Durch eine breite Allee schlendere ich hinauf in den Garten. Die Jardins de Santa Clotilde sind kein botanischer Garten mit exotischen Blüten in den Farben des Regenbogens. Dieser Garten ist geradlinig und aufgeräumt. Er erinnert an französische oder italienische Parkanlagen, mit schmalen Wegen, die wie durch ein Labyrinth immer wieder zu kleinen Plätzen und Aussichtspunkten führen.
Überall stehen Statuen, meist klassische Büsten und griechisch anmutende Figuren. Aber es gibt auch ein paar Meerjungfrauen. Die haben nicht nur einen Fischschwanz, sondern gleich zwei und blicken von einer mit Efeu bewachsenen Treppe hinab aufs Meer hinaus.
Allein die Aussicht, die man von diesem Park über weite Teile der Küste hat, ist schon einen Besuch wert. Die steilen Klippen mit ihren schroffen Felsen und kleinen sandigen Buchten erstrecken sich unterhalb der Jardins de Santa Clotilde. Vermutlich war es dieser malerische Anblick, der den frisch verliebten Senyor Roviralta in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts dazu brachte, dieses Stück Land zu kaufen.
Die Gartenanlage, die er plante, sollte ein Geschenk für seine junge Frau Clotilde werden. Obwohl zu dieser Zeit eher modernistische Bauten und spanisch-arabische Elemente in der Architektur angesagt waren, plante sein junger Gärtner die Grünanlage im neoklassizistischen Stil. Klare Linien und eine gewisse Ordnung bestimmen bis heute das Aussehen des Parks direkt am Meer. Sicher hätte Clotilde der Entwurf gefallen. Doch die junge Ehefrau starb und ließ Senyor Roviralta mit vier Kindern allein zurück. Die fertige Parkanlage hat sie leider nie gesehen.
Som de Mar – Menschen am Meer
In diesem Sommer fand in den Jardins Santa Clotilde zum ersten Mal ein Musikfestival statt. „Som de Mar“ heißt diese Veranstaltung, deren Name daran erinnert, dass die Menschen in Lloret immer schon von und mit dem Meer gelebt haben.
Auf den Wegen sind überall kleine Stände aufgebaut, an denen lokale Restaurants kleine Häppchen und ganz unterschiedliche Spezialitäten und Getränke anbieten. Bevor die Sonne untergeht, stärken wir uns also noch und probieren die kleinen Snacks.
Als es langsam dunkel wird, begeben wir uns dorthin, wo die Tribüne aufgebaut ist. Stühle stehen in ordentlichen Reihen davor und warten auf die Besucher. Schließlich ist die Sonne untergegangen, die Bühne leuchtet in den buntesten Farben und die Musiker betreten das Rampenlicht.
Lloret und die Kultur
An dieser Stelle möchte ich kurz etwas loswerden, das mir schon lange im Kopf herumspukt. Vielleicht ist diese merkwürdige Krise, die wir gerade alle durchleben eine Gelegenheit, manche Dinge neu zu denken. Niemand ist frei von Vorurteilen, ich habe selbst welche, obwohl ich sie eigentlich nicht haben will. Und dennoch. Es ist wirklich an der Zeit, mit einem Vorurteil aufzuräumen, das offenbar sehr, sehr fest in den meisten deutschen Köpfen sitzt. Sobald es um Lloret de Mar geht, denken die meisten Leute sofort an feiernde Abiturienten und Partytourismus. So viele Touranbieter haben diesen Ort jahrzehntelang als billige Partydestination verkauft und waren darin so erfolgreich, dass in Deutschland heute kaum noch jemand auf den Gedanken kommt, der Kultur wegen nach Lloret de Mar zu fahren (*). Dabei sind es doch nicht die Einwohner, sondern die Touristen, die hier feiern!
Natürlich stimmt es, dass gerade in den sechziger und siebziger Jahren billige Hotels an der gesamten Küste hochgezogen wurden. Das Geschäft mit Sonne und Strand boomte. Der wirtschaftliche Aufschwung, den Europa schon in den 50er und 60er Jahren erlebt hatte, kam hier erst sehr viel später an. Lange Zeit litt man noch unter den Folgen des Bürgerkriegs und der Diktatur. Man muss bedenken, dass Spanien bis in die siebziger Jahre noch eine Diktatur war. Natürlich waren die Menschen daher froh, als sie mit ihrer Landschaft und dem sonnigen Wetter zahlende Besucher anziehen konnten und nun eine Einkommensquelle gefunden hatten. Dass sich diese Besucher nicht für ihre Kultur oder ihre Geschichte interessierten, kann man den Einwohnern kaum vorwerfen. Gerade in Lloret gibt es tolle modernistische Bauten, Kirchen, Museen und archäologische Fundstätten. Und es gibt die Jardins de Santa Clotilde.
(*) Komischerweise hält sich das hartnäckige Partyimage der Costa Brava scheinbar nur in Deutschland. Immer mehr Besucher aus Kanada oder den Vereinigten Staaten kommen wegen der besonderen Gastronomie und der Geschichte hierher und genießen die Landschaft ganz ohne Vorurteile. Für sie ist die Costa Brava eher eine Luxusdestination.
Infos Jardins de Santa Clotilde
Auf der offiziellen Seite patrimoni.lloret.cat findest Du die genaue Adresse, die Öffnungszeiten und kannst auch gleich die Eintrittskarten (6 Euro pro Person) online buchen. Für Kinder bis 12 Jahre ist der Eintritt kostenlos.
Som de mar Festival:
Natürlich wird überall auf Abstand geachtet und immer wieder stehen Spender für Desinfektionsgel am Wegesrand. Die Hygienevorschriften werden auch bei einer Veranstaltung an der frischen Luft sehr Ernst genommen.
Infos zum Festival gibt es hier:www.somdemarfestival.com
Zu dem Konzert bin ich von Lloret Tourisme eingeladen worden. Die hier dargestellten Ansichten über den Park und den Ort sind davon unberührt und beruhen ganz allein auf meiner persönlichen Meinung.
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