Freddy holt uns mit seinem bunten dhajsa im Hafen von Valletta ab. Dhajsa nennen die Malteser diese schönen traditionellen Boote, die als eine Art Wassertaxi zwischen den Buchten Maltas dienen. Bestimmt fünfzehn Mal pro Tag fährt Freddy durch den Hafen, um seine Fahrgäste von Valletta in die Three Cities überzusetzen. Oder auch anders herum. Und das schon seit fünfundzwanzig Jahren, Tag für Tag. Kein schlechter Job, wie ich finde. Ich liebe Bootfahren ja auch und könnte das von morgens bis abends machen.
Ich genieße jeden kleinen Moment unserer kurzen Fahrt hinüber in die Three Cities, wie die Malteser die drei kleinen Orte nennen, die so eng beieinanderliegen, dass sie wie eine einzige Stadt wirken. Vermutlich um Geld zu sparen oder aus anderen praktischen Erwägungen sind Birgu, Senglea und Bormla von einer einzigen Stadtmauer umgeben.
Immer weiter entfernen wir uns vom turbulenten Treiben Vallettas und werden nur vom leisen Brummen des Motors und dem Plätschern des Wassers begleitet. Aus der Ferne zeigt sich Valletta von einer ganz neuen, stillen Seite. Hier auf dem kleinen dhajsa wird mir erst bewusst, wie hoch die Ritter des Johanniterordens ihre Festung gebaut haben.
Im Hafen sind außer uns nur wenige andere Dhajsas unterwegs. Es gibt wohl nur noch an die dreißig von ihnen, erklärt und Freddy. Früher muss es hier geradezu von ihnen gewimmelt haben. Über dreihundert der kleinen Taxiboote sollen britische Soldaten und andere Besucher von den großen Schiffen in die kleinen Buchten gebracht haben. Auch wenn die Dhajsas den traditionellen Fischerbooten ein wenig ähnlich sehen, sollte man diese beiden Bootstypen nicht verwechseln. Beide sind zwar auffallend bunt, doch die Luzzus, so heißen die Boote der Fischer, sind höher und kräftiger gebaut, während die grazilen Dhajsas mich eher an Gondeln erinnern.
Nach nur wenigen Minuten sind wir in Senglea angekommen. Laura (herzanhirn) und ich verabschieden uns von Freddy. Der muss gleich wieder los, die nächsten Fahrgäste abholen. Für uns geht es von hier aus zu Fuß weiter.
Nachdem wir von Senglea aus einen Blick auf Valletta geworfen haben, machen wir uns durch den Hafen auf den Weg in die nächste Bucht nach Birgu. Die Orte liegen so nah beieinander, dass man überhaupt nicht merkt, wo die eine aufhört und die andere anfängt. Auf beiden Seiten liegen jedoch dicke Jachten in den Hafenbecken. Wo früher die Galeeren anlegten, parken heute offenbar recht wohlhabende Menschen gern ihre schicken Boote.
Im Gegensatz zu diesen hochmodernen Schiffchen, die im Wasser um die Wette glitzern, wirken die alten Docks richtig ärmlich. Um von Senglea nach Birgu zu kommen, spazieren wir nämlich geradewegs durch das älteste Dock der Insel. Hier hatten schon die Johanniter und später auch die Briten ihre Schiffe liegen. Es sieht ein wenig aus wie in einem alten Mantel- und Degenfilm. Irgendein Piratenfilm wurde bestimmt mal in den alten Hallen gedreht. Doch auch hier wird schon mit der Restaurierung begonnen, um bald neue, schicke Cafés in den alten Werftanlagen einzurichten. Schade eigentlich, dass diese historischen Stätten langsam verschwinden.
Die Poller im Hafen, schon leicht von Rost befallen, sind übrigens umgedrehte Kanonenrohre. Davon gab es so viele auf der Insel, dass man sie einfach recycelt und als Poller eingesetzt hat!
