Nachdem ich meinen ersten Vormittag ganz im Osten Luxemburgs verbracht habe, geht die UNESCO Weltkulturerbe Route nun in den nördlichsten Zipfel des kleinen Landes. Wir fahren nach Clervaux, zur Ausstellung „The Family of Man“. Ich weiß eigentlich nicht viel mehr, als dass es sich um eine Fotoausstellung handelt, und bin sehr gespannt, was mich da erwartet.
Schon vor dem Schloss, in dem sich die Ausstellung befindet, stehen lustige Fotos mitten im Grünen: Kühe und andere Rindviecher stehen auf großen Bildern in den Blumenbeeten.
Die „Family of Man“ ist eine Ausstellung vieler verschiedener Fotografen, erklärt uns die Kuratoren, die uns im Museum empfängt. Ein gewisser Edward Steichen, ein amerikanischer Fotograf, dessen Familie ursprünglich aus Luxemburg stammte und nach Amerika auswanderte, hatte in den fünfziger Jahren die Idee einer Ausstellung für das Museum of Modern Art in New York. Er sammelte über fünfhundert Fotos von über 270 Fotografen, die er auf unter dem Thema Familie der Menschheit zusammenstellte.
Einige der Bilder kenne ich bereits. Unter den Exponaten sind berühmte Fotos von Henri Cartier-Bresson oder Robert Doisneau. Aber hier geht es nicht um die einzelnen Fotografien, es geht um die Zusammenstellung. Und die ist hier in Luxemburg genau so, wie Steichen sie für das MoMA in New York geplant hatte. Fotos von Amateurfotografen hängen neben berühmten Künstlern, kleine Bilder hängen neben, über oder unter großen Aufnahmen. Es geht um die Wirkung, die die Bilder in diesem Miteinander haben. Diese stillen Zeugen verschiedener Epochen und verschiedener Kulturen lösen Emotionen im Betrachter aus. Jedenfalls in mir.
Nach Themen wie Geburt, Jugend, Liebe, Arbeit, Familie oder Tod sortiert, hat jeder Raum, jede Wand, eine ganz eigene “message”. Es geht um die Unterschiede der verschiedenen Kulturen auf dieser Erde und die dennoch offensichtlichen Gemeinsamkeiten aller Menschen. Es geht um die Menschheit als eine große Familie.
Die Idee der Familie ist daher auch so etwas wie das Herzstück der Ausstellung. Mitten im Raum hängen riesige Familienporträts, die sich teilweise wiederholen und von allen Seiten aus zu betrachten sind.
Fast am Ende der Ausstellung bin ich dann doch von einem einzelnen Foto besonders begeistert. Es ist eines der letzten Fotos und zeigt einen kleinen Jungen, der am Strand Fußball spielt. Dieser vielleicht gerade zehn Jahre alte Junge hat nur noch ein Bein. Er spielt mit zwei hölzernen Krücken, in einem abgerissenen, zerfransten Mantel, der ihm viel zu groß ist. Es ist im Grunde genommen völlig egal, wann und wo dieses Foto aufgenommen wurde. Das Gefühl, das es vermittelt, ist Hoffnung. Ich weiß nicht, warum dieses Bild auf mich in keinster Weise traurig wirkt. Ich bin eher stolz auf diesen kleinen Kerl, der da so tapfer seinem Schicksal trotzt und auch in einer so scheinbar schwierigen Situation nicht aufgibt. Er spielt einfach mit einem Bein Fußball und macht das Beste aus dem, was er hat. Kein Lamentieren, kein Mitleid. Er hat Spaß. Vielleicht ist es genau das, was Mut macht.
Und dann ist das Ende der Ausstellung erreicht. Was bei mir angekommen ist, könnte ich vielleicht am ehesten mit “Wir sind alle eine Familie” beschreiben. Egal welche Sprache wir sprechen, egal welche Hautfarbe wir haben, wo wir leben oder wie wir unser tägliches Brot verdienen – wir alle leben auf diesem Planeten und sollten ihn pfleglich behandeln. Wir alle lieben unsere Kinder und unsere Familien. Eigentlich wollen wir alle doch nur friedlich miteinander leben.
Nützliche Infos:
Die Ausstellung gehört genau genommen zum „Weltdokumentenerbe“ der UNESCO, eine besondere Kategorie, die Teil des Programms Memory of the World ist.
Adresse:
Family of Man
31, Montée du Château
9701 Clervaux
Luxemburg
Website www.steichencollections.lu/de/the-family-of-man
Hinweis: Dieser Artikel entstand im Rahmen eines Blogtrips von #visitluxembourg
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