunkel. Im November geht die Sonne früh unter.
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