Auf der anderen Seite der Bucht geht es wieder bergauf, bis wir von einem mächtigen Eingangstor stehen. Es duftet streng, nach Knoblauch genau genommen. Ich kann jedoch weit und breit kein Restaurant entdecken. Dafür wachsen direkt vor meiner Nase unzählige kleine lila Blümchen. Ich pflücke eine der Blüten – keine Frage, ich halte den Verursacher des Knoblauchduftes in der Hand.
Von Gedanken an kulinarische Leckerbissen begleitet, durchschreiten Laura und ich also das sandsteinfarbene Tor der alten Stadtmauer Birgus. Wie auch in Senglea schlängeln sich enge Gassen zwischen den dicken Mauern dahin. An den Häuserwänden prangen kleine Amulette oder die Namen der Heiligen, nach dem das Haus benannt wurde. Manchmal erinnern auch Ortsnamen wie „Florida“ oder „Queenstown“ daran, dass die Bewohner einst nach Amerika oder Australien ausgewandert und wieder zurückgekehrt sind.
Die bescheidene Auberge de Castille, das einstige Quartier der Johanniterritter aus Kastilien, erinnert daran, dass die frommen Kämpfer sich zunächst hier in Birgu niedergelassen hatten, ehe sie die neue Hauptstadt Valletta mit den prächtigen Palästen errichteten.
Neben den typischen bunten Balkonen kommen wir immer wieder an schönen alten Türen vorbei. Viele von ihnen mit einem hüfthohen Gitter versehen. Das kommt daher, weil die Malteser ihre Türen früher immer offen stehen ließen. Damit vorbeiziehende Schaf- und Ziegenherden nicht gleich direkt in die gute Stube liefen, baute man eben solche Gitter vor die Türen.
Schließlich kommen wir zu einem typisch maltesischen Dorfplatz. Auch in Birgu besteht der zentrale Platz nämlich aus einem Denkmal in der Mitte, einer Kirche und einem Café, in dem sich die traditionelle Blaskapelle zum Üben trifft. In jedem Ort auf Malta befinden sich in der Nähe des Dorfplatzes zwei besondere Restaurants, die Treffpunkte der Arbeiter- und der Nationalpartei Maltas. Diese Marching Bands genießen auf Malta bis heute hohes Ansehen und spielen bei jedem Dorffest eine wichtige Rolle!
Leider haben wir den Fehler gemacht, von hier aus mit dem Taxi zurück nach Valletta zu fahren. Mein Tipp: Mach das nicht, nimm lieber ein Dhajsa oder eine Fähre! Die Taxen stecken garantiert bald im maltesischen Verkehrschaos dieser dicht besiedelten Ecke der Insel fest! Über das Wasser ist definitiv der bessere Weg!
Infos über die Three Cities
Three Cities, die drei Städte, nennt man die Orte Vittoriosa (Birgu), Senglea (L’Isla) und Cospicua (Bormla). Alle drei zusammen werden auch Cottonera genannt.
Ein dgħajsa oder einfach dhajsa ist das traditionelle Taxiboot – nicht zu verwechseln mit dem Luzzu, dem maltesischen Fischerboot mit dem Auge des Osiris.
In dem riesigen Gebäudekomplex der ehemaligen Bäckerei der britischen Marine befindet sich heute das Meeresmuseum Maltas
Maritime Museum
Ex-Naval Bakery,
Birgu Waterfront,
Vittoriosa BRG 1721, Malta
Leider habe ich es nicht geschafft, das Museum zu besuchen, werde das aber bei meinem nächsten Besuch auf Malta hoffentlich nacholen. Mehr Infos über die Boote auf Malta findest Du auch bei Elke auf Meerblog : Dghajsa – traditionelles Holzboot Malta
Eine Welt für sich soll das mächtige Fort Sant Angelo sein:
Fort St. Angelo
Xatt l-Assedju l-Kbir 1565,
Birgu Waterfront, Il-Birgu, Malta
Website:heritagemalta.org
Hinweis: Zu der Reise nach Malta wurde ich von Ltur eingeladen. Der Hinflug fand mit Condor auf der neuen Strecke von Hamburg nach Valletta statt. Die hier dargestellte Meinung gibt ausschließlich meine persönlichen Eindrücke wieder.
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